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Was haben die Achillessehnenentzündung, die Plantarfaszitiis, der Fersensporn, das Läuferknie und das Schienbeinkantensyndrom gemeinsam?
Richtig, das alles sind typische Laufverletzungen!
Umfragen zufolge wird die Hälfte aller Hobbyläufer:innen mindestens einmal im Jahr von einer Verletzung geplagt. Wahnsinn, oder?
Typisch für Laufverletzungen ist, dass sie uns häufig ganz unvorbereitet erwischen. Gestern war noch alles in Ordnung, und heute schmerzt jeder Schritt und an vernünftiges Laufen ist nicht mehr zu denken.
In diesen Momenten drängt sich eine Frage auf, die wir uns leider oft erst stellen, wenn es schon zu spät ist: „Was habe ich bloß falsch gemacht?“
Vorbeugen ist besser (und einfacher) als Heilen
Von einer Laufverletzung ausgebremst zu werden kann eine sehr frustrierende Erfahrung sein, denn der Weg zur Heilung ist meistens lang und beschwerlich – und in vielen Fällen auch gar nicht so deutlich zu sehen.
Wenn du keine Lust mehr auf Laufverletzungen und lange Laufpausen hast, dann solltest du deshalb dafür sorgen, dass es erst gar nicht so weit kommt. Ganz nach dem Motto: Vorbeugen ist besser als Heilen.
Eine Wunderpille für die Verletzungsprävention gibt natürlich nicht. Aber wenn du die 9 Tipps und Strategien umsetzt, die wir dir gleich vorstellen, hast du schon viel dafür getan, um dein persönliches Verletzungsrisiko auf ein Minimum zu reduzieren. Also nichts wie los!
9 Tipps um Laufverletzungen zu vermeiden
#1 Identifiziere deine Risikofaktoren
In den allermeisten Fällen kommen Laufverletzungen nicht einfach so aus dem Nichts. Sie haben eine oder mehrere Ursachen, und bahnen sich oft schon über einen längeren Zeitraum an.
Wenn du dein Verletzungsrisiko minimieren möchtest, dann solltest du deshalb mit einer Bestandsaufnahme starten. Nimm dir einen Stift und ein Blatt Papier und schreib alles auf, was als „Risikofaktor“ in Frage kommen könnte:
- Hattest du in der Vergangenheit bereits Verletzungen, von denen du auf potenzielle Schwachstellen schließen kannst?
- Gibt es einen Muskel, der dich immer mal wieder piesackt?
- Wie ist es um deine Beweglichkeit bestellt? Gibt es Blockaden oder Gelenke, die in ihrer Reichweite deutlich eingeschränkt sind?
- Wie sieht dein Alltag aus? Sitzt du die ganze Zeit auf einem Bürostuhl oder bist du regelmäßig in Bewegung und verrichtest auch mal körperliche Arbeit?
- Wie hoch ist deine aktuelle Trainingsbelastung? Passt sie zu deinem aktuellen Fitnessstand oder befindest du dich ständig an der Grenze zum „roten Bereich“?
- Ist dein Training ausgewogen und beinhaltet es auch Kraft- und Beweglichkeitsübungen?
- Wie sieht dein Lebensstil aus? Achtest du auf deine Ernährung? Bekommst du ausreichend Schlaf? Wie ist deine Work-Life-Balance und dein Stressniveau?
Nach dieser Bestandsaufnahme solltest du einige Punkte identifiziert haben, bei denen du noch Luft nach oben hast. Den vielleicht wichtigsten Schritt für ein geringeres Verletzungsrisiko hast du damit schon gemacht – jetzt geht es nur noch darum, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen.
Mit den folgenden Punkten möchten wir dir dafür ein paar Denkanstöße liefern.
#2 Mach Kraft- und Beweglichkeitsübungen
Wenn dein Sportprogramm bislang ausschließlich aus Laufeinheiten besteht, dann wird es Zeit das zu ändern. Laufen ist ein toller Sport, der dein Herz-Kreislaufsystem trainiert, aber durch die Monotonie der Laufbewegung auch zu Überlastungen führen kann. Außerdem werden beim Laufen naturgemäß bestimmte Muskeln, Bänder und Sehnen stärker beansprucht (und damit auch trainiert) als andere.
Um hier einen Ausgleich zu schaffen solltest du zusätzlich zum Laufen ein regelmäßiges Ergänzungstraining mit Kraft- und Beweglichkeitsübungen durchführen. Wie das funktioniert erklären wir dir in unserem ausführlichen Ratgeber.
#3 Achte auf eine sinnvolle Trainingsplanung
Dein Lauftraining sollte sinnvoll geplant sein und die grundlegenden Trainingsprinzipien berücksichtigen. Viele Läufer:innen machen den Fehler, dass sie zu viel oder zu intensiv trainieren, ihre Trainingsumfänge zu schnell steigern oder zwischen ihren Läufen zu wenig Zeit für eine ausreichende Regeneration lassen.
Wenn du dir unsicher bist, ob dein Lauftraining optimal aufgebaut ist, dann geben dir die folgenden beiden Beiträge einen guten Überblick:
- 5 Trainingsprinzipien, die du als Läufer:in kennen solltest
- Wie du dir in 4 Schritten einen Trainingsplan erstellst
#4 Sorge für Abwechslung bei deinen Laufrunden
Hast du eine Standard-Laufrunde, auf der sich ein Großteil deines Lauftrainings abspielt? Dann könnte auch hier ein mögliches Verletzungsrisiko liegen.
Immer nur auf ein und derselben Strecke zu laufen bedeutet, dem Körper keinerlei Abwechslung zu gönnen: Bei jedem Lauf der gleiche Untergrund, die gleichen Kurven, die gleichen Höhenmeter, und oft auch die gleiche Distanz.
Oben haben wir schon über die problematische Monotonie der Laufbewegung gesprochen. Du solltest dem entgegen wirken, indem du deine Laufrunden möglichst abwechslungsreich gestaltest: mal länger, mal kürzer, mal flach, mal profiliert, mal auf Asphalt, mal auf Feld- und Waldwegen oder Trails.
Natürlich heißt das nicht, dass du keine Lieblingslaufrunde mehr haben kannst – aber zwei, drei Alternativen solltest du schon erkunden.
#5 Mach kürzere Laufschritte und erhöhe deine Schrittfrequenz
Die Schrittfrequenz ist eng mit der Schrittlänge verknüpft. Bei ansonsten gleichem Tempo gilt: Je höher die Schrittfrequenz, desto kürzer die Schrittlänge. Und wenn du kürzere Schritte machst, muss dein Körper bei jedem Aufprall auf dem Boden weniger Gewicht abfedern.
Viele moderne Laufuhren können die Schrittfrequenz auf dem Display anzeigen, aber du kannst auch einfach zählen, wie viele Schritte du in einer Minute machst – das ist dann deine Schrittfrequenz, auch „Schritte pro Minute“ genannt.
Was die optimale Schrittfrequenz für dich ist lässt sich nicht pauschal sagen, denn das ist von verschiedenen Faktoren wie zum Beispiel deiner Körpergröße und orthopädischen Merkmalen abhängig. Ein guter Richtwert sind ca. 170 – 180 Schritte pro Minute.
Wenn du deutlich unter diesem Bereich liegst, dann solltest du versuchen, bei deinen nächsten Läufen immer mal wieder Abschnitte einzubauen, in denen du ganz bewusst die Schrittfrequenz erhöhst. Mit der Zeit sollte sich dann eine dauerhafte Veränderung in deinem Laufstil zeigen.
#6 Arbeite an deinem Laufstil
Apropos Laufstil – auch hier liegt ein großes Potenzial, um dein Verletzungsrisiko zu reduzieren. An einigen Dingen, wie zum Beispiel der richtigen Armhaltung, kannst du sofort arbeiten.
Da der Laufstil ansonsten aber eine sehr individuelle Sache ist, lautet unsere Empfehlung, dass du dir hier professionelle Unterstützung und Beratung holen solltest. Eine Laufstilanalyse gibt dir Aufschluss über Fehler und Schwächen in deinem Bewegungsablauf, und zeigt dir ganz konkret auf, woran du arbeiten solltest, um deine Lauftechnik zu verbessern.
#7 Verwende eine Faszienrolle
Die Faszien sind das Bindegewebe, das Muskelfasern und Blutgefäße umgibt. Bei mangelnder Bewegung und Stress können die Faszien „verkleben“ und ihre Elastizität verlieren. Die Folge sind eine eingeschränkte Beweglichkeit und eine erhöhte Anfälligkeit für Verletzungen.
Eine Faszienrolle* ist ein günstiges und äußerst praktisches Trainingsgerät, mit dem du deine Faszien gezielt massieren und Verklebungen sowie Muskelverspannungen auflösen kannst. Die wichtigsten Übungen mit der Faszienrolle stellen wir dir in diesem Beitrag vor.
#8 Verwende Laufschuhe, in denen du dich wohl fühlst
Die Suche nach dem passenden Laufschuh kann verwirrend bis nervenaufreibend sein. Die Auswahl ist riesig, und die Hersteller werben mit kompliziert klingenden Technologien für ihre Modelle.
Das Interessante daran: Die Studienlage zum Thema Laufschuhe ist äußerst dünn, und es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die seit Jahrzehnten vorgenommene Einteilung in Neutralschuhe, Stabilitätsschuhe, Bewegungskontrollschuhe usw. überhaupt Sinn macht, wenn es um die Vermeidung von Laufverletzungen geht.
Eine Metastudie von Nigg et al. kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass das wichtigste Kriterium beim Laufschuhkauf womöglich einfach der Komfort sein könnte. Wir schließen uns dieser Empfehlung an: Du solltest dich in deinem Schuh vor allem wohl fühlen – es sollte beim Laufen nirgendwo drücken, ziehen oder kneifen. Unsere besten Tipps für den Laufschuhkauf haben wir in diesem Beitrag für dich zusammengefasst.
#9 Achte auf ausreichend Schlaf
Eine Daumenregel besagt, dass du pro 10 Laufkilometer in der Woche etwa eine Stunde mehr Schlaf benötigst. Wenn du also 40 Kilometer pro Woche läufst, dann brauchst du demnach fast eine halbe Stunde mehr Schlaf pro Nacht als wenn du die Füße stillhalten würdest.
Natürlich kann man über die Gültigkeit dieser Daumenregel diskutieren – schließlich ist auch das Thema Schlaf sehr individuell und es gibt hier eine große Bandbreite. Aber darum geht es auch gar nicht. Fakt ist, dass Schlaf wichtig für das Immunsystem ist und im Schlaf verschiedene Regenerationsprozesse ablaufen. Und nicht zuletzt sind wir im ausgeschlafenen Zustand auch aufmerksamer, was beim Sprung über die Wurzel oder das Schlagloch im Asphalt den kleinen aber feinen Unterschied ausmachen kann.
Wenn du deine Schlafqualität verbessern möchtest, dann findest du in den folgenden Beiträgen noch mehr Tipps und Infos zu diesem wichtigen Thema:
- Schlafen wie die Profis – die besten Tipps für besseren Schlaf
- 32 Tipps gegen Schlaflosigkeit und für einen besseren Schlaf
Laufverletzungen: Wenn es doch einmal passiert ist
Wir wünschen dir natürlich, dass du mit unseren Tipps dauerhaft verletzungsfrei bleibst. Wenn es aber doch einmal passiert ist, solltest du nicht den Kopf in den Sand stecken. Auch wenn es sich erstmal wie ein Rückschlag anfühlt, kannst du aus einer Verletzung lernen und gestärkt daraus hervorgehen. Die folgenden Artikel bringen dich auf den richtigen Weg:
Christoph Adelmann
Ein sehr guter Artikel. Vielen Dank für die guten Lauftips!
Katrin Schäfer
Hi Christoph,
sehr gerne – und vielen Dank für das Faszientraining auf eurer Seite 🙂
Werde ich demnächst auch mal ausprobieren!
Viele Grüße
Katrin
Dani
Bin neu auf Bevegt untervegs :-).
Mir nichtveganen Läuferin gefällt bisher sehr gut was ihr schreibt.
Danke für den Artikel. Verletzungen vermeiden- jaaaa eigentlich weiß man ja was man dazu tun sollte. Gerade erst musste ich meinen HM canceln. Fiese Verspannung im Gluteus Minimus :-(.
Ich werde mir eure Tippst jetzt endlich mal zu Herzen nehmen. Ausdrucken und feste Zeiten dafür vorsehen.
Danke und sportliche Grüße
Axel Book
Hallo Katrin.
Schöner Artikel.
Wenn man mal drüber nachdenkt, wird einem erst richtig klar, wie oft man von Läufern hört, das sie eine Verletzung haben. Mich eingeschlossen…
Danke für die Tips.
Euch Beiden einen schönen dritten Advent.
Gruß
Axel
Katrin Schäfer
Hi Alex,
vielen Dank, gerne, und genauso ist es. Ich hab dieses Jahr Glück gehabt, bisher, aber ich hatte andere Ausfälle, so dass ich wahrscheinlich einfach gar nicht auf so viele Kilometer gekommen bin.
Dir auch noch eine schöne Vorweihnachtszeit & viele Grüße
Katrin
Gabi
Hallo Katrin!
Sehr gute Tipps! Meist muss ich mich regelrecht dazu aufraffen, um die notwendigen Kräftigungsübungen oder Dehnungen zu machen (Lieber würde ich ein paar Kilometer mehr laufen….) aber sie sind so wichtig! Ich gehe alle paar Woche zum Physiotherapeuten, das hilft mir sehr, dieses Jahr blieb ich weitgehend frei von Wehwehchen.
LG
Gabi
Katrin Schäfer
Genau Gabi, Kräftigung und Dehnung sind enorm wichtig. Was bringen dir die Kilometer mehr wenn du 1-2x pro Jahr (das ist ja keine Seltenheit unter Läufern!) pausieren musst.
Dann drücke ich dir weiterhin die Daumen!
Simone
Hallo, toll geschrieben und wie wahr…. Ich bin Physiotherapeutin und habe schon so einige Sportler in der Praxis gehabt, weil sie eben nur NUR geradeaus laufen oder NUR radeln…. Ich hab mal 1 neugierige Frage: wo habt Ihr die Ausbildung zum Lauftrainer gemacht? Liebe Grüße, Simone
Katrin Schäfer
Hi Simone,
freut mich, dass du das als Fachfrau auch so siehst.
Für die Lauftrainer-Ausbildung waren wir bei der Nordicfit-Academy – können wir sehr empfehlen!
Viele Grüße
Katrin
Conny
Hallo Katrin,
was versteht ihr denn unter „gutem Fußaufsatz“ und einem „nicht-sitzenden Laufstil“?
Schöne Grüße
Conny
Katrin Schäfer
Hallo Conny,
unter einem guten Fußaufsatz verstehe ich, möglichst mit dem Mittelfuß aufzukommen bzw. möglichst nicht mit der Ferse. Den Fuß mittig aufsetzen, also nicht den Fokus auf die Außen- oder Innenkante zu legen. Außerdem die Füße gerade bzw. minimal nach außen gedreht, die Fußspitzen nicht nach innen oder übertrieben nach außen gedreht.
Beim sitzenden Laufstil findet keine ausreichende Hüftstreckung statt, und es heißt „sitzender Laufstil“, weil der Läufer oder die Läuferin von der Seite betrachtet so aussieht, als ob er/sie sich nach hinten auf einen Stuhl setzt anstatt sich nach vorne abzudrücken. Der Körperschwerpunkt liegt dann eher hinten als nach vorne verlagert.
Viele Grüße
Katrin
Annett Munzinger
Hällöchen
Ich habe mal ne Frage. Ihr habt geschrieben immer die selbe Laufstrecke,wäre nicht gut. Ich bin Anfänger träniere gerade nach Laufplann von euch für die 5 km. Ich wohne im Dorf und habe immer meine selbe Laufstrecke,sonst müsste ich woanders hinfahren. Ist das wirklich so schlimm immer dieselbe Laufstrecke zu machen.
LG Annett
Katrin Schäfer
Hallo Annett,
es geht ja ums Optimum, und da ist es nicht verkehrt, mit Untergrund und Höhenmetern abzuwechseln. Aber was nicht geht geht nicht – du kannst an anderen Stellen für Abwechslung sorgen, z.B. beim Kraft- und Stabitraining!
Alles Gute für dein Ziel!
Viele Grüße
Katrin
Karin
Hallo zusammen, bei #8 entscheide ich mich nach dem Motto: „der Schuh muß meinen Fuß umarmen „😊. Meistens liege ich damit richtig. Sowohl im Laufschuh-als auch im Freizeitbereich.
Katrin Schäfer
Hallo Karin,
das ist ein schönes Motto – werde ich mir merken!
Viele Grüße
Katrin