Vor einer Woche habe ich im beVegt-Podcast von meinem aktuellen Motivationstief berichtet. Viele Hörer:innen haben daraufhin ihre Ideen und Gedanken mit mir geteilt, und die Bandbreite der Vorschläge reichte von „melde dich doch mal für einen 100-Meiler an“ bis hin zu „du solltest eine komplette Sportpause machen!“
Während ich noch dabei bin, meine Schlüsse daraus zu ziehen, möchte ich die Ideen aus der Community in diesem Beitrag mit dir teilen. Wenn du selbst gerade in einem Motivationstief steckst, dann findest du hier eine ganze Reihe an Denkanstößen und Strategien, die du ausprobieren kannst.
Ganz wichtig: Ich fasse nur zusammen und versuche, die verschiedenen Ansätze nicht zu bewerten. Jedes Motivationstief hat andere Ursachen, und deshalb werden auch Strategien mit dabei sein, die für deine persönliche Situation nicht optimal sind.
Ich glaube, dass du so ehrlich wie möglich mit dir sein musst, wenn du die richtigen Maßnahmen für dich finden möchtest. Schau nach innen und frage dich, wo du dich am ehesten wiedererkennst und welcher Ansatz dich am meisten anspricht. Ganz am Ende des Beitrags verrate ich dir, was ich bei dieser „Innenschau“ bislang für mich herausgefunden habe.
Das Motivationstief als Zeichen deuten
Viele Hörer:innen haben mich darauf hingewiesen, dass ein Motivationstief ein Zeichen sein kann, das der Körper oder unsere Psyche an uns sendet. Statt einen Motivations-Hack nach dem nächsten auszuprobieren, kann es eine gute Idee sein, erst einmal innezuhalten und dich zu fragen, welche Ursachen für dein Motivationstief in Frage kommen könnten.
Hast du vielleicht gerade eine sehr stressige Zeit im Alltag oder auf der Arbeit? Hast du in den letzten Monaten auf ein großes sportliches Ziel hingearbeitet und musstest dafür viel Disziplin aufbringen? Hast du sehr hohe Ansprüche an dich und dein Training, mit denen du dich möglicherweise zu sehr unter Druck setzt? Gibt es gerade andere Themen in deinem Leben, die deine ganze Aufmerksamkeit erfordern?
All diese Dinge können dazu führen, dass du dich erschöpft und ausgebrannt fühlst, und dich deshalb nicht dazu aufraffen kannst, regelmäßig Sport zu treiben.
Und natürlich kommen auch körperliche Ursachen in Frage. Als ich im Podcast von meinem Erschöpfungsgefühl berichtete, hat sich Hörerin Nina per E-Mail bei mir gemeldet. Ihr ging es ganz ähnlich, und schließlich wurde bei ihr eine Nebennierenschwäche diagnostiziert, die für die Symptome verantwortlich war.
Ein (länger andauerndes) Motivationstief beim Sport kann also ein Signal dafür sein, dass deine mentale oder körperliche Gesundheit gerade etwas in Schieflage geraten ist, und du dir professionelle Unterstützung suchen darfst, um das näher abzuklären. In jedem Fall wird dir eine ehrliche „Bestandsaufnahme“ dabei helfen, aus den im Folgenden vorgestellten Strategien die richtige für dich auszuwählen.
Bewusster Sportverzicht, bis die Lust zurück kommt
Die wohl radikalste Methode gegen das Motivationstief ist ein bewusster, vollständiger Sportverzicht. Dahinter steckt die Idee, dass der „Hunger“ auf Sport früher oder später ganz von alleine zurück kommt, wenn wir uns sozusagen auf eine Sport-Diät setzen.
Sportverzicht bedeutet nicht, dass du komplett die Füße still halten musst. Natürlich kannst du weiterhin spazieren gehen, Fahrrad fahren oder wandern, solange diese Aktivitäten nicht mit einem Leistungs- oder Trainingsgedanken verbunden sind.
Einige Hörer:innen haben vorgeschlagen, die durch die Sportpause frei gewordene Zeit dafür zu nutzen, um sich mal mit ganz anderen Themen zu beschäftigen. Jana hat kürzlich zum Beispiel das Thema „Longevity“ (lange leben und dabei gesund sein) für sich entdeckt, und durch den Perspektivwechsel einen ungeahnten Motivationsschub erhalten.
Ein anderer interessanter Denkanstoß kam von Bettina, die vorgeschlagen hat, mein sehr durch den Sport definiertes Selbstbild zu überdenken und den Fokus mal auf andere Aspekte zu lenken, die auch zu meiner Persönlichkeit gehören. Das Motivationstief kann also eine Gelegenheit sein, bislang unterdrückten oder vernachlässigten Interessen und Talenten mehr Raum zu geben.
Vielleicht kommen wir dabei zu der Erkenntnis, dass der Sport nicht das einzige ist, was uns ausmacht – was wiederum mehr Leichtigkeit und Entspanntheit in unser Verhältnis zum Sport bringen kann.
(Vorübergehend) zu anderen Sportarten wechseln
Eine Alternative zum kompletten Sportverzicht ist der vorübergehende Wechsel zu anderen Sportarten, um sich den Reiz des Neuen zunutze zu machen und aus der gewohnten Trainingsroutine auszubrechen. Gerade wenn du schon sehr lange eine bestimmte Sportart ausübst, kann sich irgendwann eine gewisse Monotonie einstellen, die zu einem Überdruss und in ein Motivationstief führt.
In meinem Fall könnte ich zum Beispiel statt zu Laufen den Fokus stärker auf das Rudern mit unserem Waterrower und auf das Krafttraining legen – also auf die Dinge, die ich in meiner bisherigen Sportroutine eher als Ergänzungen zum Laufen betrachtet habe. Du kannst die Gelegenheit aber auch nutzen, um mal eine ganz neue Sportart auszuprobieren: Melde dich zu einem Kletterkurs an, hol dir ein Saisonticket fürs Freibad, leg dir ein Rennrad oder Mountainbike zu oder geh Tanzen.
Für mich hat dieser Ansatz den besonderen Charme, dass er das Potenzial beinhaltet, eine nachhaltige Veränderung in dein Leben zu bringen. Vielleicht stellst du ja fest, dass du eigentlich an der Kletterwand zu Hause bist. Oder dass dir Kraftsport viel mehr liegt als Ausdauersport.
Aber selbst wenn das nicht passiert wirst du dir neue sportliche Perspektiven und Möglichkeiten eröffnen, auf die du ab sofort zurückgreifen kannst. Und wenn du nach ein paar Wochen feststellst, dass du dir nichts sehnlicher wünschst, als wieder zu deinem „Hauptsport“ zurückzukehren, dann hat die Methode ja ihren Zweck erfüllt!
Den Leistungsgedanken aus dem Sport nehmen
Vor einigen Wochen habe ich beim Luxemburg Night Marathon Daniel aus der beVegt-Community kennengelernt. Daniel hat mich auf mein Motivationstief angesprochen und mir gesagt, dass er seine Motivation aus dem Wunsch bezieht, jeden Tag als Sportler ein bisschen besser zu werden.
Das Streben nach immer neuen Bestleistungen kann ein starker Antrieb sein, und auch für mich hat dieses Ausloten und Verschieben der eigenen Grenzen im Sport immer eine wichtige Rolle gespielt. Es gibt aber zwei Probleme damit.
Zum einen haben wir es mit einer endlichen Motivationsquelle zu tun: Irgendwann kannst du dich nicht mehr weiter verbessern, entweder weil du dein Potenzial voll ausgereizt hast, oder weil du älter wirst und den Zenit deiner körperlichen Leistungsfähigkeit überschritten hast.
Und zum anderen kann der Fokus auf permanente Selbstoptimierung und Leistungssteigerung problematisch sein, weil er Druck erzeugt und du einen immer größeren Aufwand für einen immer kleineren „Ertrag“ betreiben musst (das sogenannte Prinzip des abnehmenden Grenznutzens).
Es ist deshalb überhaupt nicht überraschend, wenn bei Hobbysportler:innen, die so wie ich seit vielen Jahren sehr ambitioniert und leidenschaftlich trainiert haben, plötzlich komplett die Luft raus ist. Und auch absolute Spitzensportler:innen sind dagegen nicht immun, wie der Fall des siebenfachen Olympiasiegers im Schwimmen Caeleb Dressel zeigt (unsere Freundin Andrea hat uns auf diesen sehr interessanten Artikel über Dressels Geschichte aufmerksam gemacht).
Wenn du dich hier wiedererkennst, dann könnte dein Motivationstief ein Zeichen dafür sein, dass du – wenigstens vorübergehend – den Leistungsgedanken aus dem Sport nehmen solltest. Das kann bedeuten, dass du beim Laufen nicht mehr auf die Uhr schaust, dich bewusst bremst, nicht mehr nach Plan trainierst, sondern nur noch nach Lust und Gefühl, jede Ambition zurückstellst und dir auch keine Ziele steckst, die du erreichen möchtest.
Das alles ist gar nicht so leicht wie es klingt, weil du gegen tief verwurzelte Gewohnheiten und vielleicht auch dein eigenes Selbstbild handeln musst. Aber wenn es dir gelingt, diesen Schalter in deinem Kopf umzulegen, dann kann das wie ein Befreiungsschlag wirken. Ich bin selbst gerade dabei, diese Erfahrung zu machen!
Ein Ziel setzen, das das Feuer wieder entfacht
In diese Kategorie fällt die Mehrzahl der Rückmeldungen, die ich auf mein Motivationstief-Bekenntnis erhalten habe: Setze dir ein sportliches Ziel, das ein Kribbeln in deinem Bauch auslöst und dein inneres Feuer wieder entfacht.
Diese altbewährte Strategie hat bei mir selbst in der Vergangenheit schon oft wunderbar funktioniert: Die magische 3-Stunden-Marke im Marathon zu knacken, gemeinsam mit Katrin zum zweiten Mal die Qualifikation für den Boston Marathon zu schaffen oder wie im letzten Jahr als Zweierstaffel am Berliner Mauerweglauf teilzunehmen – all das waren Ziele, die mich nachhaltig und langfristig motiviert haben.
Die Vorschläge aus der beVegt-Community reichten vom Ultramarathon, über den (Langdistanz-)Triathlon und Streakrunning bis hin zur Teilnahme an einem Hyrox-Wettkampf. Podcast-Hörer Ingo hat in unserer Facebook-Gruppe sogar einen Thread gestartet, in dem wir sportliche Ziele sammeln, die uns in der Vergangenheit besonders motiviert haben. Lies dort gerne mit, um dir Inspirationen zu holen, oder ergänze deine eigenen Ideen!
Weitere Strategien gegen das Motivationstief
Hatte ich schon erwähnt, dass ich wirklich VIELE Rückmeldungen zum Podcast erhalten habe? Hier kommen noch einige Ideen, die in keine der bisherigen Kategorien passen, aber definitiv auch funktionieren können:
- Nimm an einem Laufcamp teil. Der Austausch mit Gleichgesinnten und die neuen Impulse, die du dort für dein Training erhältst, können dir einen starken Motivationsschub geben. Wir haben das selbst schon oft bei unseren veganen Laufwochenenden erlebt, die von den Teilnehmer:innen gerne für einen sportlichen Neustart genutzt werden.
- Such dir einen Laufcoach, der dich auf deinem Weg unterstützt. Ein Coach blickt von außen auf deine Situation und kann dabei Dinge sehen, die für dich vielleicht unsichtbar sind.
- Stelle dich als Pacemaker zur Verfügung und hilf anderen dabei, ihre läuferischen Ziele zu erreichen. Auf diese Weise kannst du die Wettkampfatmosphäre ganz ohne Leistungsdruck genießen. Ich habe das zum Beispiel vor einigen Monaten beim Frankfurter Halbmarathon gemacht, und hatte vom ersten bis zum letzten Meter einfach nur Spaß.
Abschließende Gedanken
Das waren jetzt viele mögliche Strategien gegen das Motivationstief, und vielleicht interessiert es dich noch, welche Schlüsse ich bislang für mich gezogen habe und welchen Ansatz ich für mich als richtig erachte.
Es ist oben bereits angeklungen: Ich denke, dass für mich das große Thema mein Selbstbild als ambitionierter, leistungsorientierter Sportler ist, gepaart mit der Vorbildfunktion, der ich als Laufblogger und -coach natürlich auch gerecht werden möchte. Mit der schwindenden Lust aufs Laufen ist dieses Selbstbild in Gefahr geraten, was wiederum neuen Druck erzeugt hat. Ich musste mir eingestehen, dass ich in den letzten Jahren zu einem großen Teil auch deshalb gelaufen bin, weil ich eben diese Rolle ausfüllen wollte und keine Alternative dazu gesehen habe.
Allein diese Erkenntnis zuzulassen und auszusprechen hat mir enorm geholfen: Es ist, als ob eine Last von mir abgefallen ist. Mein Ansatz ist also, mich als Läufer und Sportler neu zu definieren und zu akzeptieren, dass sich mein Training und meine Ziele mit der Zeit verändern dürfen. Um diesen Prozess zu unterstützen werde ich den Rat vieler Hörer:innen befolgen und erst einmal jegliches Leistungsdenken aus dem Laufen streichen.
Vor ein paar Tagen bin ich zum ersten Mal seit sehr langer Zeit ganz ohne Blick auf die Uhr gelaufen, und habe mich dabei bewusst gebremst. Ich war deutlich langsamer unterwegs als sonst, aber es hat sich gut und richtig angefühlt.
Und gestern sind Katrin und ich zu einer langen, entspannten Run-and-Hike Tour in Richtung Taunus aufgebrochen. Wir sind im Wechsel immer einen Kilometer gelaufen und gegangen, ohne dabei einen Gedanken an die Pace zu verschwenden. Es war ein wunderbares Abenteuer in der Natur, das mich daran erinnert hat, warum ich das Laufen liebe und (wenigstens im Herzen) immer ein Läufer bleiben werde.
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