Was glaubst du: Was sind die zwei häufigsten Fragen, die sich Läufer stellen? Wir hören jeden Tag eine Menge Läuferfragen, und unserer Erfahrung nach sind das die Top-2:
Erstens: Wie überwinde ich meinen inneren Schweinehund?
Zweitens: Wie werde ich schneller?
Was die erste Frage betrifft, darüber haben wir hier auf beVegt schon unzählige Artikel geschrieben. Wenn du also auf Kriegsfuß mit deinem inneren Schweinehund stehst, dann schau am besten mal auf dieser Seite vorbei. Dort findest du sie alle!
Und was ist mit Frage Nummer zwei? Wo sind all die beVegt-Artikel, in denen du erfährst, wie du ein schnellerer Läufer wirst?
Okay, okay, erwischt! Wir haben unser Archiv durchforstet, und dabei ist uns aufgefallen, dass wir der zweithäufigsten Läuferfrage tatsächlich erst einen einzigen Post gewidmet haben (er handelt vom sogenannten „Fahrtspiel“ – dem perfekten Einstieg ins Tempotraining).
Dieses Versäumnis holen wir heute nach. In diesem Beitrag erfährst du, wie du mit Tempoläufen ein schnellerer Läufer wirst.
Macht Tempotraining überhaupt Sinn für mich?
Aber bevor wir uns näher mit dem Tempolauf beschäftigen, müssen wir erstmal eine grundlegende Frage klären: Ab wann macht Tempotraining eigentlich Sinn? Solltest du schon als absoluter Laufanfänger damit starten – oder ist Tempotraining vielleicht sogar nur etwas für ambitionierte Leistungssportler?
Die Wahrheit liegt wie so oft irgendwo in der Mitte.
Es gibt eine einfache Daumenregel, an der du dich orientieren kannst, wenn du dein Lauftraining verschärfen möchtest: Erst öfter, dann länger, dann schneller.
Das bedeutet: Wenn du im Moment 2x pro Woche laufen gehst, dann solltest du zunächst einen dritten und später vielleicht sogar einen vierten Lauftag pro Woche einführen. Als nächstes kannst du den Trainingsumfang weiter steigern, indem du die Distanz deiner Läufer verlängerst. Erst wenn du an dem Punkt bist, an dem dir das Laufen nicht mehr schwer fällt und du ohne Probleme regelmäßig 8 Kilometer oder mehr unterwegs bist, solltest du darüber nachdenken, einen Tempolauf in deine Trainingswoche einzubauen.
Es ist gut möglich, dass du dazu auch andere Meinungen hören wirst. Aus unserer Sicht macht es aber keinen Sinn, gezielt am Tempo zu arbeiten, wenn du noch nicht die nötige Grundlagenausdauer dafür aufgebaut hast.
Wie funktioniert Tempotraining?
Das Ziel eines Tempotrainings ist, dass du deinen Körper so sehr anstrengst, dass er darauf mit einer Anpassung reagiert, um beim nächsten Mal besser auf diese Belastung vorbereitet zu sein. Man bezeichnet das auch als „Superkompensation“, und ich habe das in diesem Beitrag bereits etwas ausführlicher beschrieben.
Wir haben also schonmal das erste Merkmal eines Tempotrainings definiert: es ist anstrengend! Glaub niemandem, der dir etwas anderes erzählen möchte. Wenn du schneller werden willst, dann musst du im Training auch mal auf die Zähne beißen.
Und das zweite Merkmal? Das Tempotraining muss in einer ziemlich genau definierten Geschwindigkeit stattfinden, damit es effektiv ist. Wenn du zu langsam läufst, dann hat das Training nicht den gewünschten Effekt. Wenn du zu schnell läufst, dann musst du das Training vorzeitig abbrechen und verschenkst einen Teil des Effekts. Wie du das optimale Tempo für deine Tempoläufe bestimmst, dazu kommen wir gleich noch.
Falls du jetzt ein wenig verwirrt bist, weil ich mal von Tempotraining und dann wieder von Tempoläufen spreche: Tempotraining ist der Oberbegriff, und Tempoläufe sind eine Form des Tempotrainings. Es gibt noch weitere, zum Beispiel das oben schon erwähnte Fahrtspiel oder das Intervalltraining, aber hier soll es um den Tempolauf gehen – die klassische Form des Tempotrainings.
Ein Tempolauf beginnt mit einem Warm-Up, bei dem du dich etwa 10-15 Minuten lang locker einläufst. Dann kommt der eigentliche Tempolauf, bei dem du entweder eine bestimmte Strecke oder eine vorher festgelegte Zeit in einem konstanten, schnellen Tempo läufst. Ein Tempolauf dauert typischerweise zwischen 15 und 45 Minuten – wobei du dich als Anfänger erstmal am unteren Ende dieses Bereichs orientieren solltest. Du beendest den Tempolauf mit einem Cool-Down, wieder über ca. 10-15 Minuten.
Wie finde ich das richtige Tempo für meine Tempoläufe?
Tempoläufe rennst du mit einem Tempo, das knapp unterhalb deiner sogenannten anaeroben Schwelle liegt. Das ist die Intensität, bei der dein Körper gerade noch so viel Laktat abbauen kann, wie durch die Belastung gebildet wird.
Es gibt drei Möglichkeiten, wie du dieses Tempo ermitteln kannst:
#1 Leistungsdiagnostik
Eine professionell durchgeführte Leistungsdiagnostik liefert dir sehr zuverlässige Informationen zu deinem Fitnesszustand. Du erhältst Tempo- und Herzfrequenzbereiche für deine normalen Dauerläufe und das intensivere Tempotraining. Das Ganze ist allerdings nicht ganz billig, und du solltest die Leistungsdiagnostik natürlich in regelmäßigen Abständen wiederholen.
#2 Karvonen-Formel
Deine Herzfrequenz an der anaeroben Schwelle kannst du auch mit der Karvonen-Formel näherungsweise berechnen. Die Voraussetzung dafür ist, dass du deinen Maximalpuls und deinen Ruhepuls kennst. Die Formel lautet: (Maximalpuls – Ruhepuls) * 0,85 + Ruhepuls.
Bei einem Maximalpuls von 190 und einem Ruhepuls von 70 Schlägen pro Minute ergibt sich also ein Puls von (190-70) * 0,85 + 70 = 172 an der anaeroben Schwelle. Während deines Tempolaufs sollte deine Herzfrequenz also etwas unterhalb dieses Wertes liegen.
#3 Die VDOT-Methode
Schließlich kannst du dein Tempo an der anaeroben Schwelle auch nach dem VDOT-System des amerikanischen Laufcoaches Jack Daniels berechnen (ja, er heißt wirklich so!). Dafür brauchst du eine möglichst aktuelle Wettkampfzeit über eine Distanz zwischen 3km und einem Marathon.
Wichtig dabei ist, dass du bei diesem Wettkampf wirklich an deine Leistungsgrenze gegangen bist. Anderenfalls ergibt die Berechnung ein zu langsames Tempo. Diese Wettkampfzeit trägst du in den VDOT-Rechner ein, den du hier findest.
Dein Tempo an der anaeroben Schwelle (und noch weitere Tempo-Empfehlungen für andere Trainingstypen) kannst du dann unter dem Reiter „Training“ ablesen. Es ist das Tempo, das als „Threshold“ bezeichnet wird.
Kann ich nicht einfach nach Gefühl laufen?
Vielleicht fragst du dich jetzt: „Kann ich bei meinen Tempoläufen nicht einfach auf mein Gefühl hören?“
Das Problem ist, dass es gar nicht so einfach ist, das richtige Tempo zu „spüren“. Profiläufer können das meistens sehr gut, weil sie die verschiedenen Geschwindigkeiten schon tausendmal geübt haben und sie ihnen in Fleisch und Blut übergegangen sind.
Als Laufanfänger fehlt dir diese Erfahrung aber, und es besteht die Gefahr, dass du zu schnell läufst und dich überforderst. Wenn du dein optimales Tempo nicht wie oben beschrieben bestimmen kannst, dann ist ein Tempolauf nach Gefühl aber eine Möglichkeit, die du ausprobieren kannst.
Steigere dein Tempo dabei erstmal nur ein wenig und taste dich langsam an ein höheres Tempo heran. Ein Lauf im Bereich deiner anaeroben Schwelle fühlt sich schnell und anstrengend, aber kontrolliert und „machbar“ an – du solltest dabei keinesfalls ins Hecheln kommen oder in einen unsauberen Laufstil verfallen. Es ist ein Tempo, das du über mehrere Kilometer hinweg halten kannst. Wenn du also schon nach einem Kilometer das Gefühl hast, dass du langsamer werden musst, dann bist du definitiv zu schnell unterwegs.
Starte zu deinem ersten Tempolauf!
Das war es schon – du weißt jetzt, wie ein Tempolauf aussieht und wie du das optimale Tempo dafür findest. Wenn du schon eine gute Grundlagenausdauer als Läufer besitzt, dann kannst du ab sofort einmal pro Woche einen Tempolauf in dein Training einbauen, um schneller zu werden.
Hallo,
interessanter und gut verständlicher Artikel, obwohl ich mich in Sachen Tempolauf schon eher zu den alten Hasen zähle und die meist nach Gefühl laufe… so 4:00-4:15 pro Km 😉
Ich habe noch einen Tipp für Neulinge: Meiner Erfahrung nach ist es ganz gut, die Tempoläufe auf einer kleineren Runde zu absolvieren (aber eher nicht auf der Bahn, kann ziemlich langeweilig werden- außer man ist schon sehr erfahren 😉
Ich nutze z.B. eine relativ flache 2-km- Runde und laufe diese dann 3-4 mal als Tempolauf. Über das ganze Jahr laufe ich dann (entweder auf der Bahn) oder dieser Runde und habe somit einen guten Vergleich und kann meine Trainingsfortschritte im Auge behalten. Ich habe nämlich die Erfahrung gemacht, dass schon ein leicht profiliertes Gelände große Unterschiede gerade im Tempolauf ergibt- und das kann einen dann manchmal frustrieren.
lg,
Hanna
Hi Hanna, vielen Dank für den Tipp und starkes Tempo! 🙂
Es ist auf jeden Fall gut, wenn man eine flache Runde für den Tempolauf hat – aber es ist auch nicht unbedingt notwendig. Wir sind vor einiger Zeit umgezogen, und eine wirklich komplett flache Strecke gibt es hier nicht (nicht mal 2 km!). Ein Tempolauf in leicht welligem Profil ist aber m.E. genauso effektiv wie im Flachen. Man darf sich dann natürlich nicht so sehr vom Tempo leiten lassen, sondern muss auch die richtige Intensität „erspüren“. Einen Vorteil hat es sogar: Da ja viele Wettkampfstrecken nicht komplett flach sind, hat man im Training ähnliche Bedingungen 🙂
Sportliche Grüße von einem anderen „alten Hasen“ 🙂
Hallo liebe Bevegt-TrainerIn, seht mir meine folgende „Meckerei“ bitte nach, aber ich finde sie sehr wichtig. Ihr sprecht auch echte Laufanfänger an und schreibt u.a. über den Maximalpuls – ohne darauf näher einzugehen, obwohl Ihr in anderem Zusammenhang sogar eine Formel(!) nennt. Das halte ich für gefährlich. Nicht alle LeserInnen sind ganz jung, ganz knackig und rundum fit. Und deshalb halte ich den Maximalpuls für extrem wichtig – wenn man diesen ahnungslos überschreitet! Mithin möchte ich empfehlen, darauf noch einmal einzugehen, ihn zu erklären darauf hinzuweisen, dass dieser gesundheits- und v.a. auch altersbezogen beurteilt werden muss.
Herzliche Grüße aus Kiel
Bernd
PS: Nur der Vollständigkeit halber: Bin nicht identisch mit dem bayerischen Triathleten gleichen Namens, obwohl persönlich auch mit Tri- und Mar-Erfahrung
Hallo Bernd, vielen Dank für deinen Kommentar und den Hinweis! Ich stimme dir zu, dass sich Laufanfänger und gesundheitlich eingeschränkte Läufer/innen nicht auf eigene Faust daran machen sollten, ihren Maximalpuls zu ermitteln.
Ich habe unter dem Punkt „Macht Tempotraining überhaupt Sinn für mich“ aber die „Zielgruppe“ für meine weiteren Erläuterungen zum Tempotraining schon klar eingegrenzt: nämlich fortgeschrittene Läufer, die bereits eine gute Grundlagenausdauer aufgebaut haben. Ich denke, dass daraus deutlich wird, dass ich einem Laufanfänger oder einem Läufer mit gesundheitlichen Einschränkungen kein Tempotraining empfehlen würde.
Ich bin auch ganz bewusst in diesem Beitrag nicht näher auf Methoden zur Ermittlung des Maximalpulses eingegangen – wobei da für mich nur eine einzige Do-It-Yourself-Methode in Frage kommt, nämlich ein harter Wettkampf oder ein intensives Intervalltraining. Von den bekannten Formeln halten weder Katrin noch ich etwas, und das haben wir eigentlich auch immer so gesagt (bzw. geschrieben).
Viele Grüße
Daniel
Hallo Daniel,
sehr guter Artikel über einen wichtigen Trainingsbaustein. Kann Deinen Kommentar nur bestätigen das es auch sehr effektiv ist auf hügeligen Strecken einen Tempolauf zu trainieren. Geht auch in meiner Gegend nicht anders. Auch ein Fahrtspiel bietet sich dann, gerade auch für Tempoanfänger an. Den Erfolg konnte ich am Sonntag bei einem Wettkampf auf flacher Strecke deutlich spüren. Ich war so schnell wie noch nie 😉
Sportliche Grüße
Oliver
Hey Oliver, dann bin ich auch für mich selbst mal optimistisch, dass der Umzug in hügeligeres Terrain sich positiv auf meine Laufleistung auswirken sollte 😉 Und Herzlichen Glückwunsch an dich zur neuen Bestzeit!
In Abwandlung des Sprichwortes, dass die Champions des Sommers im Winter gemacht werden, gilt wohl auch, dass die Champions der Ebene aus den Hügeln kommen
Hallo Daniel,
Danke für Eure Tipps, ich bin mittlerweile eine begeisterte Leserin von Eurem Blog. Nun habe ich eine Frage. Ich bin beim Laufen extrem langsam (8 bis 9 Minuten pro Km)!! Vor kurzem las ich einen Artikel, in dem es stand, dass langsam Laufen wegen der Gelenke sogar schädlich sein kann. Die Autorin empfiehl für die Anfänger, Wechselphasen zu trainieren. Beispielsweise, 3 Minuten mit einem schnelleren Tempo (bis 6 Minuten pro Km, was ich auch nicht schaffe :-)) zu laufen, und dann zu einem Gehtempo für 5 Minuten zu wechseln, den Ablauf 5 bis 6 mal wiederholen. Sie empfiehl Woche für Woche die Dauer der schnelleren Laufphasen zu steigern. Sie riet absolut vor langsamen Laufen ab. Was haltet Ihr davon? Es würde mich sehr interessieren. 🙂 Liebe Grüße!
Tolle Seite, ernähre mich schon seit ein paar Jahren vegan und habe vor zwei Monaten mit dem Laufen angefangen und diese Seite hilft mir dabei sehr! Danke für eure Mühe! 😊
Das freut uns sehr, Sandra!