Tempodauerläufe heben deine Ausdauer auf die nächste Stufe und sollten in keinem fortgeschrittenen Trainingsprogramm fehlen. In diesem Beitrag erfährst du, wann Tempodauerläufe sinnvoll sind, was sie dir bringen, wie sie funktionieren und was es dabei zu beachten gibt.
Inhaltsverzeichnis
Für wen sind Tempodauerläufe sinnvoll?
Tempodauerläufe sind eine essenzielle Trainingseinheit, wenn du an Wettkämpfen über 10 Kilometer oder länger teilnehmen und diese in einer möglichst schnellen Zeit finishen möchtest. Grundsätzlich kann man sagen: je länger die Wettkampfdistanz (bis hin zum Marathon), desto wichtiger ist der Tempodauerlauf als Teil der Vorbereitung.
Im Ultramarathontraining verliert er hingegen wieder an Bedeutung, da hier das Wettkampftempo deutlich langsamer ist und der spezifische Effekt des Tempolaufs auf die Ausdauerleistung nicht so sehr zum tragen kommt (siehe auch nächster Abschnitt).
Damit du Tempodauerläufe sinnvoll in deinem Training einsetzen kannst, musst du bereits über eine gute Grundlagenausdauer verfügen. Wenn du seltener als drei Mal pro Woche laufen gehst oder dir normale Dauerläufe von etwa 60 Minuten noch nicht wirklich leicht fallen, dann solltest du zunächst daran arbeiten, eine Trainingsroutine zu entwickeln und deine grundlegende Fitness zu steigern. Als Einstieg ins Tempotraining kannst du dann zum Beispiel mal ein Fahrtspiel ausprobieren, bevor du zum anspruchsvolleren Tempodauerlauf übergehst.
Was bewirken Tempodauerläufe?
Um zu verstehen, warum Tempodauerläufe so effektiv sind, müssen wir uns kurz mit der sogenannten aerob-anaeroben Schwelle oder auch Laktatschwelle auseinandersetzen. Laktat ist ein Stoffwechselprodukt, das bei der Energiebereitstellung aus Kohlenhydraten entsteht. Je intensiver du trainierst (je mehr Kohlenhydrate du „verbrennst“), desto mehr Laktat reichert sich in deinen Zellen und deinem deinem Blut an.
Da Laktat im Körper auch wieder abgebaut wird, ist das bei einer geringen Belastungsintensität kein Problem: bei einem normalen Dauerlauf stellt sich ein Gleichgewicht zwischen Entstehung und Abbau von Laktat ein, das man auch als „Laktat Steady State“ bezeichnet. Ab einem bestimmten Lauftempo fällt jedoch mehr Laktat an als der Körper abbauen kann, so dass die Laktatkonzentration immer weiter ansteigt und uns schließlich dazu zwingt, das Tempo wieder zu reduzieren – wir erleben dann den sprichwörtlichen „Einbruch“ beim Laufen.
Die Belastungsintensität, bei welcher der Laktat Steady State gerade noch so erhalten bleibt, nennt man aerob-anaerobe Schwelle bzw. Laktatschwelle. Bei einem Tempodauerlauf versuchst du, möglichst lang im Bereich der Laktatschwelle zu laufen, um einen starken Anpassungsreiz zu setzen und die Schwelle „nach oben“ zu verschieben. Das Ergebnis ist eine verbesserte Ausdauer: Du kannst länger bzw. schneller laufen, ohne dass sich die negativen Effekte des Laktats bemerkbar machen und dich ausbremsen.
Wie funktioniert ein Tempodauerlauf?
Ein Tempodauerlauf beginnt mit einem Warm-Up, bei dem du dich etwa 10-15 Minuten lang locker einläufst. Dann beginnt das eigentliche Tempotraining, bei dem du entweder eine bestimmte Strecke oder eine vorher festgelegte Zeit im Bereich deines individuellen Schwellentempos läufst. Am besten suchst du dir dafür eine flache Strecke mit möglichst wenigen spitzen Kurven und ohne Hindernisse wie Straßen oder Ampeln.
Der Tempoabschnitt deines Tempodauerlaufs sollte zwischen 15 und 45 Minuten dauern – wobei du dich als Anfänger:in erstmal am unteren Ende dieses Bereichs orientierst. Mit der Zeit kannst du dich dann nach und nach an immer längere Distanzen herantasten. Du beendest den Tempolauf mit einem mindestens 10- bis 15-minütigen Cool-Down.
Am Tag nach dem Tempodauerlauf solltest du einen lauffreien Tag einlegen oder nur einen lockeren Dauerlauf einplanen, um deinem Körper ausreichend Zeit für die Regeneration zu geben.
Das richtige Tempo für den Tempodauerlauf
Tempodauerläufe absolvierst du mit einem Tempo, das knapp unterhalb deiner anaeroben Schwelle liegt. Es ist wichtig, dieses Tempo möglichst genau zu treffen, um den gewünschten Trainingseffekt zu erzielen. Wenn du zu langsam läufst, fällt der Anpassungsreiz auf den Laktatstoffwechsel zu schwach aus. Läufst du hingegen zu schnell, kannst du das erforderliche Tempo nicht lange genug durchhalten.
Es gibt drei Möglichkeiten, wie du dein Schwellentempo ermitteln kannst:
#1 Leistungsdiagnostik
Eine professionell durchgeführte Leistungsdiagnostik liefert dir sehr zuverlässige Informationen zu deinem Fitnesszustand. Du erhältst Tempo- und Herzfrequenzbereiche für deine normalen Dauerläufe und das intensivere Tempotraining. Das Ganze ist allerdings nicht ganz billig, und du solltest die Leistungsdiagnostik natürlich in regelmäßigen Abständen wiederholen.
#2 Karvonen-Formel
Deine Herzfrequenz an der anaeroben Schwelle kannst du mit der Karvonen-Formel näherungsweise berechnen. Die Voraussetzung dafür ist, dass du deinen Maximalpuls und deinen Ruhepuls kennst. Die Formel lautet: (Maximalpuls – Ruhepuls) * 0,85 + Ruhepuls.
Bei einem Maximalpuls von 190 und einem Ruhepuls von 60 Schlägen pro Minute ergibt sich also ein Puls von (190-60) * 0,85 + 60 = 170 an der anaeroben Schwelle. Während deines Tempolaufs sollte deine Herzfrequenz also etwas unterhalb dieses Wertes liegen.
#3 Die VDOT-Methode
Schließlich kannst du dein Tempo an der anaeroben Schwelle auch nach dem VDOT-System des amerikanischen Laufcoaches Jack Daniels berechnen (ja, er heißt wirklich so). Dafür brauchst du eine möglichst aktuelle Wettkampfzeit über eine Distanz zwischen 3 km und einem Marathon.
Wichtig dabei ist, dass du bei diesem Wettkampf wirklich an deine Leistungsgrenze gegangen bist. Anderenfalls ergibt die Berechnung ein zu langsames Tempo. Diese Wettkampfzeit trägst du in den VDOT-Rechner ein, den du hier findest.
Dein Tempo an der anaeroben Schwelle (und noch weitere Tempo-Empfehlungen für andere Trainingstypen) kannst du dann unter dem Reiter „Training“ ablesen. Es ist das Tempo, das als „Threshold“ bezeichnet wird.
Kann ich nicht einfach nach Gefühl laufen?
Vielleicht fragst du dich jetzt: „Kann ich bei meinen Tempodauerläufen nicht einfach auf mein Gefühl hören?“
Das Problem ist, dass es gar nicht so einfach ist, das richtige Tempo zu „spüren“. Profiläufer:innen können das meistens sehr gut, weil sie die verschiedenen Geschwindigkeiten schon tausendmal geübt haben und sie ihnen in Fleisch und Blut übergegangen sind.
Als Laufanfänger:in fehlt dir diese Erfahrung aber, und es besteht die Gefahr, dass du zu schnell läufst und dich überforderst. Wenn du dein optimales Tempo nicht wie oben beschrieben bestimmen kannst, dann ist ein Tempodauerlauf nach Gefühl aber eine Möglichkeit, die du ausprobieren kannst.
Steigere dein Tempo dabei erstmal nur ein wenig und taste dich langsam an ein höheres Tempo heran. Ein Lauf im Bereich deiner anaeroben Schwelle fühlt sich schnell und anstrengend, aber kontrolliert und „machbar“ an – du solltest dabei keinesfalls ins Hecheln kommen oder in einen unsauberen Laufstil verfallen. Es ist ein Tempo, das du über mehrere Kilometer hinweg halten kannst. Wenn du also schon nach einem Kilometer das Gefühl hast, dass du langsamer werden musst, dann bist du definitiv zu schnell unterwegs.
Starte zu deinem ersten Tempodauerlauf!
Das war es schon – du weißt jetzt, wie ein Tempodauerlauf aussieht und wie du die optimale Pace dafür findest. Wenn du schon eine gute Grundlagenausdauer als Läufer:in besitzt, dann kannst du ab sofort einmal pro Woche einen Tempodauerlauf in dein Training einbauen, um schneller zu werden. Ich wünsche dir viel Spaß und Erfolg dabei!
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Plant runner
Hallo,
interessanter und gut verständlicher Artikel, obwohl ich mich in Sachen Tempolauf schon eher zu den alten Hasen zähle und die meist nach Gefühl laufe… so 4:00-4:15 pro Km 😉
Ich habe noch einen Tipp für Neulinge: Meiner Erfahrung nach ist es ganz gut, die Tempoläufe auf einer kleineren Runde zu absolvieren (aber eher nicht auf der Bahn, kann ziemlich langeweilig werden- außer man ist schon sehr erfahren 😉
Ich nutze z.B. eine relativ flache 2-km- Runde und laufe diese dann 3-4 mal als Tempolauf. Über das ganze Jahr laufe ich dann (entweder auf der Bahn) oder dieser Runde und habe somit einen guten Vergleich und kann meine Trainingsfortschritte im Auge behalten. Ich habe nämlich die Erfahrung gemacht, dass schon ein leicht profiliertes Gelände große Unterschiede gerade im Tempolauf ergibt- und das kann einen dann manchmal frustrieren.
lg,
Hanna
Daniel Roth
Hi Hanna, vielen Dank für den Tipp und starkes Tempo! 🙂
Es ist auf jeden Fall gut, wenn man eine flache Runde für den Tempolauf hat – aber es ist auch nicht unbedingt notwendig. Wir sind vor einiger Zeit umgezogen, und eine wirklich komplett flache Strecke gibt es hier nicht (nicht mal 2 km!). Ein Tempolauf in leicht welligem Profil ist aber m.E. genauso effektiv wie im Flachen. Man darf sich dann natürlich nicht so sehr vom Tempo leiten lassen, sondern muss auch die richtige Intensität „erspüren“. Einen Vorteil hat es sogar: Da ja viele Wettkampfstrecken nicht komplett flach sind, hat man im Training ähnliche Bedingungen 🙂
Sportliche Grüße von einem anderen „alten Hasen“ 🙂
Bernd Folger
Hallo liebe Bevegt-TrainerIn, seht mir meine folgende „Meckerei“ bitte nach, aber ich finde sie sehr wichtig. Ihr sprecht auch echte Laufanfänger an und schreibt u.a. über den Maximalpuls – ohne darauf näher einzugehen, obwohl Ihr in anderem Zusammenhang sogar eine Formel(!) nennt. Das halte ich für gefährlich. Nicht alle LeserInnen sind ganz jung, ganz knackig und rundum fit. Und deshalb halte ich den Maximalpuls für extrem wichtig – wenn man diesen ahnungslos überschreitet! Mithin möchte ich empfehlen, darauf noch einmal einzugehen, ihn zu erklären darauf hinzuweisen, dass dieser gesundheits- und v.a. auch altersbezogen beurteilt werden muss.
Herzliche Grüße aus Kiel
Bernd
PS: Nur der Vollständigkeit halber: Bin nicht identisch mit dem bayerischen Triathleten gleichen Namens, obwohl persönlich auch mit Tri- und Mar-Erfahrung
Daniel Roth
Hallo Bernd, vielen Dank für deinen Kommentar und den Hinweis! Ich stimme dir zu, dass sich Laufanfänger und gesundheitlich eingeschränkte Läufer/innen nicht auf eigene Faust daran machen sollten, ihren Maximalpuls zu ermitteln.
Ich habe unter dem Punkt „Macht Tempotraining überhaupt Sinn für mich“ aber die „Zielgruppe“ für meine weiteren Erläuterungen zum Tempotraining schon klar eingegrenzt: nämlich fortgeschrittene Läufer, die bereits eine gute Grundlagenausdauer aufgebaut haben. Ich denke, dass daraus deutlich wird, dass ich einem Laufanfänger oder einem Läufer mit gesundheitlichen Einschränkungen kein Tempotraining empfehlen würde.
Ich bin auch ganz bewusst in diesem Beitrag nicht näher auf Methoden zur Ermittlung des Maximalpulses eingegangen – wobei da für mich nur eine einzige Do-It-Yourself-Methode in Frage kommt, nämlich ein harter Wettkampf oder ein intensives Intervalltraining. Von den bekannten Formeln halten weder Katrin noch ich etwas, und das haben wir eigentlich auch immer so gesagt (bzw. geschrieben).
Viele Grüße
Daniel
Oliver
Hallo Daniel,
sehr guter Artikel über einen wichtigen Trainingsbaustein. Kann Deinen Kommentar nur bestätigen das es auch sehr effektiv ist auf hügeligen Strecken einen Tempolauf zu trainieren. Geht auch in meiner Gegend nicht anders. Auch ein Fahrtspiel bietet sich dann, gerade auch für Tempoanfänger an. Den Erfolg konnte ich am Sonntag bei einem Wettkampf auf flacher Strecke deutlich spüren. Ich war so schnell wie noch nie 😉
Sportliche Grüße
Oliver
Daniel Roth
Hey Oliver, dann bin ich auch für mich selbst mal optimistisch, dass der Umzug in hügeligeres Terrain sich positiv auf meine Laufleistung auswirken sollte 😉 Und Herzlichen Glückwunsch an dich zur neuen Bestzeit!
thomas licht
In Abwandlung des Sprichwortes, dass die Champions des Sommers im Winter gemacht werden, gilt wohl auch, dass die Champions der Ebene aus den Hügeln kommen
Clara
Hallo Daniel,
Danke für Eure Tipps, ich bin mittlerweile eine begeisterte Leserin von Eurem Blog. Nun habe ich eine Frage. Ich bin beim Laufen extrem langsam (8 bis 9 Minuten pro Km)!! Vor kurzem las ich einen Artikel, in dem es stand, dass langsam Laufen wegen der Gelenke sogar schädlich sein kann. Die Autorin empfiehl für die Anfänger, Wechselphasen zu trainieren. Beispielsweise, 3 Minuten mit einem schnelleren Tempo (bis 6 Minuten pro Km, was ich auch nicht schaffe :-)) zu laufen, und dann zu einem Gehtempo für 5 Minuten zu wechseln, den Ablauf 5 bis 6 mal wiederholen. Sie empfiehl Woche für Woche die Dauer der schnelleren Laufphasen zu steigern. Sie riet absolut vor langsamen Laufen ab. Was haltet Ihr davon? Es würde mich sehr interessieren. 🙂 Liebe Grüße!
Sandra
Tolle Seite, ernähre mich schon seit ein paar Jahren vegan und habe vor zwei Monaten mit dem Laufen angefangen und diese Seite hilft mir dabei sehr! Danke für eure Mühe! 😊
Daniel Roth
Das freut uns sehr, Sandra!