Klingt „Tempotraining“ für dich wie ein Wort aus einer anderen Welt? Der Welt der schnelleren, dynamischeren Läufer:innen mit perfekter Körperhaltung, optimalem Laufstil und gesponsorter Laufausrüstung?
Oder hast du dich schon mal am Tempotraining versucht und entschieden, dass dieses konzentrierte Abarbeiten von Kilometer- und Pacevorgaben nichts für dich ist, und der Spaß am Laufen dabei zu kurz kommt?
Dann solltest du ganz dringend alles vergessen, was du bislang über Tempotraining gehört hast, und es mal mit einem Fahrtspiel versuchen. In diesem Beitrag erfährst du, was ein Fahrtspiel ist, warum es dein Lauftraining bereichern kann – und natürlich wie es funktioniert!
Was ist ein Fahrtspiel?
Der Begriff „Fahrtspiel“ kommt aus dem Schwedischen, wo das „Fartlek“ in den 1930er Jahren vom damaligen Leichtathletik-Nationaltrainer Gösta Holmér entwickelt wurde. Fartlek bedeutet „Tempospiel“ und ist genau das: ein Spiel mit dem Tempo (der „Fahrt“).
Im Gegensatz zum Intervalltraining oder zu klassischen Tempoläufen gibt es beim Fahrtspiel in seiner ursprünglichsten Variante keine fest vorgegebenen Geschwindigkeiten und Zeitvorgaben. Es geht einzig und allein darum, während des Laufens immer wieder das Tempo zu wechseln. Wann du wie weit und wie schnell läufst entscheidest du bei einem Fahrtspiel selbst.
Diese für die damalige Zeit revolutionäre Trainingsmethode wird auch heute noch immer von zahlreichen Spitzenläufer:innen eingesetzt. Adharanand Finn beschreibt in seinem Buch Im Land des Laufens* zum Beispiel eine in Kenia sehr beliebte Einheit, die ebenfalls den Charakter eines Fahrtspiels hat: Dabei läuft die gesamte Trainingsgruppe in einem sehr gemächlichen Tempo los, und dann wird die Pace schrittweise und spielerisch immer weiter gesteigert, bis nur noch die schnellsten mithalten können.
Das Fahrtspiel ist aber nicht nur etwas für die besten Läufer:innen der Welt, sondern eignet sich auch perfekt als Einstieg ins Tempotraining. Als nächstes schauen wir uns deshalb an, was die Vorteile des Fahrtspiels sind, und was es von anderen Trainingsformen unterscheidet.
Die Vorteile des Fahrtspiels
Wie bei jeder Form des Tempotrainings geht es auch beim Fahrtspiel darum, den Körper mit neuen Trainingsreizen aus seiner Komfortzone zu locken, um einen Anpassungseffekt hervorzurufen (mehr dazu erfährst du in diesem Beitrag). Im Gegensatz zum Tempolauf und zum Intervalltraining konfrontierst du ihn bei einem Fahrspiel aber gleich mit mehreren Tempostufen – vom lockeren Trab bis hin zum Sprint kann alles mit dabei sein.
Auf diese Weise stellst du deinen Körper in einer einzigen Einheit immer wieder vor neue Herausforderungen: Mal muss er wie beim Intervalltraining im Bereich der VO2max arbeiten, dann wie beim Tempodauerlauf im Bereich der aerob-anaeroben Schwelle oder bei kurzen Sprints im absoluten Maximalbereich. In keiner anderen Einheit kannst du mehr unterschiedliche Trainingsreize und damit auch Abwechslung unterbringen.
Das Fahrtspiel bereitet dich auch sehr realitätsnah auf Wettkämpfe vor, bei denen du kein konstantes Tempo laufen kannst – zum Beispiel weil es immer wieder bergauf und bergab geht, oder weil es an manchen Stellen eng wird und du abbremsen und anschließend wieder beschleunigen musst. Es ist deshalb eine ideale Ergänzung zu Tempoläufen und Intervallen, die häufig auf ebenen, geraden Strecken oder sogar auf der Bahn durchgeführt werden, um optimale Bedingungen zu schaffen (die so im Wettkampf natürlich selten existieren).
Fahrtspiele eignen sich außerdem besonders gut für Läufer:innen, die beim Laufen keinen festen Vorgaben folgen möchten. Das Fahrtspiel ist eine spielerische Form des Laufens und bietet die Vorzüge des Tempotrainings, ohne sich dabei nach Arbeit anzufühlen – ganz im Gegenteil: ein Fahrtspiel kann und soll sogar richtig Spaß machen! Auf der anderen Seite gibt es aber auch Läufer:innen, die sich ohne spezifische Vorgaben für ihr Tempotraining nicht richtig zum schnellen Laufen motivieren können, oder die mit dem intuitiven, spontanen Charakter des Fahrtspiels einfach nichts anfangen können.
Zu welchem dieser beiden Typen du gehörst, kannst du natürlich nur herausfinden, indem du den Selbsttest machst und zu deinem ersten Fahrtspiel aufbrichst! Wie das Ganze funktioniert erfährst du jetzt im letzten Teil dieses Beitrags.
Wie funktioniert das Fahrtspiel?
Weil das Fahrtspiel keine festen Regeln und Vorgaben kennt, können wir dir auch keine genaue Anleitung geben, an die du dich halten kannst. Die grundlegende Struktur ist aber sehr einfach:
1. Warm Up
Du beginnst dein Fahrtspiel mit einem Warm Up: Laufe dich mindestens 10 bis 15 Minuten locker ein, um deinen Kreislauf hochzufahren und deine Muskulatur aufzuwärmen.
2. Freie Tempowechsel nach Gefühl
Jetzt startet der freie Teil des Fahrtspiels, in dem du immer wieder zwischen verschiedenen Tempostufen wechselst. Von sehr locker bis sehr schnell (Sprint) ist alles erlaubt, aber du musst natürlich nicht bei jedem Fahrtspiel alle Tempobereiche abdecken!
Du kannst die Tempowechsel entweder spontan nach Bauchgefühl machen, oder dich an deiner Umgebung orientieren. Wenn du zum Beispiel auf einer hügeligen Strecke läufst, kannst du die Anstiege locker und die Abstiege schnell laufen (bzw. umgekehrt). Oder du wechselst bei jeder Parkbank, Kurve oder Wegkreuzung das Tempo.
Wenn du bei Strava angemeldet bist, dann kannst du auch die bereits vorhandenen Segmente auf deiner Laufstrecke nutzen, um dein Fahrtspiel zu strukturieren. Die Segmente läufst du dann schnell(er), und zwischen den Segmenten läufst du ganz locker und streust vielleicht den ein oder anderen kurzen Sprint ein.
3. Cool Down
Der Tempowechsel-Teil des Fahrtspiels kann je nach deiner Fitness und Lauferfahrung zwischen 10 Minuten und einer Stunde oder sogar noch länger dauern. Anschließend läufst du dich noch ein paar Minuten lang aus, um die Muskulatur zu lockern und von deinem Fahrtspiel-Flow runterzukommen.
Wie immer, wenn du etwas Neues in dein Training einbaust, gilt auch hier: Fang klein an und taste dich langsam heran. Es gibt beim Fahrtspiel kein richtig oder falsch, und deshalb auch kein „zu langsam“ oder „zu kurz“. Das Wichtigste ist, dass du Spaß dabei hast!
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Eine Einheit, die einen automatisch zum Fahrtspiel zwingt, ist das Querfeldeinlaufen. Mir ist es grad Sonntag passiert, dass ein neuer Laufweg plötzlich im Nichts endete und danach ging es über Kuhpfade, über Felsen klettern, Dornenhecken ausweichen, Bäche queren ziemlich wechselhaft vom Tempo weiter. Hat aber irren Spaß gemacht (man muss nur seinem Kopf beibringen, nicht dauernd an die Durchschnittspace zu denken…).
Und das Training ist insofern auch sinnvoll, da man im Wettkampf auch immer wieder mal ausgebremst wird und dann wieder schneller überholt, diese Tempowechsel sind ganz schön fordernd, wenn man sie nicht gewöhnt ist und einschätzen kann, wie der Körper drauf reagiert.
Ja richtig, das Gelände ist natürlich ein toller Sparringspartner für ein Fahrtspiel. Ich finde dass gerade daher häufig das Spielerische kommt: ich orientiere mich beim Fahrtspiel meistens an meiner Umgebung und renne auch mal spontan eine Treppe hoch oder mache einen Umweg, den ich ansonsten nie benutze!
Außerdem liebe ich das Gefühl, einfach mal auf seinen Körper zu hören und ihn laufen zu lassen, wenn er „schneller“ sagt. Das gibt auch eine riesen Portion Selbstvertrauen in das eigene Können. Ich fühle mich beim Fahrtspiel manchmal regelrecht wie eine „Laufmaschine“ 😉
Wer immer nur langsam läuft, wird irgendwann einfach langsam (bleiben). Belastungen müssen trainiert werden, nur so kann der Körper sich darauf einstellen. Mit Fahrtspielen kann man das einfach machen. Super!
So ist es! Und auch für Läufer, die gar nicht unbedingt schneller werden wollen, ist ein Fahrtspiel eine schöne Abwechslung und Auflockerung des Trainings!
Hey
Tolle Idee…nicht das ich sowas nicht schon mal gelesen hätte…aber ich werde es trotzdem mal öfter einbauen, weil macht bestimmt mehr Spaß wie das nervige Intervalltraining das ich einmal die Woche mache…habt Ihr sonst noch einen Tip wie ich für den StrongmanRun nächstes Jahr trainieren könnte?…ja ich habs getan…hab mich angemeldet…uahh hab Schiss…
LG Eva
Hi Eva, yeah – StrongmanRun! 🙂 Ich würde sagen dass ein Fahrtspiel ein super Training für so einen Wettkampf ist… dort wirst du ja aufgrund der Hindernisse viele Tempowechsel haben.
Eine Regel fürs Lauftraining lautet, dass man die Wettkampfbedingungen im Training möglichst realistisch simulieren sollte. Das heißt für den Strongman, dass du ruhig mal Querfeldein laufen oder Mauern hochkraxeln darfst. Alles was dem Strongman ähnelt ist sinnvoll – ich würde das einmal pro Woche machen: Treppen hoch und runter rennen, Tempowechsel, kleine Mauern hoch, über Geländer schwingen usw.
Außerdem würde ich die Armmuskulatur trainieren, denn soweit ich weiß muss man sich beim Strongman ja auch an Hindernissen hochziehen…
Viel Spaß auf jeden Fall beim Training!
Hey danke für die Tips! Werde ich befolgen 🙂 …und Liegestütze und Military Press bin ich auch schon viel am üben, also eigentlich insgesamt mehr Krafttraining.
Das Buch Vegan in Topform ist auch schon bestellt, dann kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen 🙂
Interessante Idee. Ich laufe jetzt seit gut 5 Monaten und bis jetzt laufe ich einfach starr vor mich hin und die Läufe werden zwar immer länger, aber selbst auf kurzen Läufen behalte ich immer die gleiche Pace von 7:00min/km.
Vor solchen Geschwindigkeitsläufen hatte ich bis jetzt immer Angst, weil mein Asthma bei solchen Schwankungen schnell anschlägt. Gestern hat mein Freund mich jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass ich ja früher auch nicht die 9km ohne Asthmaanfall gelaufen bin, die ich vorgestern gelaufen bin. Ganz ohne Probleme. Das Training machts.
Nachdem er das gestern erwähnt hat und ich ihm Recht geben musste habe ich mich heute mal auf eurer Seite auf die Suche gemacht und morgen bei meinem kurzen 5km-Lauf werde ich es testen.
Danke für eure tollen Artikel, die mich immer motivieren und mir Mut machen neues zu probieren.
Hi Janine, ich glaube wenn du Asthma hast könnte das Fahrtspiel genau die richtige Technik für dich sein! Du kannst ja einfach deine Atmung und dein Gefühl das Tempo vorgeben lassen und dich langsam „vorantasten“. Viel Spaß dabei und berichte gerne mal, wie es funktioniert hat!
Hallo Daniel.
Heute war zwar erstmal nur ein Testlauf und ich hatte wirklich Angst davor aber ich bin restlos begeistert. Ich werde es auf jeden Fall regelmäßig im Training einbauen. Ich habe wirklich einfach auf mich selbst gehört, mir keine Ziele gesetzt, sondern einfach gedacht: Jetzt lauf schnell. Und wenn es zu anstrengend wurde bin ich wieder langsamer geworden. Kontrolliert habe ich durch die Atmung. 4 Schritte ein- und ausatmen beim langsamen Lauf und 2 Schritte in den „Sprintphasen“. So habe ich doch glatt die 30 Minuten zum ersten mal unterboten auf 5km. Ich glaube so happy war ich lange nicht nach dem Laufen. Danke für den Tip 🙂
Viele Grüße, Janine
Hey Janine, danke für das tolle Feedback, ich freu mich grade richtig für dich mit 🙂 Liebe Grüße und weiterhin viel Spaß beim flotten Laufen!
Hallo Katrin, hallo Daniel,
vor ein paar Monaten bin ich auf eure Seite gestoßen, als ich online nach ein paar Lauftipps gestöbert habe und muss sagen, ihr habt mich total motiviert! Ich hab mir fast jeden Artikel durchgelesen und vieles beherzigt und in mein Lauftraining integriert- so auch einen einwöchigen Tempolauf, in Form von einem Fahrtspiel. 😉
Ich bin schon immer ein wenig gelaufen, aber nie mehr als so ein halbes Stündchen und auch nur höchstens 2 Mal die Woche, manchmal auch monatelang gar nicht. Seit 2 Monaten hat es mich aber total gepackt und ich trainiere 4 Mal die Woche für meinen ersten Wettkampf: einen 10km-Lauf Anfang März. 🙂
Allerdings habe ich schon immer dieses nervige Problem mit SEITENSTICHEN gehabt und wollte mal fragen ob ihr vllt einen Tip für mich habt. Bei fast jedem Lauf, aber gerade wenn ich schneller werde oder es mal bergauf geht bekomme ich starke Seitenstiche (immer rechts) die sich dann die Schultern hochziehen und bis in den Hals gehen, sodass ich manchmal gezwungen bin aufzuhören (auch wenn ich noch gar nicht so sehr aus der Puste bin). Was mache ich falsch? Atmung? Essen? (Ich esse und trinke eigentlich 2 Stunden vorher nichts mehr) Und vor allen Dingen: Wie mache ich, dass es aufhört? Es ist wirklich wahnsinnig nervig..
Über eine Antwort würde ich mich riesig freuen!!
Ganz liebe Grüße,
Luisa (22)
Hallo Luisa,
freut uns sehr, dass wir dich motivieren konnten.
Zum Seitenstechen: Das ist tatsächlich schwierig, weil niemand so genau weiß, wo Seitenstechen herkommt. Es kann vom Essen kommen (aber da machs du ja schon viel richtig), von der Atmung (versuche, tief ein- und auszuatemen). Anderen hilft es, fest in die Stelle zu drücken, wo es herkommt, aber eine Patentlösung gibt es leider nicht.
Hilft dir das weiter?
Und für deinen 10 km-Lauf im März drücken wir dir alle Daumen!
Viele Grüße
Katrin
Ich bekomme nur Seitenstechen wenn ich abends laufe. Morgens beim Nüchternlauf ist mir das noch nie passiert. Denke es kommt vom Essen.
Hallo..ich schon wieder,
war jetzt seid 4 Wochen nicht mehr laufen…ersten 2 Wochen ZehnOp..und jetzt leider krank..danke das ich vor Sonntag nicht mehr laufen gehe…wie sollte ich am besten wieder Anfangen das laufen…Sonntag ist allgemein mein LLTag…das denke ich kann ich erst mal streichen…hast du ne Idee wie ich schnell wieder vorwärts komme…meine Durchschnittspace lag vor der Pause bei 4:25/km. Bin für jeden Tipp dankbar, auch wenn du Ideen hast wie ich weider machen soll….habe vor Di/Do und So(LLTag) zu trainieren. danke in vorraus.
PS: Wie soll ich den am besten anfangen bzw weider machen…LL,Intervall,Tempolauf..im moment will ich einfach nur laufen…möchte aber nicht das ich gleich einen Muskelkater bekomme wegen der langen Pause!
Herzlichen danke, Alex !!
Hallo zusammen 😎
Ich kombiniere unterschiedliche Geschwindigkeiten beim Laufen gerne mit Musik… entweder ein Lied schnell, das nächste langsam oder einfach im Rhythmus des Songs (hab eher Schnelles in meiner Playlist).
Oder ich zähle die Schritte – 10 schnell, 10 langsam, 20 schnell, 20 langsam bis 100 oder weier und dann wieder rückwärts.
Das ist auch eine klasse Idee, Irene – vielen Dank für den Tipp!
Hallo allerseits,
ich kenne das Fahrtspiel sehr gut und muss sagen ich bin eine riesen Fan davon! Ich persönlich finde auch das Fahrtspiel auf unebenen bzw. ständig wechselnden Gelände super! Das bring 1. eine menge Spaß und sorgt 2. für ein besseres Körpergefühl!
Liebe Grüße
Jahn
Hallo Jahn,
ja klar – im Gelände ist das Fahrtspiel noch mal toller! Nutzen wir auch gerne wenn es möglich ist.
Viele Grüße
Katrin