Erinnerst du dich spontan daran, wann du zum letzten Mal einen „echten“ Spaziergang gemacht hast? Kleine Auffrischung: Ein Spaziergang ist, wenn man ohne einen bestimmten Anlass oder ein konkretes Ziel (Supermarkt, Post, Arbeit) nach draußen geht und dort zu Fuß eine Runde dreht.
Klingt verrückt, ich weiß!
Mein Opa war zum Beispiel ein Spaziergänger. Er hat mich stundenlang im Kinderwagen durch den Park geschoben und mir die Vögel und Bäume erklärt (ich war damals leider noch zu jung, um mir etwas davon zu merken). Oft stand er plötzlich einfach so bei uns im Garten, nachdem er die 7 Kilometer von seiner Wohnung zu uns marschiert war – und zurück ging es dann natürlich auch wieder zu Fuß.
Spazieren gehen ist Out
Und heute? Falls das Spazierengehen irgendwann mal „In“ war, ist es inzwischen total aus der Mode gekommen. Es passt einfach nicht mehr in unsere Zeit.
Heute wollen wir ja alle möglichst produktiv sein und keine Minute des Tages ungenutzt verstreichen lassen. Selbst die Wartezeit an der Bushaltestelle muss mit einem schnellen Facebook- oder Nachrichten-Check überbrückt werden. Einfach nur in der Gegend rumstehen und auf den Bus warten? Wie verschwenderisch!
Wenn wir schon freiwillig nach draußen gehen und uns dort einmal im Kreis bewegen, ohne zwischenzeitlich etwas erledigt oder besorgt zu haben, dann nennen wir das „Laufen“ und tun es, um fit zu werden.
Spazierengehen ist doch nur etwas für Opas. Oder?
Das Spazier-Experiment
Im Januar hatten Katrin und ich uns vorgenommen, jeden Tag einen Spaziergang zu machen. Es war das erste unserer 12 Selbstexperimente für dieses Jahr, über die du hier und hier mehr erfahren kannst.
Die „Regeln“ für diesen Monat waren ganz einfach:
Im Januar nehmen wir uns vor, jeden Tag einen Spaziergang zu machen. Die Dauer ist egal – auch einmal um den Block spazieren zählt (der Gang zum Supermarkt aber nicht, es muss schon ein „echter“ Spaziergang sein).
Nun ist es nicht so, dass wir besonders fußfaul wären – im Gegenteil. Wir gehen fünf bis sechs Mal pro Woche laufen und sind auch sonst viel zu Fuß unterwegs, weil wir uns den Luxus leisten, kein Auto zu besitzen.
Trotzdem wissen wir, dass wir uns als „Schreibtischtäter“ an vielen Tagen zu wenig bewegen, und wollten durch dieses Experiment etwas daran ändern (hör dir dazu auch unsere Podcast-Folge „Mehr Bewegung im Alltag mit Dominik Albrech“ an).
Jeden Tag spazieren gehen: unser Fazit
Hier ist unser Fazit: Es war super! Meistens ist es uns überhaupt nicht schwer gefallen, noch zu unserem Spaziergang aufzubrechen, selbst wenn wir vorher schon laufen waren und unseren Einkauf erledigt hatten (das machen wir immer zu Fuß).
Manchmal haben wir einfach den Weg zum Supermarkt verlängert, oft sind wir direkt nach dem Mittagessen zu einem kurzen „Verdauungsspaziergang“ aufgebrochen oder haben nach einem längeren Lauf den Spaziergang genutzt, um unsere Beine zu lockern.
Nur zwei Mal haben wir unseren Spaziergang ausfallen lassen, weil es gestürmt oder stark geregnet hat. Wir sind aber an beiden Tagen vorher schon gelaufen und haben dann den Spaziergang kurzerhand durch eine Yoga-Einheit ersetzt.
10 gute Gründe fürs Spazierengehen
Wir haben bei unserem Selbstversuch gelernt, dass Spaziergänge keinesfalls eine Zeitverschwendung sind, und wollen jetzt noch öfter als bisher unsere „langsame Runde“ drehen. Und wenn du noch unschlüssig bist – hier sind 10 gute Gründe, warum auch du häufiger spazieren gehen solltest:
#1 Man kann gar nicht oft genug draußen sein
Egal wie viel Zeit du draußen verbringst – der größte Teil unseres Lebens spielt sich heutzutage in geschlossenen, klimatisierten Räumen ab. Wir sollten deshalb jede Gelegenheit nutzen, nach draußen zu gehen, um frische Luft zu atmen, den Wind in den Bäumen rauschen zu hören und die Sonne auf unserer Haut zu spüren.
#2 Bewegung tut gut
Und damit ist nicht nur intensives Training gemeint. Einfach mal kurz rausgehen und den Armen und Beinen erlauben, ihre Schreibtisch-Computer-Standard-Haltung zu verlassen und frei hin und her zu schwingen. Ein Spaziergang löst Verspannungen und regt die Durchblutung an!
#3 Ein Spaziergang ist der beste Problemlöser
„Sobald sich meine Beine bewegen, beginnen meine Gedanken zu fließen.“ Das hat der amerikanische Schriftsteller Henry David Thoreau schon im 19. Jahrundert erkannt, und es stimmt noch immer: Wenn wir spazieren gehen finden wir Lösungen für Probleme, über die wir uns vorher tagelang am Schreibtisch den Kopf zerbrochen haben.
#4 Ein Spaziergang regt die Kreativität an
Siehe Punkt 3: Wir finden beim Spazieren nicht nur Lösungen für hartnäckige Probleme, sondern haben dabei auch unsere besten Ideen. Die Bewegung und die vielen Sinnesreize bei einem Spaziergang regen unsere Kreativität an und helfen uns, aus festgefahrenen Denkmustern auszubrechen.
#5 Ein Spaziergang kann beim Einschlafen helfen
Schlafprobleme hängen häufig auch damit zusammen, dass unsere „innere Uhr“ aus dem Takt gekommen ist, die vor allem durch den Wechsel von Licht (Tag) und Dunkelheit (Nacht) gesteuert wird. Wenn wir uns den ganzen Tag nur in geschlossenen Räumen bei dämmrigem Kunstlicht aufhalten, kann sie nicht optimal funktionieren.
Ein täglicher Spaziergang bei Tageslicht ist deshalb auf jeden Fall einen Versuch wert, wenn du abends oft nicht einschlafen kannst. Die Mittagspause eignet sich dafür ideal, denn am frühen Nachmittag ist es draußen am hellsten.
#6 Ein Spaziergang steigert die Konzentration und verschafft dir einen klaren Kopf
Wenn du schon mal mehrere Stunden am Stück an einer Aufgabe gesessen hast, kennst du das Gefühl: Irgendwann lässt die Konzentration rapide nach, du wirst fahrig und lässt dich immer leichter ablenken. Wir brauchen regelmäßige Pausen, um fokussiert arbeiten zu können, und ein Spaziergang ist der perfekte „Pausenfüller“ – anschließend wirst du dich frisch fühlen und wieder einen klaren Kopf haben.
#7 Beim Spazierengehen produziert dein Körper Vitamin D
Unser Körper kann das lebenswichtige Vitamin D zwar selbst herstellen, aber das funktioniert nur, wenn Sonnenlicht auf deine nackte Haut fällt. In den hellen Monaten von April bis September kannst du schon mit einem 15-minütigen Spaziergang in kurzer Kleidung deinen täglichen Bedarf an Vitamin D decken.
#8 Ein Spaziergang ist echte „Zeit für dich“
„Zeit für mich“ ist heutzutage ein kostbares Gut, denn unsere Terminkalender sind oft vollgepackt bis zum Rand, und wir hetzen von einem „To Do“ zum nächsten. Ein Spaziergang kann deine tägliche Auszeit vom Alltag sein und dir echte „Zeit für dich“ verschaffen: Ohne Smartphone, Facebook und Co. – dafür nur du und deine Gedanken.
#9 Spazierengehen senkt das Risiko für viele Zivilisationskrankheiten
Unzählige Studien zeigen, dass Bewegung die wahrscheinlich beste Medizin aller Zeiten ist: Sie ist kostenlos, hat praktisch keinerlei Nebenwirkungen und wirkt nachweislich bei fast allen bekannten „Zivilisationskrankheiten“ – von Krebs über Osteoporose bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen und chronischen Schmerzen. Je höher du sie dosierst, desto besser. Ein Spaziergang ist ein guter Anfang!
# 10 Spazierengehen macht glücklich
Das ist unser rein subjektiver Eindruck, und wir werden jetzt auch nicht nach einer Studie suchen, um das zu belegen (obwohl wir mit großer Wahrscheinlichkeit eine finden würden). Unser Tipp: Probier es doch einfach mal aus und entscheide dann selbst!
Unser Experiment im Februar: Ein Monat ohne Koffein
Nach diesem erfolgreichen Start in unser Jahr der Selbstexperimente geht es im Februar mit der nächsten Herausforderung weiter: Wir werden in diesem Monat auf unsere heißgeliebte Tasse Kaffee am Morgen verzichten, und auch keinen grünen oder schwarzen Tee trinken.
Der Start hat überraschend gut geklappt, und natürlich werden wir anschließend berichten, wie es uns dabei ergangen ist!
Kleiner Hörtipp, es gibt auch „Spaziergangsforschung“: https://detektor.fm/gesellschaft/antritt-spaziergangsforscher-bertram-weisshaar
🙂
Es gibt wirklich nichts, was es nicht gibt. Hab grade mal reingehört – lustiger Typ 🙂
Und immer dabei, mein Thera – Band.
Früher Fußball und Kampfsport dann noch Bodybuilding und Mountainbike.
Heute gibt es für mich nichts schöneres als meine 10.000 Schritte in der Natur inklusive ein paar Grundübungen mit dem Thera – Band.
Das ist eine gute Idee, Guntram – wobei ich im Moment bei der Kälte höchsten Respekt habe 🙂
Viele Grüße, Katrin
#11 Bewusstes Spazieren lässt die Welt mit anderen Augen entdecken
…das „ging“ zumindest mir so, denn ich habe Eure Challenge als Anlass genommen, an rund 20 Tagen im Januar spazieren zu gehen, von ein paar Minuten bis zwei Stunden, je nachdem, was sich anbot. Da waren auch Strecken dabei, die ich wöchentlich gehe, allerdings ohne Fokus auf den Spaziergang als solchen. Nun sind mir vor allem im Stadtbild manchmal Details ins Auge gefallen, die vorher unbemerkt blieben. Eurer Liste kann ich ansonsten nur zustimmen – und danke für das mir bislang unbekannte, schöne Thoreau-Zitat. Das kopiere ich mal… 🙂
Sehr schöne Ergänzung, die ich so auch bestätigen kann! Es ist schon erstaunlich, wie unsere Wahrnehmung arbeitet.
#11: Beim Spazierengehen kann man als Paar einfach mal ins Blaue reden und/oder entspannt zuhören. Wir fühlen uns dann oft sehr innig.
Und dann einfach mal Arm in Arm in der Wintersonne stehen bleiben und die warmen Sonnenstrahlen im Gesicht genießen 🙂
ich gehe täglich mit meinem hund spazieren dabei schau ich mir an was er sich anschaut heute haben wir ca, 5min eine amsel beim baden in einer pfütze beobachtet ich sehe beim spazierengehen andere dinge als beim laufen. beim laufen andere als beim radfahren. tut alles sogut . viel spaß noch für 2018
@Petra, Jasmin und Kerstin – ich sehe schon: Wenn uns irgendwann mal völlig die Motivation flöten gehen sollte, müssen wir ernsthaft darüber nachdenken, uns einen Hund zuzulegen 😉
Vielleicht passt es nicht hier rein, aber genau aus diesem Gründen habe ich mir einen Hund zugelegt. Das ist immer eine Aufforderung für einen Spaziergang. Den Hund habe ich jetzt seit einem Jahr, das heißt seit einem Jahr gehe ich plötzlich 1,5-3 Stunden am Tag spazieren, je nach Zeit. Wo ich vorher dachte ich hab keine Zeit für bestimmte Dinge, passt jetzt sogar täglich 2 Stunden Spazieren gehen in den Alltag. Ich muss sagen ich genieße jeden Spaziergang – schön, dass ihr das auch ausürobiert habt. 🙂
Täglich gehe ich mit meinem Hund in Feld, Flur und Wald spazieren. Ich kriege den Kopf frei, lausche der Natur und entspanne. Egal was für Wetter oder welche Jahreszeit ist. Dem Regen zuhören, sich dem Sturm entgegen stemmen, Sonnenstrahlen genießen, das Laub rascheln hören oder der knirschende Schnee unter den Füßen. Für mich ist das die schönste Zeit des Tages.
Wir haben gerade wieder festgestellt, dass bei uns im Dorf kaum einer spazieren geht, echt schade. Mein Freund und ich sind zum Glück beide mit Spazierengehen groß geworden und ich möchte es nicht missen. Ich wurde als Kind aber auch nicht überall mit dem Auto hingefahren. Dann dauerte es halt mal etwas länger. Es muss am Wochenende auch nicht immer animiertes „Programm“ geben wo man nur mit dem Auto hinkommt, sondern sich einfach mal die Umgebung genauer anschauen und treiben lassen. Ich bin gerne „out“ und es ist ein schönes Kontrastprogramm zu immer schneller immer weiter etc…..
Hallo Corinna,
genau so sehen wir das auch, und es ist schön zu sehen, dass es noch viele andere Leute gibt, die gerne spazieren gehen!
Viele Grüße
Katrin
Hallo! Kleines Gedicht zum Thema Spazieren, Hund und Gesundheit!
Herzliche Grüße vom Spaziergänger Martin (der sich auch jeden Tag von seinem Hund ausführen lässt! )
Ein „Nachtgebet“ von Eugen Roth
***
Du führst – gesund, schier neiderregend –
Den Hund spazieren in der Gegend
Und liest, am nächsten Straßeneck,
Ein Schild, dass zu der Heilkunst Zweck
Sich kürzlich nieder hat gelassen
Ein Arzt, vertretend alle Kassen,
Drei Häuser weiter – und schon wieder
Ließ praktisch sich ein Arzt hier nieder.
Du wanderst friedlich hundert Schritte:
Sieh an! Da ist ja schon der dritte!
Gleich nebenan schwingt ein Professer
als vierter sein Chirurgenmesser.
Ein fünfter treibts hals-nasen-öhrlich,
und noch ein sechster Röntgen-röhrlich.
Ein siebter operiert nur plastisch,
Ein achter macht’s mehr heilgymnastisch. –
Wobei wir die gar nicht erwähnen,
Die helfen möchten Deinen Zähnen. –
Du gehst – wie schon bemerkt, gesund –
Nach Hause still mit Deinem Hund
Und schließt, im Bett noch abends spät,
Sie alle in Dein Nachtgebet:
Sie möchten – Dich nur ausgenommen! –
Zu Patienten reichlich kommen.
Danke Martin, genau so sieht es aus 🙂
Ich habe seit Jahren während des Laufens Schmerzen unterhalb des Fußes. Dazu kommen Schmerzen im äußeren Kniebereich (tractus iliotibialis Friktionssyndrom oder runner’s knee) und noch äußere Hüftschmerzen, aufgrund dessen, weil ich das Knie irgendwann schone.
Es ist sicher nicht schwer nachzuvollziehen, dass das Motivation kostet, ständig mit Schmerzen zu laufen. Praktisch ab km 1 ging das Ganze los.
Ich habe nun nach der Lektüre „Born To run“ von Christopher McDougall das erste Mal von Mittel-/Vorfußlaufen gehört und das Anfang Januar mit dem passenden Schuhwerk ausprobiert.
Was soll ich sagen, ich habe „nur“ noch den Schmerz unter dem Fuss. Die andern beiden Phänomene sind weg. Ich möchte keine Werbung für irgendwelche Produkte machen, aber dieses Selbstexperiment für den Januar hat mich in meinen Marathonplänen dem Ziel ein großes Stück näher gebracht!
Heute bin ich 32 km gelaufen – Ohne Schmerzen! Der Unterfußschmerz fing erst nach 28 Km an, und selbst da nur in abgeschwächter Form.
Da ich seit Januar auch vegetarisch lebe und dank eurer tollen Rezepten leckeres Essen esse, fühle ich mich körperlich \sportlich\seelisch so gut wie noch nie!
Hey Patrick, das freut mich wirklich sehr, dass du jetzt vielleicht eine Lösung für deine Schmerzprobleme gefunden hast! Und für „Born to Run“ darfst du hier ruhig Werbung machen – das ist ein klasse Buch und wir empfehlen es auch immer wieder gerne.
Ich hatte ja übrigens auch längere Zeit mit ITBS/Runners Knee zu kämpfen und bin es mit zwei Kräftigungsübungen losgeworden, die ich in diesem Beitrag vorstelle: https://www.bevegt.de/laeuferknie-itbs/
Vielleicht kennst du ihn ja noch nicht.
Ich wünsche dir weiterhin alles Gute und viel Spaß und Erfolg beim Marathontraining!
Daniel
Spazierengehen ist top ! Während die anderen eine rauchen oder am Arbeitsplatz im Internet surfen, nutze ich meine Mittagspause für einen Spaziergang. Damit bekomme ich den Kopf frei, frische Luft in die Lungen und der Körper freut sich über etwas Bewegung nach dem langen Sitzen.
Das mit dem Koffein hab ich vor ein paar Jahren schon mal ausprobiert (für 6 Wochen oder so), es hat tatsächlich einige Tage gedauert, bis ich den Kaffee nicht mehr vermisst habe.
Ich habe realisiert, dass mir meine 2 Kaffee am Tag einfach gut tun und bleibe schon seit Jahren bei der gleichen Menge und genieße es mehr und viel bewusster als vor meinem Experiment.
Hallo Alexandra,
das mit dem Koffein geht mir auch so – wobei es bei mir jetzt 2-3 Tassen pro Woche sind, aber die genieße ich wirklich und freue mich immer sehr drauf!
Viele Grüße
Katrin