Du musst keinen großen Aufwand betreiben um dich davon zu überzeugen, dass du in einer Gesellschaft des Überflusses lebst:
Gehe in einen beliebigen Supermarkt und staune über 17 verschiedene Müslismischungen, 5 Sorten Naturjoghurt oder die zu jeder Jahreszeit prall gefüllte Gemüse- und Obsttheke.
Doch unser Luxus wirft Probleme auf: Erstens können wir einen großen Teil dieses Angebots gar nicht konsumieren – die Hälfte der Lebensmittel in unseren Supermärkten landet auf dem Müll.
Zweitens – und darum soll es in diesem Beitrag gehen – müssen wir aus diesem Angebot eine Auswahl treffen. Wir müssen Lebensmittel, die gut für uns sind, von denen unterscheiden, die uns schaden.
Wir brauchen Orientierung.
Wir brauchen Regeln, an die wir uns halten können, wenn wir unsere Einkaufswagen durch Supermarktgänge navigieren. Doch unsere beliebtesten Ernährungsregeln – FDH, Trennkost, Low-Carb etc. – scheinen nicht zu funktionieren:
Obwohl wir niemals besser über Nährstoffe, Energiebilanzen und den Stoffwechsel Bescheid wussten als heute sind wir weniger leistungsfähig als jemals zuvor. Wir leiden an Übergewicht, Herzinfarkt, Bluthochdruck und Diabetes – an Krankheiten, die eng mit unserem Lebensstil und unseren Essgewohnheiten zusammenhängen, und die wir deshalb „Zivilisationskrankheiten“ nennen.
Was sollen wir essen?
„Was sollen wir essen?“ Wir können uns der Antwort auf diese Frage annähern, indem wir einen Blick in die Vergangenheit werfen.
Für den größten Teil ihrer Existenz auf der Erde haben sich die Menschen nämlich keine Gedanken darüber gemacht, welche Lebensmittel sie zu sich nehmen sollten und welche nicht. Trotzdem haben sie überlebt – und das ohne moderne Medizin, ohne Bypässe, Betablocker und Insulinspritzen.
Dann ereigneten sich zwei Revolutionen:
- Vor etwa 10.000 Jahren wurden die Menschen sesshaft. Aus Jägern und Sammlern wurden Ackerbauer und Viehzüchter, und plötzlich stand Getreide und die Milch anderer Säugetiere auf unserem Speiseplan.
- Vor etwa 200 Jahren haben industrielle Methoden Einzug gehalten in die Herstellung von Lebensmitteln. Seitdem konsumieren wir vieles nicht mehr in seinem natürlich vorkommenden Zustand. Stattdessen nehmen wir stark verarbeitete Erzeugnisse zu uns – künstlich haltbar gemacht, mit Geschmacksverstärkern und synthetischen Aromen an unsere Vorlieben angepasst.
Die Folge: In einem in evolutionären Dimensionen verschwindend kurzen Zeitraum haben wir uns weit von der Lebens- und Ernährungsweise unserer Vorfahren entfernt.
Hier setzt die sogenannten Paleo- oder Steinzeit-Diät an, die seit einiger Zeit vor allem in den USA einen Boom erlebt. Das Prinzip ist einfach: Unsere Körper haben sich im Laufe ihrer hunderttausendjährigen Entwicklungsgeschichte an ihre Umwelt angepasst. Die Antwort auf die Frage „Was sollen wir essen?“ lautet daher – so die Anhänger der Paleo-Diät – „Das, was unsere Vorfahren vor mehr als 10.000 Jahren gegessen haben!“
Auf den Punkt gebracht – Die Paleo-Diät
Hier kommt die schlechte Nachricht für Vegetarier und die noch schlechtere Nachricht für Veganer: Ein beträchtlicher Teil dessen, was unsere Vorfahren vor mehr als 10.000 Jahren gegessen haben, war vermutlich tierischen Ursprungs. Schauen wir uns die Grundzüge der Paleo-Diät genauer an:
- Erlaubt sind: Fleisch von frei lebenden Tieren, Fisch, Eier, Obst, Gemüse, Kräuter, Pilze, Nüsse sowie roh genießbare Knollengewächse wie z.B. Süßkartoffeln. Als Getränke kommen ausschließlich Wasser und Kräutertees in Frage.
- Verboten sind: alle Milchprodukte, alle Getreide (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Reis, Mais, Dinkel) und Pseudogetreide (Quinoa, Amarant, Buchweizen), Hülsenfrüchte (Bohnen, Erbsen, Linsen) und stärkehaltige Knollengewächse wie z.B. Kartoffeln. Außerdem alle industriell verarbeiteten Lebensmittel – inklusive Haushaltszucker und Alkohol.
Für Ausdauersportler, insbesondere für solche, die gerne weniger tierische Lebensmittel zu sich nehmen oder gänzlich darauf verzichten wollen, ist das im wahrsten Sinne des Wortes schwere Kost.
Denn zum einen fällt mit den Getreideprodukten eine (gerade für Läufer) wichtige Quelle komplexer Kohlenhydrate weg. Zum anderen bleibt nahezu jede pflanzliche Eiweißquelle außen vor: weder Sojaerzeugnisse (Sojamilch, Tofu, Tempeh) noch Hülsenfrüchte oder Vollkornprodukte dürfen verzehrt werden.
Wer sich vegetarisch ernähren will, es gleichzeitig aber nicht fertig bringt, seinen Eiweißbedarf ausschließlich über Eier zu decken, für den ist die Paleo-Diät schlichtweg nicht machbar.
Paleo – Licht und Schatten
Was gefällt an der Steinzeiternährung? Ich persönlich mag die rationale Herangehensweise des Konzepts: Wenn wir etwas über uns selbst lernen wollen ist es prinzipiell eine gute Idee, auf unsere Evolutionsgeschichte zurückzublicken. Außerdem ist Paleo nicht bloß eine weitere Crash-Diät, sondern eine Empfehlung für einen dauerhaften Lebensstil – noch ein Pluspunkt.
Und schließlich werden viele Vegetarier und Veganer mit den Steinzeitköstlern darin übereinstimmen, dass Obst, Gemüse und natürlichen statt industriell verarbeiteten Lebensmitteln ein besonderer Stellenwert in unserer Ernährung zukommen sollte.
Neben diesen positiven Aspekten weist die Paleo-Diät aber auch eine ganze Reihe von Problemen auf. Die häufigsten Kritikpunkte sind:
- Unsere Vorfahren hatten einen wesentlich höheren Kalorienumsatz als wir – sie gingen auf die Jagd und legten auf der Suche nach Nahrung große Strecken zurück. Wenn wir uns nach der Paleo-Diät ernähren ohne unseren Lebensstil entsprechend zu ändern nehmen wir deutlich zu viele Kalorien zu uns.
- Die Lebenserwartung eines Steinzeitmenschen wird auf etwa 25 Jahre geschätzt. Das ist zwar kein Argument gegen die Paleo-Diät (viele weitere Faktoren spielen hier eine Rolle), spricht aber auch nicht unbedingt für ihre Überlegenheit gegenüber anderen Ernährungsformen. Dass die Menschen damals alt genug wurden, um sich fortpflanzen zu können, muss nicht heißen, dass ihre Ernährung optimal war – sie kann auch bloß die unter den damaligen Bedingungen bestmögliche (in anderen Worten: die am wenigsten schlechte) gewesen sein.
- Die Paleo-Diät weist einen sehr hohen Anteil an tierischen Fetten und Eiweißen auf – beide werden mit Krankheiten wie z.B. Krebs und Diabetes sowie mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht.
- „DIE“ Steinzeiternährung gibt es nicht. Die Entwicklung der Gattung Homo erstreckt sich über viele hunderttausend Jahre. In dieser Zeit haben die Vorfahren des modernen Homo sapiens in verschiedenen Klimazonen gelebt und folglich Zugang zu unterschiedlichen Lebensmitteln gehabt.
- Viele der vergleichsweise „jungen“ Lebensmittel wie Getreide und Hülsenfrüchte haben sich inzwischen durchaus bewährt! Reis zum Beispiel ist in Asien seit tausenden von Jahren ein Grundnahrungsmittel – und die asiatischen Kulturen sind für ihre hohe Lebenserwartung bekannt.
- Vor 10.000 Jahren lebten vermutlich etwa 5 Millionen Menschen auf der Erde. Heute sind es mehr als 7 Milliarden – es ist unmöglich, die gesamte Weltbevölkerung auf Basis der Steinzeitkost zu ernähren, da die Produktion von Fleisch extrem ineffizient ist und enorme Ressourcen verschlingt. Wenn man die Nachhaltigkeit einer Ernährungsform als Kriterium für deren Güte heranzieht ist das ebenfalls ein Argument gegen die Paleo-Diät.
Und dann wäre da natürlich noch die Sache mit den Tieren. Ich lebe vegan, weil ich glaube, dass Tiere nicht für die Befriedigung nicht-essenzieller menschlicher Bedürfnisse existieren. In einer weiteren, wesentlichen Hinsicht unterscheiden wir uns nämlich von unseren steinzeitlichen Vorfahren:
Wir können uns dafür entscheiden, keine tierischen Produkte zu konsumieren.
Die Menschen der Steinzeit konnten das nicht – sie wären verhungert.
Was hältst du von der Paleo-Diät? Hast du eine bestimmte Ernährungsphilosophie? Schreib einen Kommentar und verrate uns deine Meinung!
Jane
Cool, schön erklärt! Ich würde noch ergänzen: Das Fleisch von heute ist nicht das gleiche Fleisch wie damals (Qualzuchten, Wachstumshormone, Antibiotika). Der gesundheitliche Wert ist also schon allein deshalb nicht vorhanden.
Außerdem wprde ich bezweifeln, dass wir immer noch so gut an die damalige Ernährungsweise angepasst wären,wir haben uns ja auch weiterentwickelt und können Milch verdauen etc.
Daniel
Mit deinem Einwand zum Fleisch hast du absolut Recht! Streng genommen müsste man selbst auf die Jagd gehen und Wild erlegen. Das macht aber von den heutigen Steinzeitköstlern vermutlich kaum jemand.
Eben in einer Doku auf 3sat gesehen: Paleo-Anhänger läuft auf die SB-Theke zu und erklärt dabei, dass wir nur das essen sollten, was den Menschen in der Steinzeit schon zur Verfügung gestanden hat. Sprichts und legt eine Packung eingeschweißte Schnitzel in den Einkaufswagen.
Was die „Weiterentwicklung“ des Menschen betrifft bin ich etwas anderer Meinung als du. Die Evolution läuft sehr langsam ab – 10000 Jahre sind da nichts. Viele Menschen haben zum Beispiel eine Unverträglichkeit gegenüber Laktose und Gluten… das deutet meines Erachtens schon darauf hin, dass die Milch nicht-menschlicher Säugetiere und Getreide keine „optimalen“ Lebensmittel für den Menschen sind. Sie funktionieren, aber sie können auch Probleme bereiten.
Jane
Seh ich genau umgedreht: Da es inzwischen auch genug Menschen gibt, die das vertragen (obwohl es offenbar nicht ursprünglich optimal war) sehe ich da eine gewisse Anpassung, i.e. Weiterentwicklung. Dass einige sie vertragen, bedeutet aber nicht, dass wir es auch zu uns nehmen sollten. Da sind wir uns wieder einig 🙂
Daniel
Ich denke, die meisten Menschen haben Milch und Getreide von Anfang an vertragen – also seit ihrer Einführung in unsere Ernährung vor ca. 10000 Jahren. Denn wenn diese Lebensmittel für unsere Vorfahren unverträglich gewesen wären, hätten sie sich nemals durchgesetzt – wer Kuhmilch getrunken oder Getreide gegessen hätte, hätte dann nämlich einen Nachteil gegenüber denjenigen gehabt, die das nicht taten. Und das war ja offensichtlich nicht der Fall, denn sonst wären wir bei der Steinzeiternährung geblieben und hätten das mit der Milch und dem Getreide unter „Experiment gescheitert“ verbucht 🙂
Jane
Meinst du, dass die Menschen immer so vernünftig waren? 😀 Vielleicht hat es ihnen einfach nur geschmeckt auch wenn sie danach Durchfall hatten. Ich meine, die Menschen sind dumm genug, Alkohol zu trinken, zu Rauchen oder Drogen zu nehmen und das auch schon 3000 v. Chr.
Naja, ok, urzeitlich ist das nicht…dann hast du bestimmt Recht 🙂
Jonas
Vielleicht haben die Menschen damals alle Laktose nicht verdauen können. Der Vorteil trotzdem Milch zu trinken lag dann an der Alternative sonst zu verhungern. Dann lieber etwas Durchfall in Kauf nehmen. Es ist ja nicht so, dass man als „Laktoseinteoleranter“ an Milch stirbt.
Daniel
Ich meine, dass die Menschen vor 10000 Jahren gezwungenermaßen vernünftig waren, weil Unvernunft damals ein kurzes Leben und keine Nachkommen bedeutete. Deshalb müssen Milch, Getreide und Co. schon damals gut genug funktioniert, d.h. wenigstens keinen Überlebensnachteil dargestellt haben. Genaugenommen müssen sie sogar besser funktioniert haben als das Jagen und Sammeln – denn sonst wären die Menschen dabei geblieben. Vor 3000 Jahren war das schon anders – da konnte man in der Regel auch mit einem weniger gesunden Lebensstil Nachkommen produzieren 🙂
rascal
Hmm…da muss ich kurz widersprechen. Ich bin zwar kein Fan der Paleo-Diät, weil ich dann keine Hülsenfrüchte mehr essen dürfte und (Fleisch mag ich nicht), aber wenn man sich damit befasst, wird dort darauf verwiesen, dass man nur „gesundes“ Fleisch essen soll. Also von Weidekühen etc. also biologisch und nicht abgepackt aus der Kühltheke für 6 Euro das Kilo.
Ich finde die Ansätze der Ernährung nicht verkehrt und gerade was Getreide und Zucker und Milchprodukte angeht, findet sich vieles davon auch in veganer und basischer Ernährung wieder. Aber letzteendlich ist mir Paleo zu sehr eingeschränkt.
Marcus
Ich habe mal einen guten TV Bericht darüber gesehen und fand die Idee spannend, dass unser Körper sich noch nicht umgestellt hat.
Andererseits denke ich das Problem der „modernen Ernährung“ liegt eher in der Industrialisierung (Massenverarbeitung etc.) und den Zusatzstoffen.
Also möglichst Nahrungsmittel essen die möglichst wenig verarbeitet wurden, bzw. möglichst wenig Inhaltsstoffe enthalten.
Daniel
Hallo Marcus, ich sehe es ganz ähnlich wie du!
Die Industrialisierung der Lebensmittelproduktion in den vergangenen 150 Jahren hat viele Probleme hervorgebracht – zum einen natürlich für die Tiere (Stichwort Massentierhaltung), aber auch für die Menschen. Billig-Lebensmittel und Fertiggerichte führen in meinen Augen zu einer Entfremdung zwischen uns und unserer Nahrung: Wir interessieren uns nicht mehr dafür, was in unserem Essen steckt, wo es herkommen und wie es hergestellt wurde.
Das ist schlecht!
Marcus
Nicht nur das! Wir verlieren doch auch ganz massiv an Qualität! Tomaten aus dem eigenen Garten schmecken doch ganz anders als die aus dem Supermarkt. Und Erdbeer Joghurt hat nun nichts mehr mit Erdbeere zu tun!
Daniel
Stimmt! Jetzt glaub ich, dass ich einen Garten brauche 😉
Nina
Also was die Ernährungsgrundsätze angeht… da muss ich ein Wenig widersprechen: Buchweizen zum Beispiel ist erlaubt, denn dies ist kein Getreide, sondern ein Knöterichgewächs. Man kann sich an die einfache Regel halten: Überall wo Gluten drin sind wird weggelassen (zuzüglich Reis, wobei das auch variiert). Genausowenig wie es DIE STTEINZEOTERNÄHRUNG nicht gab, gibt es auch DIE PALEO-ERNÄHRUNG nicht. Sie variiert ein wenig, Wenige essen Milchprodukt, einige Reis oder Kartoffeln.
Auch wird der Fleischkonsum bei Weitem nicht so exzessiv betrieben wie hier dargestellt wird. Schließlich war auch in der Steinzeit nicht jeden Tag Massen-Fleischfressen angesagt. Und von den heutigen modernen Steinzeitvölkern kann man auch lernen, dass es die ausschließlichen Fleischfresser gibt, zum Beispiel du Inuit, genauso wie die in den Regenwäldern lebenden Völker, die sogut wie nie Fleisch verzehren.
Eingehen möchte ich auch noch auf den angeblich sehr hohen Kalorienverzehr: Das stimmt keineswegs. Wo sollen die vielen Kalorien denn auch herkommen? Zugenommen hat mit Paleo sicher noch niemand. Soviel kann man garnicht essen. Was steckt denn schon drin, im Obst und Gemüse? und ab und an mal Eier und etwas Fleisch, das macht sicher nicht dick.
Abschließend möchte ich noch kuz zusammenfassen: In der Paleo-Ernährung wird alles vermieden, wovon man eingeutig weiß, dass es dem Körper schadet: Milch (Milcheiweißallergie und Laktoseunverträglichkeit sind sehr verbreitet, ca. 2% der Weltbevölkerung vertragen beides), Getreide (Zöliakie ist auch verbreiteter als man denk und hat die Ursache in den Anti-Nährstoffen des Getreides) sowie alle erdenklichen Zusatzstoffe, die nicht bei Otto-Normalverbraucher in der Küche zu finden sind.
Und alles was verzehrt wird sollte einem hohen Standart entsprechen, heißt Bio oder Selbstgezüchtet ist zu bevorzugen.
Daniel
Hallo Nina, vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und die Anmerkungen!
Die Kritikpunkte an der Paleo-Diät habe ich aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Die meisten davon halte ich für theoretisch gut nachvollziehbar. Ich gebe aber zu, dass ich nicht so tief in der Materie drinstecke, als dass ich im einzelnen beurteilen könnte, ob sie tatsächlich zutreffen. Da hilft dein Kommentar (und offensichtlich auch deine Erfahrung mit dieser Ernährungsweise) auf jeden Fall!
Mein eigener Kritikpunkt Nummer Eins an Paleo ist natürlich die Verwendung tierischer Lebensmittel – ganz egal ob Bio oder nicht. Ich bin mittlerweile der Ansicht, dass wir uns bei der Wahl unseres Lebens- und Ernährungsstils nicht nur von der „Gesundheitsfrage“ leiten lassen sollten. Wir müssen auch die Auswirkungen unserer Konsumentscheidungen auf andere Lebewesen und auf unsere Umwelt berücksichtigen.
Es geht also darum, eine Ernährung zu finden, die uns einerseits gesund bleiben lässt und die andererseits so wenig „Schaden“ wie möglich anrichtet. Und ich glaube, dass die vegane Ernährung der Paleo-Diät in dieser Hinsicht um einiges voraus ist (auch wenn Paleo mit Bio-Lebensmitteln definitiv ein riesiger Schritt in die richtige Richtung ist).
Viele Grüße!
Ulli
Moin,
ich finde deinen Artikel recht spannend, ich habe aber dazu einige Ergänzungen und Anmerkungen:
– Insgesamt gibt es aus der frühen Evolutionsgeschichte nur eine winzige Handvoll von Funden, die oft mehrere hunderttausend Jahre auseinander liegen. Erst in den letzten 30000 Jahren wird die Funddichte etwas höher.
– Folglich lässt sich aus der Zeit der Menschwerdung kaum eine belastbare Aussage über die Lebenserwartung oder genaue Ernährungsweise treffen. Zwar lässt sich einiges aus Fossilien ablesen, grobe Altersschätzungen sowie Abschätzungen des Ernährungszustandes oder zumindest die Häufigkeit schwerer Hungerperioden aber auch verheilte Knochenbrüche können bei gutem Zustand und ausreichend vielen Funden getroffen werden. Um statistisch belastbar zu sein (Abschätzungen der Lebenserwartung) sind jedoch schon deutlich mehr Funde nötig.
– Eine regelmäßige Lebenserwartung von 25 Jahren ist allerdings recht fraglich, da diese Spanne kaum ausreicht, um Kinder großzuziehen. Die durchschnittliche Lebenserwartung berechnet sich aber immer unter Einbezug der (mutmaßlich hohen) Kindersterblichkeit: Sterben 50% der Kinder vor dem ersten Lebensjahr und werden die restlichen 50% 50 Jahre alt, landen wir auch bei einer Lebenserwartung von 25 Jahren und dennoch wird ein großer Teil der Leute wesentlich älter. Inwieweit es belastbare Daten aus den letzten 20-30000 Jahren gibt, weiß ich allerdings nicht. Angeblich soll jedoch die Lebenserwartung im Zuge der Sesshaftwerdung zunächst abgenommen haben.
Beides sagt jedoch wenig bis nichts über die Vor- oder Nachteile einer bestimmten Diät aus: Risiken wie Unfälle, Krankheiten, kriegerische Auseinandersetzungen, Jagd- oder Ernteausfälle dürften einen bedeutenden Einfluss auf die Lebenserwartung gehabt haben – die gesündeste Ernährung nutzt gar nichts, wenn die Ernte verdorrt, das Dorf weggeschwemmt wird oder ein halbes Dutzend junge kräftige Menschen bei einem Unfall ums Leben kommen und der Rest dann im Winter verhungert.
– Die Ernährung prähistorischer Jäger- und Sammlergesellschaften ist noch spekulativer als die durchschnittliche Lebenserwartung. Erstens sprechen wir hier über einen Zeitraum von etwa 2 Millionen Jahren, eine Vielfalt von Klimazonen und Klimabedingungen und zweitens hinterlässt die Ernährung noch geringere Spuren als vieles andere. Fernwaffen (Speerspitzen, Pfeile etc.) tauchen jedenfalls erst ausgesprochen spät in der Menschheitsgeschichte auf. Alle nahen Verwandten des Menschen leben fast oder überwiegend vegetarisch (oder vegan). Was letztendlich der Motor der Menschwerdung war ist mitnichten geklärt. Es gibt einige Argumente für die Theorie, dass tierische Proteine hier eine Rolle gespielt haben. Diese können jedoch ebensogut aus Insekten, Vogeleiern, Fischen und Kleintieren gekommen sein, denn diese sind leicht verfügbar. Zumindest zwei der vier genannten kommen seltsamerweise in der Paleodiät nicht vor, ebensowenig wie Innereien, Knochenmark, etc..
Wenn schon ursprünglich, dann bitte Maden im Wald sammeln und nicht Muskelfleisch im Supermarkt kaufen!
– Es gibt keine Belege dafür, dass Grassamen (Getreide), stärkehaltige Nahrungsmittel oder Hülsenfrüchte keinerlei Rolle in der prähistorischen Ernährung gespielt haben. Bereits vor ca. 30000 Jahren wurden wohl bereits Rohrkolbensamen vermahlen und zu einer Art Brot verbacken. Auch entstammen alle unsere Kulturpflanzen ja Wildformen, die sicher schon vor der Zucht konsumiert wurden (sonst hätte wohl kaum jemand das Zeug angebaut). Der Anteil dieser Lebensmittel mag allerdings deutlich geringer gewesen sein als heute.
– Die Berufung auf angeblich ursprünglich lebende Jäger-und-Sammler-Gesellschaften ist verfehlt. Weltweit betrachtet schwankt in diesen Gesellschaften der Anteil tierischer Nahrung von knapp über Null (einige Jäger- und Sammlergesellschaften in warmen Regionen ernähren sich weitgehend pflanzlich) bis fast hundert Prozent (Inuit). Alle genannten essen gegebenenfalls alles von einem Tier und oft auch so ziemlich alle Tiere (wenn es keine religiösen Vorschriften dagegen gibt). Gemeinsam ist diesen Gesellschaften das weitgehende Fehlen von Zivilisationskrankheiten – vielleicht ist das verbindende Element aber eher die Tatsache, dass sich alle diese Leute wesentlich mehr bewegen als die durchschnittlichen Bewohner_innen der Industriestaaten und weniger Zucker und stark verarbeitete Nahrungsmittel konsumieren. Folgern ließe sich daraus: Die genaue Ernährung ist möglicherweise fast egal, wenn alle notwendigen Stoffe aufgenommen werden und ausreichend viel Bewegung dazu kommt. Außerdem sind Menschen offenkundig extrem anpassungsfähig was ihre Ernährung angeht – die fehlende Spezialisierung ermöglicht das Überleben in fast allen Klimazonen. Insofern mag eine vegane oder vegetarische Ernährung nicht der „Urnahrung“ der Menschwerdung entsprechen, das heißt aber noch lange nicht, dass sie deshalb ungesund ist – oder unter den in westlichen Staaten üblichen Lebensbedingungen nicht sogar gesünder, als viele andere Ernährungsformen.
– Nur angeblich ursprünglich sind diese Jäger- und Sammlergesellschaften deshalb, weil verkannt wird, dass sie eine ebenso lange Kulturgeschichte durchlaufen haben wie die BewohnerInnen westlicher Industriestaaten. Veränderungen der Lebensweise sind durchaus häufig: Die !Kung-Buschleute haben offenbar noch vor einigen hundert Jahren als sesshafte Bauern oder zumindest in wesentlich fruchtbareren Gegenden gelebt, bis sie in die Kalahari verdrängt wurden. Das Symbol der „Indianer“ schlechthin für uns, die Prärieindianer, sind eine Gesellschaftsform, die nur wenige hundert Jahre in dieser Form existierte – zwischen der Inbesitznahme der Pferde durch die entsprechenden Gruppen bis zur Zerstörung ihrer Lebensweise durch die weißen Siedler. Davor lebten diese Gesellschaften als halbsesshafte Jäger-Sammler-Ackerbauern am Rande der Prärie.
Der Verweis auf angeblich natürlich lebenden „Völker“ ist leider oft nur wenig mehr als der gute alte Kolonialrassismus — heute heißt es halt „ursprünglich“ und nicht mehr „primitiv“
– Im Gegensatz zu den Behauptungen hat in den letzten 30000 durchaus einiges an genetischer Anpassung auch an unsere Ernährung statt gefunden (Laktoseabbau, Entgiftung von pflanzlichen Abwehrstoffen), einiges haben Menschen durch Bearbeitung (Kochen, Backen, Vergären/ Fermentieren) gelöst. Dass nicht alle Menschen diese Nahrungsmittel vertragen, heißt ebenfalls nicht, dass sie deshalb ungesund sind (dafür braucht es mehr und andere Argumente – gegen reinen Zucker ist niemand allergisch, gesund ist trotzdem was anderes).
Fazit: Die Paleodiät beruht eher auf einer projizierten Steinzeitphantasie als auf harten Fakten. Ihre Anhänger werden sich davon trotzdem nur schwer überzeugen lassen. Die Frage, woher sie so genau wissen, was unsere fernen VorfahrInnen gegessen haben, darf ihnen aber durchaus mal gestellt werden.
Ich stimme dir zu, dass diese Ernährungsform schon faktisch nicht einmal für einen Großteil der Menschheit funktionieren kann. Und ja, heute können wir in den westlichen Ländern uns tatsächlich für die eine oder andere Ernährungsform entscheiden (allerdings haben weltweit nicht alle Menschen diese Wahl) — und eben auch dagegen, Tiere zu essen (oder das zumindest drastisch einzuschränken). Es gibt jedenfalls einiges, was dafür spricht und genug Belege dafür, dass ein gesundes veganes oder tierproduktarmes Leben machbar ist.
PS: Als Einstieg zum Thema „was wissen wir eigentlich über die Menschwerdung“ sind die Texte von Sigrid Schmitz interesant, z.B.: „Jägerinnen und Sammler. Evolutionsgeschichten zur Menschwerdung.“
In: Ebeling, Smilla; Schmitz Sigrid (Hg.):
„Geschlechterforschung und Naturwissenschaften. Einführung in ein komplexes Wechselspiel.“
Daniel
Hallo Ulli,
wow – vielen vielen Dank für deine ausführlichen und sehr interessanten Anmerkungen!
Ich habe mir die Freiheit genommen am Ende des Artikels auf deinen Kommentar zu verweisen, denn ich habe damals bei meiner Recherche nur an der Oberfläche der verschiedenen Aspekte gekratzt und insbesondere die Kritikpunkte an Paleo lediglich wiedergegeben, ohne mich eingehender damit zu befassen. Dein Kommentar bring da sehr viel Licht ins Dunkel!
Ich persönlich versuche mich inzwischen weitestgehend aus den „welche Ernährungsweise ist die gesündeste“-Diskussionen rauszuhalten. Wie du ja auch schreibst, ist es offensichtlich, dass Menschen mit verschiedensten Lebensstilen alt werden können… das zu bestreiten, wie es immer mal wieder aus diversen Lagern getan wird, ist meines Erachtens wenig sinnvoll.
Viele Grüße,
Daniel
Ulli
Moin Daniel,
danke fürs Veröffentlichen – habe erst nach dem Abschicken realisiert, wie lang das geworden ist. Leider habe ich für viele Aspekte spontan keine Quellen zur Hand,. Grundsätzlich habe ich welche, da ich schon länger zu naturalisierenden oder biologistischen Erklärungsansätzen arbeite, wenn auch nicht mit dem Schwerpunkt Ernährung, das Ganze zu belegen bräuchte aber etwas. Zur Paleodiät habe ich aber diesen Fachartikel gefunden:
[Link entfernt, da Seite nicht mehr verfügbar]
Welche Ernährung gesund oder ungesund ist diskutiere ich schon manchmal, oft aber unfreiwillig – das wird Vegetarier_innen und Veganer_innen ja gerne aufgezwungen, leider auch von Ärzt_innen). Problematisch ist aber eben dieser Bezug auf die angebliche Evolutionsgeschichte des Menschen, denn bestimmte Ansätze bekommen damit einen quasiwissenschaftlichen Anstrich (und gelten damit für Lai_innen eher eher als nicht diskutierbare Wahrheit denn als zu diskutierende und be- oder widerlegbare Theorie). Insofern ist eine kritische Auseinandersetzung grundsätzlich sinnvoll.
Lara
Bevor ihr meinen Kommentar lest, muss ich euch sagen, dass ich nicht besonders viel Ahnung habe und weit davon entfernt bin, mich in dieses Thema eingelesen zu haben. Ich selber bin Vegetarierin (aus ethischen, nicht gesundheitlichen Gründen) und bin immer noch sehr unglücklich über meine Ernährung, weswegen ich angefangen habe, mich u.a. auch über Paleo zu informieren, wobei ich vermutlich eher zum Veganismus übergehen werde.
Was ich mich frage… Der Mensch wurde im Laufe der Evolution immer älter. Die Konsequenz daraus: er wurde auch immer kränker! Das Land in dem die Menschen am ältesten werden, ist auch das Land indem die Krebsrate am höchsten liegt. Was wollt ihr eigentlich? Wollt ihr NOCH älter werden? Reichen ca 80 Jahre denn nicht??? Der menschliche Körper ist unglaublich! Guckt euch an, was die Menschheit für Gift tagtäglich in sich reinstopft und der Körper kann das alles mitmachen, macht sogar die extremsten Ernährungen mit ohne zu mucken. Wohin soll paleo also führen? Wollt ihr euch besser fühlen? Glaubt ihr nicht, dass da ne „normale“ ausgewogene Ernährung mit ner menge gemüse und obst, ohne irgendnen fastfood-scheiß dafür noch ner schönen runde sport am tag ausreicht?
ich meinen kommentar wirklich nicht als kritik, ich möchte einfach nur schlauer werden 🙂
Daniel
Hallo Lara,
ehrlich gesagt werde ich aus deinem Kommentar nicht so richtig schlau – an wen richtet sich denn deine Kritik? Weder ich noch Ulli haben Paleo verteidigt, sondern ganz im Gegenteil die Schwachpunkte dieser Ernährungsphilosophie aufgezeigt.
Ich finde den Ansatz grundsätzlich gut, auf unsere Vergangenheit zu schauen, um zu verstehen, wie wir und unsere Körper im Hier und Jetzt ticken. Das macht einfach Sinn. Ich würde die Paleo-Diät aber definitiv niemandem empfehlen, weil auch ich aus ethischen Gründen keine tierischen Produkte konsumiere und mittlerweile sicher bin, dass wir weder Fleisch noch Milch noch Eier usw. benötigen um ein gesundes und aktives Leben führen zu können. Die vegane Ernährung ist deshalb mein Favorit, weil es eine Ernährung ist, die uns alles gibt was wir brauchen und die gleichzeitig so wenig Schaden an anderen Lebewesen und der Erde anrichtet wie möglich. Wir stehen also beide auf der gleichen Seite, denke ich.
Und was die Sache mit dem Alter betrifft: Ich mag mein Leben und wenn ich bei guter Gesundheit 100 Jahre alt werden kann wäre mir das lieber als wenn ich „nur“ 80 Jahre alt werden kann. Daran ist doch nichts falsch, oder? Dass in Gesellschaften mit hoher Lebenserwartung die Krebsraten am höchsten sind lässt sich übrigens auch mit der Evolutionstheorie erklären, aber das ist ein anderes Thema 🙂
Urech Paul
Hallo
das ist alles schön und gut. Nur ist ein hoher Fleischkonsum in der heutigen Zeit nicht mehr haltbar. Sehr grosse Anbauflächen und ein grosser Energieverbrauch. Wenn alle Menschen in der Zukunft ernährt werden sollen, wird wohl eine vegetarische Kost die Lösung sein. Sehr viele Menschen auf der Welt haben keinen Zugang zu Fleisch. Ich bin selbst kein Vegetarier, mache mir aber schon Gedanken darüber.
Gruss von Paul
Alexander
Tja, nach Paleo und Low-Carb kommt dann wohl die sog. Soylent-Green-
Ernährung. Soll eine ideale Nährwertzusammensetzung haben. Oder so.
Alexander
Torsten M. Groschupp
Hallo,
ich ernähre mich Low Carb mit Paleo Tendenz – ich hoffe ich werde hier nicht gelyncht – ich esse Fleisch – mit steigender Tendenz von Tieren die ich von klein auf mit Namen kenne.
Da ich viel in Asien bin ist es mir nicht fremd Insekten zu essen – und es schmeckt mir. Hochwertiges Protein leicht zu erzeugen und es werden keinerlei Antibiotika, Pestizide … benötigt um einen wirtschaftlichen Ertrag zu erzielen.
Eine Möglichkeit viele Menschen zu ernähren ohne das riesige Anbauflächen nötig sind … . Wenn da nicht der Ekel in vielen Gesellschaften wäre – hat eine Nordseekrabbe ein ansprechenderes Gesicht als eine Heuschrecke – das ich die Krabbe als Delikatesse verzehre?
Daniel Roth
Hallo Torsten, gelyncht wirst du hier nicht, aber allzuviel Gegenliebe solltest du dir auch nicht versprechen. Es mag ja sein, dass Insekten eine Möglichkeit zur Proteinversorgung der steigenden Bevölkerung in Entwicklungsländern sind, aber DU könntest dich doch sicherlich auch ohne Probleme vegan ernähren. Ergo: Du isst Tiere und trägst damit zu Tierleid bei, ohne dass du dazu gezwungen wärst. Den Tieren ist es dabei egal, ob du ihren Namen kennst oder nicht. Niemand stirbt gerne.
Torsten M. Groschupp
Das ich die Tiere von klein auf … soll ein provokatives Sinnbild für die gute Aufzucht eines Bauern sein zu dem Vertrauen besteht durch eine persönliche Beziehung. Hühner die in der dunklen Jahresphase nicht durch Scheinwerfer animiert werden wie gewohnt zu legen oder mit sog. Legefutter (Getreide) dazu gezwungen werden häufig zu ovulieren. Beim Menschen gibt es im übrigen ebenfalls Östrogendominanz bei hohen Verzehr von Kohlenhydraten – mit dem Resultat höheres Brustkrebsrisiko.
Ich habe Menschen kennengelernt die Tücher vor dem Mund tragen um kein Insekt beim einatmen umzubringen – kein angenehmer Tod eingeatmet und dann bei lebendigen Leib von Säure zersetzt zu werden.
Hier in Deutschland habe ich noch niemanden gesehen der dies macht – es gibt also immer einen Bereich wo die Konsequenz nicht weiter betrieben wird – auch bei Veganern.
In Thailand – das ja nun weiß Gott schon lange kein Entwicklungsland mehr ist (für Leute die es aus dem Fernsehen oder der Journaille kennen ist es das) und in dem weniger Menschen unterhalb der Armutsgrenze Leben als in Deutschland – werden Insekten zu einem gewissen Teil als Proteinquelle genutzt. Ich kann da nur sagen positiv fortschrittlich – es würden Unmengen von Problemen die Wir und Tiere heute haben lösen.
Jascha
Ob Paleo, Vegetarisch oder Vegan sollte jeder für sich selbst entscheiden!
Wichtig ist, dass man sich „natürlich“ und nachhaltig ernährt.
Die Industrialisierung, Bearbeitung (Vergiftung) der Lebensmittel und übermäßige Verzehr von Kohlenhydrate sind meiner Meinung nach das Problem.
Der Mensch ist und bleibt ein Allesfresser. Aber ob ich mein Protein nun aus Fleisch, Fisch, Ei oder Soja zu mir nehme ist meinem Körper theoretisch egal. Ob ich es mit meinem Gewissen vereinbaren kann, ein Säugetier, ein Insekt, ein Fisch oder eine Pflanze zu essen bleibt nur mir überlassen.
Dennoch ist es ein sehr interessantes Thema, welches immer für Stoff für Diskussionen bereithalten wird.
Als aktiver Radsportler komme aber auch ich nicht ganz um Kohlenhydrate herum, aber wann ich wieviele KH zu mir nehme, kann ich in der heutigen Zeit zum Glück selbst bestimmen. Und auch Welche!
Dennoch probiere ich 2x Fleisch und 2x Fisch pro Woche zu essen.
Natürlich nachhaltig! Verseuchtes Massentierhaltungsfleisch sollte niemand konsumieren. Genauso wenig, wie die Gen-Tomate oder die im Supermarkt käufliche Zuckerlösung welche als „Erdbeer-Joghurt“ deklariert ist.
Was früher als konventionelle Nahrung gallt, wird nun als Bio angepriesen; Heute gillt leider die Industrienahrung und Massentierhaltung als Standart.
Ich könnte jetzt noch weiter ausschweifen, was Resourcenausbeute, Kunssttoffe, Klimawandel, C0²-Bilanzen, Atommüll und sonstigen „Planeten tötenden Murks“ angeht; aber dass würde den Webspace sprengen und ist passt hier nicht rein.
Meiner Meinung nach, ESST WAS IHR WOLLT, aber bitte nachhaltig!
Daniel Roth
Hi Jascha, was das Thema „natürlich und nachhaltig“ essen betrifft bin ich ganz deiner Meinung. Ich verstehe aber nicht, was es an Kohlenhydraten auszusetzen gibt. Das ist doch wieder bloß so ein Diät-Trend. Heute sinds die bösen Fette, morgen die bösen Kohlenhydrate, und dann das böse Protein. Du sagst es ganz richtig: der Mensch ist ein Allesfresser – wir können Proteine, Kohlenhydrate und Fette verwerten und wenn ich mich nicht irre ist es wissenschaftlicher Konsens dass alle drei zu einer ausgewogenen Ernährung dazugehören.
Was das Thema „jeder soll essen was er will“ betrifft bin ich als ethischer Veganer natürlich ganz anderer Meinung als du. Wenn wir fühlende Lebewesen nicht essen müssen um zu überleben, dann sollten wir es auch nicht tun.
nina
hallo,
danke für den beitrag.
ich selbst ernähre mich nach 10 jahren essstörung nun „paleo“ oder primal. das heißt ich verzichte auf körner, zucker und weitestgehend auf milchprodukte. obst, fisch, fleisch, gemüse, meeresfrüchte, öle, fette und nüsse „darf“ ich bedenkenlos essen. für mich steht vor allem der „low carb“ gedanke im hintergrund der paleo diät. als essgestörter ist es schwer, bestimmte lebensmittelgruppen zu essen, deswegen habe ich mich mit der „Paleo“ lebensweise selbst ausgetrickst. studien zeigen, dass die kombination fett+protein für fettverbrennung sorgen, kohlenhydrate+fett werden hingegen schnell eingelagert und man nimmt zu. zu wissen, dass ich protein, gemüse und fett essen kann, ohne dabei zuzunehmen, beruhigt mich und sorgt dafür, dass ich überhaupt lebensmittel zu mir nehmen kann. wenn ich kuchen oder brot essen will, muss ich rezepte finden, in denen keine körner vorkommen, so setze ich mich mit lebensmitteln auseinander und finde alternativen, lerne so den bezug zum essen wieder neu. meiner meinung nach macht das paleo-prinzip wirklich sinn. zumal beim fleisch-konsum auch auf bio-qualität, wild oder grass-fed produkte geachtet wird!
grüße,
nina
Daniel Roth
Hallo Nina, danke dir für deinen Kommentar! Ich finde es beeindruckend, dass du so offen über deine Essstörung berichtest und freue mich natürlich für dich, dass du mit Paleo eine Möglichkeit gefunden hast, wieder „besser“ zu essen und das Essen „neu zu lernen“, wie du es ausdrückst.
Ich bin ja in erster Linie aus ethischen Gründen vegan, also weil ich meinen Beitrag zum Leid in der Welt minimieren möchte, um es mal etwas pathetisch auszudrücken. Ich bin generell kein Fan davon, eine bestimmte Ernährungsform bzw. Diät in den Himmel zu loben und eine andere zu verdammen, jedenfalls wenn es ums Thema „Gesundheit“ geht. Das gilt für vegane Ernährung genauso wie für Paleo. Mit beiden kann man sicherlich gesund sein, wenn man es richtig macht.
Mir persönlich ist die Paleo-Diät aber zu „egoistisch“, weil sie die ethische Seite der Ernährung völlig außer Acht lässt – und bio hin oder her, kein Tier stirbt gerne. Deshalb ist für mich die vegane Ernährung die beste Lösung, weil sie mir einerseits alles gibt was ich brauche um gesund zu sein, und andererseits viel weniger Leid (für Tiere und Menschen) verursacht als Paleo oder jede beliebige andere Ernährungsform, die tierische Lebensmittel enthält.
Zurück zu deiner ganz persönlichen Situation: Ich denke, dass man als Mensch immer zuerst mal an das eigene Wohlergehen denken muss. Ich würde deshalb nie auf die Idee kommen, dir vorzuwerfen, dass du tierische Lebensmittel isst. Gleichzeitig wünsche ich dir aber, dass du deinen Weg hin zu mehr „Normalität“ im Umgang mit Essen weiter gehen und vielleicht auch irgendwann deine Ängste z.B. vor Kohlenhydraten hinter dir lassen kannst. Sie bringen uns nicht um und machen auch nicht zwangsläufig dick – ich weiß das aus eigener Erfahrung 🙂
Viele Grüße und alles Gute für dich!
Daniel
Maurice
Ich finde die Thematisierung des Artikels sehr gut, allerdings den Inhalt etwas zu knapp für dieses Thema bemessen.
Auch stimme ich mit den Grundsätzen teilweise nicht überein!!!
Schaut euch mal http://www.urgeschmack.de/ an, da wird die Steinzeit-Ernährung ausführlicher beschrieben.
Daniel Roth
Hallo Maurice, ich habe unter diesem Artikel ja inzwischen schon so einige Diskussionen geführt und meine Sichtweise bezüglich Paleo konkretisiert. Ich ernähre mich aus ethischen Gründen vegan – ich möchte mit meiner Lebensweise möglichst wenig Leid bei anderen Lebewesen verursachen. In dieser Hinsicht ist vegan paleo überlegen. Ansonsten gibt es sicherlich viele Gemeinsamkeiten zwischen der veganen und der paleo Ernährung – ich weise nicht von der Hand, dass an dem Konzept „Paleo“ sicher vieles richtig ist (ich finde es z.B. sinnvoll, in die Vergangenheit zu blicken, um unsere biologische Gegenwart zu verstehen), aber mir fehlt dabei schlichtweg der ethische Aspekt.
Ich kann mit veganer Ernährung gesund und fit sein und lecker und abwechslungsreich essen, ohne dass dafür Tiere geschlachtet oder gequält werden müssen – und deswegen ist das für mich der richtige Weg.
Ulli
Na, hier ist ja einiges an Diskussion passiert, seit ich das letzte Mal hier vorbeigeschaut habe.
Als kleine Empfehlung (nicht nur zu Paleodiät):
Blog eines veganen Paleontologiestudenten (englisch): paleovegan.blogspot.de
Schon die Grundthese der Paleodiät über die angeblich fehlende Anpassung ist definitiv falsch.
In den letzten 10000 Jahren gab es einige hundert genetische Veränderungen, von denen mindestens zwei mit Ernährung zu tun haben: Die in bestimmten Regionen verbreitete Fähigkeit, Laktose nach der Säuglingszeit zu verdauen und eine Vervielfachung des Gens für Amylase (Enzym zum Stärkespalten) und damit einhergehend eine erhöhte Konzentration im Speichel und eine gegenüber anderen Menschenaffen wesentlich effizientere Stärkeverdauung. Kochen spielte möglicherweise schon beim Homo Erectus eine wesentliche Rolle (und damit wurde auch im Rohzustand giftige Nahrung erschließbar). Es gab also sehr wohl einige Anpassungen und die zielen darauf, Nahrung effizienter zu verwerten. Ansonsten können Menschen innerhalb sehr weiter physiologischer Grenzen mit einer Vielzahl von Ernährungsweisen mindestens lange genug überleben, um Nachkommen großzuziehen — alles andere ist evolutionär gesehen ziemlich egal.
Und hier hakt es gewaltig bei der Begründung von Paleodiät und co: Hauptmotivation, sich mit einer Umstellung der Ernährung zu beschäftigen ist neben Gesundheit allgemein meist der Wunsch abzunehmen — kaum etwas, das Steinzeitmenschen beschäftigt haben dürfte. Zum Abnehmen können Paleodiät, Vollwertkost oder Ernährung mit hohem Rohkostanteil aber gleichermaßen funktionieren:
Die Energiegewinnung aus Eiweiß ist nämlich genau wie die Verdauung von Rohkost oder Lebensmitteln mit hohem Ballaststoffanteil ineffizienter (weil die Verdauung bzw. die Nutzung aufwendiger ist), als die von Weißmehl, gekochten Lebensmitteln etc.. Da die wenigsten Menschen heute noch den halben Tag durch die Gegend rennen um anschließend in einer schlecht beheizten Hütte oder Höhle zu frieren, ist es für heutige Menschen in der westlichen Welt durchaus sinnvoll, sich eher von Lebensmitteln mit geringerer Energiedichte zu ernähren. Außerdem schließen Paleodiät, Vollwert- und Rohkost gleichermaßen stark verarbeitete Lebensmittel und Zucker in großen Mengen aus. Bestimmt nicht das dümmste, wenn man gesund bleiben will.
Mit evolutionär begründetet Ernährung hat das allerdings ziemlich wenig zu tun. Wer in die Vergangenheit starrt, um dort Anleitungen für heute zu finden, sieht oft genug nur die eigenen Projektionen.
Und gesund sind Ernährungsweisen mit einem hohen Fleischanteil höchstens für diejenigen, die sie praktizieren, nicht aber für die Menschen in armen Ländern, Umwelt, Klima und nicht zuletzt die betroffenen Tiere.
Wenn Menschen aber mit einer Vielzahl an Ernährungsweisen gesund und schlank bleiben können, spricht nichts dagegen, diejenigen auszuwählen, die auch dem Rest des Planeten gut tun.
Astrid
In vielen Kommentaren lese ich immer wieder etwas über Fleisch und die damit auftretenden Probleme. Kann es sein, dass die meisten hier den Artikel nicht genau genug gelesen haben, um zu sehen, dass nur das Fleisch frei lebender Tiere erlaubt ist? Nix mit im Supermarkt eingeschweißte Schnitzel kaufen usw. Um frei lebende Tiere zu erlegen, muss man entweder tatsächlich selbst jagen oder vom Förster seines Vertrauens kaufen. Wenn es also nur um Tiere geht, die nicht extra als Nutztiere gezüchtet/gehalten werden, dann kann das auch keine negativen Auswirkungen für die Menschen in armen Ländern, die Umwelt und das Klima haben.
Wer legt eigentlich die Kriterien für Paleo-Ernährung fest? Wo steht, ob man Fleisch von irgendwelchen Tieren oder nur von freilebenden Tieren essen darf? Haben die Steinzeitmenschen Tiere gehalten?
Ich hoffe, jemand hier kennt sich aus und kann mir diese Fragen beantworten.
Leela
Hallo! Ich bin Steinzeitlerin und möchte zu deinem (übrigens sehr guten) Artikel etwas ergänzen. Dass bei Paleo viel Fleisch gegessen wird, ist ein Mythos. Es gibt auch vegetarisch Paleo. Ich selbst bin übrigens Paleo-Teilzeit-Vegetarierin; esse sehr wenig Fleisch. Auch Milchprodukte sind nicht gänzlich verboten, sie sollten nur möglichst naturbelassen, sprich: aus Rohmilch und am besten fermentiert sein. Der größte Irrglaube in diesem Artikel aber ist, dass wir Paleoaner Supermarkt-Fleisch essen! No way! Billigfleisch aus Massentierhaltung ist ebenso verboten. Wir essen ausschließlich Biofleisch von weidegefütterten Tieren. Diese kaufen wir entweder im Bioladen, wenn die Herkunft bekannt ist, oder direkt beim Bauern des Vertrauens. Wir bevorzugen wir Ihr regional und saisonal und wie Veganer sind wir sehr an Umweltschutz interessiert. Es gilt auch möglichst wenig oder am besten gar nichts aus dem Supermarkt zu kaufen, um die Großkonzerne mit ihren Billigwaren und ihrer Raffgier auf keinen Fall zu unterstützen! Regional kaufen wir auch darum, weil wir nichts wollen, dass schon um die halbe Welt gekarrt worden ist. Fertigprodukte, total überzuckerte Cornflakes oder FastFood sollte eigentlich jeder Mensch meiden, wenn ihm seine Gesundheit am Herzen liegt.
So und nun zum Getreide: Ich gebe Dir recht! Ich selbst bin begeisterte Ausdauersportlerin und es ist in der Tat schwierig, genügend Kohlenhydrate aufnehmen zu können mit Paleo. Allerdings auch hier: keine Regel ohne Ausnahme. Für aktive Sportler ist in der Paleo-Ernährung weißer Reis durchaus erlaubt. Da ich ja wie oben erwähnt Teilzeit-Veggie bin, vermisse ich natürlich den Tofu sehr. Die Veggischnitzel und -Plätzchen (auch damals schon ohne Zucker ohne Zusatzstoffe) habe ich sehr sehr gemocht. Aber vor allem Käse liebe ich – doch auch da gibt es keine Regel ohne Ausnahme. Rohmilchkäse ist erlaubt. Es ist tatsächlich so, dass es keine wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass Getreide dem Menschen schadet, jedoch hat sich mein Gesundheitszustand extrem verbessert, seit ich auf Getreide verzichte. In Sachen Industrie-Zucker sind wir uns alle einig: Finger weg! Ganz schlimm finde ich, dass uns der Zucker in allem Möglichen untergejubelt wird. Die Zuckermafia lässt herzlichst grüßen. Und die Hülsenfrüchte: Ich persönlich denke NICHT, dass die schädlich sein sollen, es handelt sich schließlich um Naturprodukte. Da kann man sich dafür oder dagegen entscheiden, wie man möchte, die Theorie mit den Antinährstoffen ist wissenschaftlich ebenso wenig belegt wie die Schädlichkeit von Getreide.
Ich glaube eh nicht, dass es ein „one nutrition fits all“ gibt, das ist von Körper zu Körper verschieden. Ich kann nur von mir sagen, dass mir die Paleo-Ernährung unglaublich gut tut. Mir ist dabei sehr klar, dass viele der Thesen wissenschaftlich nicht haltbar sind, aber es ist mein Körper, der mir sagt, ich bin auf dem richtigen Weg. Das muss aber nicht für jedermann gelten.
Den größten Nachteil in der Paleo-Ernährung sehe ich allerdings vor allem in der mangelnden Alltagstauglichkeit. Ich finde es immer wieder interessant, dass dies auf keiner Paleo-Kritiker-Seite erwähnt wird, obwohl es eigentlich der größte Negativpunkt überhaupt ist! Nicht nur alle pflanzlichen Proteinquellen und viele Kohlenhydratquellen fallen weg, sondern auch alles, was schnell geht! Schnell ein Joghurt, ein kleiner vor allem kalorienarmer Snack, ohne vorher in der Küche gestanden zu haben? Vergiss es! Wer Paleo in seinen Berufsalltag integrieren will, der muss sorgfältig planen, viel selbst kochen und herstellen und somit schon einen Teil seiner Freizeit opfern. Vollzeitberufstätige kommen sehr schnell mal ins Schleudern. Das ist der Hauptgrund, warum ich bei Paleo durchaus mal fünfe grade sein lasse und zum Quark, Joghurt oder einem Bio-Salamisnack greife.
Ein weiterer Kritikpunkt sind die Kaloriengehalte der Paleo-Mahlzeiten! Da können sehr schnell mal 700-1.000 Kalorien, also 1/3 bis die Hälfte unseres Tagesbedarfs in einer Mahlzeit zusammenkommen. Paleo arbeitet mit viel Fett. Auch das viele Fett verträgt nicht jeder, darauf wird nicht eingegangen. Nein, viel Fett ist nicht DIE natürliche Ernährungsweise des Menschen, es gibt solche, denen speiübel davon wird.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich finde Deinen Artikel sehr gut und obwohl ich Paleoanerin bin, stimme ich Dir in vielen Punkten voll zu, denn den Kohlenhydratmangel habe ich am eigenen Leib erfahren.
Mein Fazit: Paleo ist eine gute Richtilinie, die man aber nicht religiös befolgen muss. Das Beste daran ist der Verzehr von naturbelassenen Lebensmitteln, regional und saisonal, nicht nur die Gesundheit, auch die Umwelt profitiert und wer aus ethischen Gründen die geldgierigen und wachstumsgeilen Großkonzerne auf keinen Fall unterstützen möchte, ist auch bei Paleo richtig. Mein größter Kritikpunkt ist, dass es sehr schlecht in einen Vollzeit-Berufsalltag integrierbar ist, weil die meisten schnellen Snacks und -Mahlzeiten wegfallen. Vielbeschäftigten kann ich nur raten, da fünfe gerade sein zu lassen. Aber Billigfleisch ist auch bei Paleo ein ABSOLUTES TABU und sollte auch für ALLE Menschen ein Tabu sein! In dem Sinne: (fast) steinzeitliche Grüße. :))
Daniel Roth
Hallo Leela, vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar – sehr spannend deine Sichtweise zur Paleo-Ernährung zu lesen!
Ich denke auch, dass die Paleo-Ernährung vieles richtig macht, und wenn du dich gut damit fühlst, dann umso besser.
Aber wie ich schon in einem anderen Kommentar geschrieben habe, denke ich heute, dass wir bei der „Beurteilung“ einer Ernährungsweise den ethischen Aspekt nicht mehr außen vor lassen sollten, also: Welche Auswirkungen hat diese Ernährung auf das Wohlergehen anderer Lebewesen? (siehe hier: https://www.bevegt.de/paleo/#comment-897)
Und eine zweite Frage, die nicht unerheblich ist: Könnte diese Ernährungsweise alle Menschen auf der Welt ernähren? Wenn sie es nicht kann (und das sehe ich bei Paleo so), dann ist sie vielleicht okay als persönliche Entscheidung für Menschen, die sich diesen Luxus leisten können – also z.B. wir in Deutschland mit viel Geld und gut sortierten Supermärkten.
Als potenzielle Lösung für das Ernährungs- und Ressourcenproblem der Welt scheidet sie hingegen aus.
Viele Grüße
Daniel
Leela
Hallo Daniel. Das Ernährungs- und Ressourcenproblem ist hochkomplex und die wahren Gründe sind in der Ausbeutung der armen Länder durch die reichen- zu suchen sowie die Ausbeutung der Entwicklungsländer durch die Großkonzerne (empfehle dazu: „Wir lassen sie verhungern“ von Jean Ziegler). Essen wäre eigentlich genug da: für ALLE. Nur sind eben manche Interessengruppen gar nicht an einer gerechten Verteilung interessiert. Beispielsweise könnte man in den armen Ländern die regionalen Bauern durchaus mit technischen Hilfsmitteln unterstützen, damit sie genug ernten könnten: no Interesse! Die regionalen Märkte werden ebenfalls durch den Export zerstört. So exportieren hiesige Konzerne zum Beispiel alle Teile des Fleisches, die der gemeine Bürger ablehnt und die eigentlich (aus Sicht des Paleoaners) sehr gesund sind: Innereien zum Beispiel. So gehen diese Teile alle in die Entwicklungsländer und zerstören die lokalen Märkte durch (billigere) Konkurrenz. Das Thema ist jetzt zu komplex, dass es hier Platz hätte, daher kann ich nur diesen Hinweis darauf liefern und Dich zur weiterführenden Literatur ermutigen. 🙂
Ja, Paleo könnte auch die Welt ernähren, Paleo heißt, wie ich schon sagte: wenig Fleisch. Denn unsere Vorfahren hatten ja auch nicht täglich Fleisch und gingen erstmal mit Keule und Speer auf die Jagd. Man erlegte nicht täglich ein Mammut oder ein wildes Tier, jedoch nutzte man es, wenn schon erlegt, dann ganz: nicht nur das Fleisch, auch die Inneren und die vom luxusverwöhnten Deutschen ungeliebten Stücke. Paleo heißt auch: möglichst im Einklang mit der Natur leben, so gut es halt geht. Wir sind nicht dafür gemacht, täglich 8 Std. zu sitzen, nicht dafür gemacht, Industriefraß zu essen, nicht dafür gemacht, weißen Zucker zu verdauen, auch nicht dafür gemacht billiges, minderwertiges Fleisch zu essen! Diese Tiere wurden nicht nur höllisch gequält, sondern auch mit minderwertigem, ekligen Futter gefüttert, entsprechen überhaupt nicht einem Tier in der Natur. Ja, und was Tiere essen angeht: Ja, da scheiden sich die Geister und ich weiß, ich bin bei beVEGt ganz sicher fehl am Platz. Trotzdem nehme ich ganz kurz dazu Stellung: Wenn ich in der Natur leben würde, ja, ich würde ab und an ein Tier erlegen, um zu überleben, um essen zu können. Doch ich gebe Dir in folgendem Punkt recht: Wir – ob Paleoaner, Veganer oder Vegetarier – haben den LUXUS, zu entscheiden, diese von Dir genannte Entscheidungsfreiheit ist PURER LUXUS. Denn: Andere Menschen sind froh, haben sie überhaupt etwas zu essen, Hauptsache nicht verhungern. Dass wir uns hier jetzt ethisch Gedanken machen können, ja, das ist Luxus.
Sowohl Veganer als auch Paleoaner möchten zur Verbesserung der Welt und der Umwelt etwas tun. Was mir persönlich sehr am Herzen liegt, gerade für eine „bessere Welt“ ist, die Produkte der Großkonzerne zu boykottieren und die regionalen Anbieter zu unterstützen. Auch das würde viel zu weit führen hier, aber ich habe etliche Bücher über den Einfluss der Großkonzerne auf die Weltpolitik, Welthandel, Lobbyismus, Industriefood und Propaganda gelesen. Eigentlich haben Veganer und Paleoaner dasselbe Ziel, nur unterschiedliche Moralvorstellungen, was Tiere essen angeht, die Gemeinsamkeit besteht aber darin, dass wir beide Fleisch aus der ekelhaften Massentierhaltung STRIKT ABLEHNEN! Beide machen sich außerdem viel Gedanken über die Probleme in der Welt, der Umwelt, der Natur. Ich kann jedem (egal ob Veganer, Veggie, was-auch-immer) nur sehr ans Herz legen, sich einmal damit auseinander zu setzen, wie die großen Multis die Regierungen beeinflussen, bestechen, die Massenmedien an sich gerissen haben und zu ihren Propaganda-Instrumenten gemacht haben, wie sie nie den Hals voll kriegen, was für minderwertige Produkte sie anbieten und wie sehr diese uns Menschen schaden. Klingt verschwörungstheoretisch? Keineswegs! Habe es z.T. mit meinen eigenen Augen gesehen und erlebt und z.T. gibt es Belege. Wer sich um unsere Umwelt, die Tiere, die Menschen, unseren Planeten sorgt, dem kann ich nur dringend ans Herz legen: Boykottiert Supermärkte und alles, was die großen Multis herstellen! Ihr tut mehr für Land, Umwelt, Tiere und alle Menschen als ihr denkt! Kauft diesen Schrott NICHT! (kann bei der nächsten Gelegenheit gerne noch weiter ausführen)
Ste.F!
besser kann man es nicht ausdrücken! So ist paleo, nicht anders.
Nora Hodeige
Hallo zusammen,
ich selbst habe in den letzten 30 Tagen mich nach der strengen Paleo Diät ernährt, um herauszufinden, ob es mir gut tut und vor allem meiner Unverträglichkeit helfen kann. – leider ist mein Fazit nicht so positiv ausgefallen (um die Quintessenz schon einmal vorherzunehmen) 😀
Es sind natürlich sinnvolle Ansätze dabei: Raffinierter Zucker, industrielle sowie künstliche Lebensmittel sollten gemieden werden – und Gemüse, echte Lebensmittel, frisch gekocht, biologische und regionale Qualität, das sind alles sehr sinnvolle und sehr gute Ansätze, die jeder in seine Essensgewohnheiten integrieren sollte!
Doch gänzlich auf Getreide und Körner jeder Art zu verzichten & sich mit (tierischem) Eiweiß vollzupumpen – das finde ich einen sehr schwierigen und gesundheitlich auf keinen Fall für jeden geeignete Ernährungsform!
Wen es interessiert, mein Fazit kann hier nachgelesen werden.:
http://www.leben-mit-ohne.de/strenge-paleo-diaet-abschluss/
Ich freue mich vor allem über Kommentare und Erfahrungsberichte zu Paleo!!!
Lisa
Ein Freund von uns hat Morbus Chron, eine entzündliche Darmerkrankung und auch schon einige OPs am Darm gehabt. Er kann daher nicht wirklich selbst entscheiden, wie er sich ernährt, wenn seinem Darm etwas nicht bekommt, hilft die gutgemeinteste Ernährungs-und Lebensphilosophie nichts. Er lebt nun seit vielen Jahren nach der Steinzeitdiät (aber nicht nach „Rezeptbuch und Vorschrift, sondern in quasi ständigem Abgleich mit seinem Darm) und hat weniger Beschwerden als vorher. Hülsenfrüchte und vieles andere kann er sowieso nicht essen, da ist er froh über jedes bißchen Abwechslung und Vielfalt auf der Speisekarte.
Wenn wir bei ihm sind, gibts immer superlecker Essen, alles(!) selbstgemacht, keine Chemie, möglichst Bio. Wenn wir dann zwangsläufig immer mal wieder auf veganes Leben kommen, sagt er traurig „Euch gehts zu gut. Eure Sorgen möcht ich mal haben.“ Mehr nicht. In solchen Momenten habe ich schon öfter überlegt, ob Vegan nicht vielleicht wirklich ein ziemlich krasses ethisches Extrem ist.
Kann vegetarisches Leben mit wohlüberlegtem und informiertem Verbrauch nicht auch gesund und für Mensch und Tier verträglich sein? Oder ist vegan wirklich das einzig ethisch vertretbare?
Daniel Roth
Hallo Lisa, ich sehe da überhaupt keinen Widerspruch bzw. Konflikt. Es ist doch völlig klar, dass die eigene Gesundheit an erster Stelle stehen sollte.
Für die meisten Menschen wäre es in Deutschland aber gar kein Problem, vegan zu leben – und wenn es möglich ist, dann sollte man es meiner Meinung nach auch tun. Das hat auch gar nichts mit Luxus oder Extremen zu tun. Ich denke, dass uns gerade unser Wohlstand in gewisser Weise auch dazu verpflichtet, möglichst ethisch und nachhaltig zu handeln.
Liebe Grüße,
Daniel