Wir werden immer mal wieder gefragt, warum wir zu unseren Rezepten hier auf beVegt, in unseren Grain-Green-Bean-Kochbüchern und in der beVegt-Kochschule keine Kalorienangaben bzw. Infos zu den enthaltenen Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen veröffentlichen.
Einige unserer Leserinnen und Leser vermissen diese Informationen, die häufig in Kochbüchern und auf Food-Blogs zu finden sind. Daniel und ich sind aber weder zu faul, diese Werte zu berechnen, noch haben wir es bisher einfach vergessen.
Nein – dass es auf beVegt keine Kalorienangaben gibt ist pure Absicht!
Der Fokus auf Kalorien ist uns zu wenig
Wenn wir uns auf die Frage nach dem „Warum“ kurz fassen müssten, dann würde unsere Erklärung lauten:
Weil Essen nicht nur aus Kalorien besteht, und wir ein Gericht nicht auf seinen Kaloriengehalt und den Anteil an Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß reduzieren möchten.
Für eine ausführliche Antwort muss ich ein bisschen mehr ausholen.
Was uns Kalorien über ein Gericht verraten …
Starten wir mit einer theoretischen Überlegung: Was ist eigentlich eine Kalorie? Und was verrät uns der Blick auf die Kalorienangabe über ein Gericht?
Die Anzahl der Kalorien beschreibt lediglich den Brennwert, also die Menge an Energie, die ein Lebensmittel uns liefert. Dabei ist eine Kalorie die Energiemenge, die benötigt wird, um 1 Gramm Wasser um 1 Grad Celsius zu erwärmen.
Wenn wir im Alltag von Kalorien sprechen, dann meinen wir übrigens in den allermeisten Fällen Kilokalorien (1 Kilokalorie = 1.000 Kalorien).
Eine durchschnittliche Tafel Schokolade liefert also genau genommen nicht 550, sondern 550.000 Kalorien. Wenn du sie anzünden würdest, dann könntest du mit der freigesetzten Energie etwa 550.000 Gramm (= 550 Kilo) Wasser um genau 1 Grad Celsius erwärmen.
… und was sie uns verschweigen
Die Energiemenge ist tatsächlich das Einzige, was uns die Kalorienangabe über ein Lebensmittel oder ein Gericht verrät.
Aber unser Essen zeichnet sich noch durch andere Aspekte aus, die mindestens genauso wichtig sind wie die enthaltene Energie – und über die uns weder die Kalorienzahl, noch irgendwelche Angaben zu Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen etwas verraten.
Zum Beispiel:
Genuss und Geschmack
- Wie schmeckt das Gericht? Ist es süß, salzig, bitter, sauer, scharf oder mild, deftig gewürzt oder eher fad?
- Trifft es meinen Geschmack, oder fehlt mir etwas?
- Und befriedigt es mein Bedürfnis nach einem leckeren Essen?
Sättigungswirkung
- Macht mich das Gericht satt? Bekomme ich schnell wieder Hunger oder Heißhunger? Oder hält die Sättigung mehrere Stunden an?
- Fühle ich mich nach der Mahlzeit leicht und voller Energie? Oder eher schwer, aufgebläht und müde (Stichwort „Suppenkoma“)?
Nährstoffe
- Wie viele Ballaststoffe liefert mir das Gericht?
- Enthält es vor allem gesättigte, einfach oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren? Komplexe Kohlenhydrate oder einfachen Zucker?
- Was ist mit Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen?
- Enthält es Rückstände von Pestiziden oder Schwermetalle?
Alle Kalorien sind (nicht) gleich
Wenn die Anzahl der Kalorien in einem Gericht nichts über seinen Geschmack, seine Sättigungswirkung und seine Nahrhaftigkeit aussagt, dann bedeutet das auch, dass eine Kalorie eben nicht gleich eine Kalorie ist, wie es so oft behauptet wird.
So können 500 Kalorien in Form eines Stücks Sahnetorte daherkommen, oder zum Beispiel in Form einer Portion Vollkornreis mit Karotten, Tomaten, Spinat, Kichererbsen, Kokosmilch und Gewürzen.
In beiden Fällen habe ich die gleiche Menge „Energie“ auf dem Teller – aber es würde wohl niemand behaupten, dass es sich um zwei gleichwertige Gerichte handelt. Die weit verbreitete Fokussierung auf die Kalorienmenge kann uns also ganz leicht in die Irre führen.
Angst vor Kalorien, Kohlenhydraten und Fetten
Und es gibt noch einen weiteren Grund, der unserer Meinung nach gegen solche Angaben spricht: Viele Menschen klammern sich allzu sehr an ein bestimmtes Ernährungsdogma und haben dabei eine regelrechte Angst vor Kalorien bzw. bestimmten Nährstoffen wie Fetten, Kohlenhydraten oder Fruchtzucker entwickelt.
Diese Menschen rühren ein Gericht erst gar nicht an, wenn sie sehen, dass es nicht dem jeweils als „ideal“ empfundenen Nährstoffprofil entspricht (Low-Carb, Low-Fat usw.) – und vergessen dabei, dass es bei unserer Ernährung nicht auf einzelne Mahlzeiten, sondern auf das Gesamtpaket ankommt.
Oder sie fixieren sich so sehr aufs Kalorienzählen*, dass sie schließlich gar nicht mehr genießen können und vielleicht sogar eine Essstörung entwickeln.
Und genau das wollen wir mit unseren Rezepten NICHT erreichen.
Stattdessen möchten wir ein entspanntes Verhältnis zur Ernährung vermitteln. Wir möchten zeigen, dass eine gesunde Ernährung keine komplizierte Wissenschaft sein muss, sondern dass man fast automatisch ans Ziel kommt, wenn man mit Freude und vollwertigen Zutaten kocht.
Und deshalb wird es auf beVegt und in unseren Kochbüchern und Kursen auch weiterhin keine Kalorien- und Nährstoffangaben geben.
Die bessere Alternative zu Kalorienangaben
Zum Schluss will ich noch eine Frage beantworten, die du dir jetzt vielleicht stellst: Was ist denn die Alternative zu Kalorien- und Nährstoffangaben, wenn du schon vor der Zubereitung einschätzen möchtest, wie „gesund“ ein Gericht ist?
Die Antwort ist ganz einfach: Wirf einen kurzen Blick auf die Zutatenliste!
Besteht das Gericht vor allem aus frischem Gemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen, Kräutern und Gewürzen? Sprich: Enthält es vollwertige, überwiegend unverarbeitete Zutaten?
Dann kannst du dir ziemlich sicher sein, dass dir das Ergebnis einen bunten Nährstoffmix liefert – und dich mit gutem Gewissen ans Kochen machen.
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* Es geht mir nicht darum, ob Kalorienzählen sinnvoll ist oder nicht. Ich kenne einige Leute, die mit Kalorienzählen erfolgreich abgenommen haben.
Mona
Ich finde Kalorienangaben in Rezepten tatsächlich irrelevant. In Phasen, in denen ich Kalorien zähle, plane ich sowieso alle Rezepte in meinen eigenen Mengen in MyFitnessPal. Die Angaben in Kochzeitschriften und Onlinerezepten sind nämlich auch nicht immer korrekt, und oft verwendet man ja nicht exakt die gleiche Menge an allen Zutaten. Das Kalorienzählen selbst ist fürs Abnehmen total nützlich und steht in überhaupt keinem Zusammenhang zur restlichen qualitativen Bewertung der Mahlzeit. Man kann auch von absolut gesundem Essen schlicht zu viel essen. Ich finde die derzeitige, weit verbreitete emotionale Hysterie um dieses Thema auch sehr nervig.
Katrin
Hallo Mona,
welche Hysterie meinst du genau? Um das Kalorienzählen an sich? Oder darum, eben keine Kalorien zu zählen? 🙂
Viele Grüße
Katrin
Sabrina
Ich kann euren Ansatz total nachvollziehen und finde ihn auch absolut unterstützenswert! Es ist viel Wichtiger auf Ausgewogenheit und Vollwertigkeit zu achten und dabei als Richtgröße Hunger und Sättigung zu nutzen. Ist auch viel entspannter und aus meiner Sicht auch gesünder. Und in manchen Fällen hilft auch der Hosenbund – wenn der plötzlich zwickt gibt es ein Stück Kuchen weniger 😉
Katrin
Hallo Sabrina,
ja, der Hosenbund. Vollkommen richtig, denn da sind wir schon beim nächsten Thema: Auch die Waage zeigt nur bedingt an, ob das Gewicht „okay“ ist.
Viele Grüße
Katrin
Anni
Hallo Katrin, ein super post!
Und ein Thema, das mich sehr anspricht…
Ich hatte früher tatsächlich mit Angst vor Öl (und Fett im Allgemeinen) zu kämpfen, die sich durch YouTube-Kanäle, wo es um vegane Highcarb-Lowfat-Ernährung ging, und auch durch die Angst vor zu vielen Kalorien unbemerkt eingeschlichen hatte. Es hat dauerte lang, bis ich das überhaupt realisiert und dann überwunden habe. Jetzt, wo ich bewusst viele Kerne und Nüsse in meine Ernährung integriere und auch kleine Mengen Öl, befriedigt mich das Essen wieder und sättigt auch viel schneller und langanhaltender.
Bzgl. Kalorien zählen geht es mir auch so, dass ich vor lauter Zahlen dann mein normales Gefühl für die richtigen Mengen verliere.
Tendenziell esse ich gerne mal zu große Portionen, aber dennoch halte ich mein Gewicht seit langem und bin zufrieden und immer satt und voller Energie und konzentriert und kann super Sport machen. Vielleicht sind die Portionen also genau richtig! Außerdem macht mir das Essen inzwischen wieder viel Spaß und bereitet mir keine Sorgen mehr.
Fazit: Kalorien und Nährstoffe zählen machte mich unglücklich und hat mich von einem natürlichen Umgang mit Essen entfernt. Insofern finde ich eure Einstellung super gut!
Übrigens: Ich nehme Rezepte sowieso immer nur als Inspiration und kreiere dann eine Abwandlung.
Und ernähren tue ich mich ganz ähnlich wie ihr. 🙂
LG Anni
Kirstie
Ich finde den Ansatz ebenfalls sehr sympathisch, ihr bietet gute, sättigende und ohne großen Aufwand herzustellende Mahlzeiten, und ich finde, in dieser verkopften Welt ( z.B. auch mit Kalorienzählen) ist es total wichtig, ein gutes Gefühl für den eigenen Körper (wieder-) zu entwickeln. Und der sagt mir, wenn ich satt bin und genug habe. Und darauf möchte ich mich verlassen und nicht auf Zahlen. Und das funktioniert, sage ich mit Z.n. langjähriger Essstörung. Uups, jetzt habe ich mich geoutet…
Ich finde die Rezepte, wie sie sind, klasse, vielen Dank!
Lg Kirstie
Katrin
Vielen lieben Dank Kirstie – und ich finde es toll, dass du deinen persönlichen Weg in puncto Ernährung gefunden hast, die ohne Zahlen funktioniert.
Viele Grüße
Katrin
Katrin
Hallo Anni,
Rezepte sollen auch als Inspiration zu verstehen sein, das ist genau richtig so 🙂
Und große Portionen heißen im Umkehrschluss sowieso nicht „viele Kalorien“, von daher gehe ich davon aus, dass du wirklich alles richtig machst.
Viele Grüße
Katrin
Sebastian
Es gibt das diese Buch „That Sugar Book“, in dem ein Mann einen Versuch unternimmt sein tägliches Karlorienziel vorwiegend mit Einfachzucker zu erreichen. Vor dem Versuch aß er vorwiegend fettreich (ich glaube es waren sogar über 50% seiner täglichen Kalorienzunahme). Er aß also die gleichen Kalorien wie zuvor, nahm aber sieben Kilo zu. Unser Körper ist einfach viel zu komplex als dass die Wissenschaft es uns mit den Kalorienangaben zu verdeutlichen versucht. Für mich persönlich sind 100 Kilokalorien aus Paprika, Blumenkohl etc. nicht vergleichbar mit 100 Kilokalorien aus Schokolade, vom Sättigungsgefühl mal ganz abgesehen. Liebste Grüße…
Katrin
Hallo Sebastian,
genau unser Reden 🙂 Und danke für den Buchtipp!
Viele Grüße
Katrin
Andreas
Hallo Katrin, ein guter Post zum Thema Kalorien. Ich halte die Kalorien im Auge zu behalten trotzdem für wichtig. Ich kenne viele Leute die sich gesund und ausgewogen ernähren, und davon einfach nur fett geworden sind da sie der Meinung sind gesunde Ernährung allein reicht um schlank zu bleiben, doch leider ist es ein Trugschluss. Wer mehr isst wie er benötigt wird fett egal ob mit guten oder schlechten Lebensmitteln. Daher halte ich die Kalorienangabe für wichtig und hilfreich um zu erkennen ob ich mich angemessen ernähre
Katrin
Hallo Andreas,
das sehe ich anders, denn wie ich oben beschrieben habe sagen die Kalorien eben nur einen Teil aus – und helfen nur bedingt dabei, sich angemessen zu ernähren.
Und mich würde doch interessieren, wie sich die vielen Leute denn ernährt haben. Die Definition von „gesund und ausgewogen“ ist leider sehr dehnbar wie ich gemerkt habe 😉
Viele Grüße
Katrin