Du bist verletzt, krank oder beruflich unterwegs und kannst ein paar Tage keinen Sport machen – Wie gehst du damit um?
Bist du Typ 1 und es geht dir gut damit, denn du überstehst problemlos ein paar Tage ohne Sport?
Oder bist du eher Typ 2 und überlegst bereits am zweiten Tag, wie du trotz Krankheit, Verletzung oder wenig Zeit zumindest ein bisschen Training unterbringen kannst? Vielleicht nur eine kurze Laufeinheit auf dem Laufband im hoteleigenen Fitnessstudio zwischen Meeting und Abendessen? Oder nur ein Blitz-Krafttraining, wenn du eigentlich mit einer dicken Erkältung deine Zeit auf dem Sofa oder im Bett verbringen solltest?
Wenn du dich zum Typ 2 zählst kann ich dich beruhigen: du bist nicht alleine! Genau wie du ticken unzählige Menschen.
Sportsucht: wenn viel nicht mehr genug ist
In zahlreichen persönlichen Gesprächen, auf Blogs und sozialen Netzwerken konnte ich dieses Phänomen schon beobachten: Läufer, die trotz starker Erkältung ein paar Kilometer abreißen müssen. Fitnessbegeisterte, die krank geschrieben zu Hause “nur ein paar Übungen“ machen und darüber noch öffentlich berichten.
Wenn es dir auch so geht – hast du dich schon einmal gefragt ob du süchtig bist? Süchtig nach Sport und körperlicher Betätigung?
Im Herbst 2012 konnte ich aufgrund einer kleinen Verletzung mitten in der Vorbereitung für den Frankfurt Marathon zwei Wochen lang nicht laufen. Und ich habe es verdammt vermisst. Unweigerlich stellte ich mir die Fragen: Warum fehlt es mir so, nicht laufen zu gehen? Ist das noch normal? Oder bin ich etwa sportsüchtig?
Für mich war dieser Moment ein Auslöser, mich näher mit dem Thema zu befassen. Ich wollte es wissen: Was genau ist Sportsucht? Wie gefährlich ist sie? Und: bin ich etwa auch betroffen?
Sportsucht – eine wirkliche Sucht?
Eine Zeit lang dachte ich wirklich, der Begriff „Sportsucht“ sei eine Wortspielerei. Eine Verniedlichung eines sehr ernsten Begriffs. Weit gefehlt!
Sportsucht ist eine Verhaltenssucht. Zu den Verhaltenssüchten gehören neben der Sportsucht zum Beispiel noch die Kauf- und Arbeitssucht sowie die Medienabhängigkeit (Fernsehen, Handy, Internet & Co.). Die Sportsucht, wie auch alle anderen Verhaltenssüchte, ist keine international anerkannte psychische Störung. Leider macht sie das nicht weniger schlimm. An den folgenden Symptomen kannst du eine Sportsucht erkennen:
- Sportsüchtige sind unvorsichtig: sie trainieren trotz Krankheit, Verletzung und Zeichen von Überlastung.
- Sportsüchtige haben Entzugserscheinungen: Bei einem Verzicht auf die tägliche Dosis Sport treten körperliche Symptome wie Nervosität, Magenschmerzen oder sogar Schuldgefühle und Depressionen auf. Nicht selten kommt es zu Zittern, Kopf- und Magenschmerzen und sogar Angstzuständen.
- Sportsüchtige vernachlässigen ihre sozialen Kontakte: Der Sport wird zum zentralen Lebensinhalt, das Training wird als wichtiger empfunden als Freundschaften.
- Sportsüchtige spielen häufig ihr Sportpensum herunter – da werden aus zwei Stunden intensivem Tempotraining und einer Stunde Krafttraining schnell mal “nur 45 Minuten locker laufen”.
- Sportsüchtige erkennen ihre Sportsucht nicht als therapiebedürftige Krankheit, sondern empfinden ihr Verhalten als ganz normal.
Die Folgen der Sportsucht liegen auf der Hand: Schwächung des Immunsystems bis hin zu bleibenden Schäden an Gelenken, Knochen, Sehnen und Bändern. Deshalb muss eine ausgeprägte Sportsucht therapiert werden – je nach Schweregrad ambulant oder stationär.
Sind wir nicht alle ein bisschen sportsüchtig?
Ich sitze tagtäglich mindestens 10 Stunden. Und ja, es fehlt mir, wenn ich nach einem langen Bürotag keinen Sport machen darf oder kann, aus welchen Gründen auch immer. Für ein paar Tage geht das auch gut, danach werde aber auch ich unausgeglichen. Bin auch ich vielleicht sportsüchtig?
Drei bis vier Trainingseinheiten pro Woche von jeweils etwa einer bis maximal 1,5 Stunden: in diesem Bereich sprechen die meisten Quellen von einem „gesunden“ Sportverhalten. Das toppe ich. In so ziemlich jeder Woche. Und gleichzeitig frage ich mich, wie gesund ist es, täglich 10 Stunden vor einem Bildschirm zu sitzen und im schlimmsten Fall auch für die Mittagspause die geschützten klimatisierten Räumlichkeiten eines Büros nicht zu verlassen?
Kritisch hinterfragt und nach langer Überlegung zähle ich mich nicht zu den Sportsüchtigen. Für mich geht es beim Sport um den Ausgleich zur sitzenden Tätigkeit, die Freude an der Bewegung und das Zusammensein mit netten Leuten. Zudem ist es nur verständlich, wenn ich mein Hobby vermisse.
Wenn du dir aber nach zwei Tagen Sorgen darüber machst, dass du zunehmen könntest oder deine Ausdauer oder Muskelleistung schwinden könnte – dann hast du die Grenze zur Sportsucht vielleicht schon überschritten.
Kennst du jemanden in deinem Umfeld, auf den die Beschreibung eines Sportsüchtigen passt? Dann schau bitte genauer hin, hör zu und biete ihm deine Hilfe an! Du bist es deinen Freunden schuldig – damit sie noch lange und vor allem bei bester körperlicher Gesundheit Sport treiben können!
Weitere Informationen zum Thema Sportsucht findest du hier:
- „Sportsucht – Der lange Lauf in die Abhängigkeit“, Süddeutsche Zeitung Online, 17. Mai 2010
- „Sportsüchtig – Machen Sie den Selbsttest“, Men’s Health Online, 17. November 2008
- Interessanter Blogbeitrag zu Sportsucht und Essstörungen
Ich muss zugeben, dass ich ab und an das Verhaltensmuster eines Süchtigen an den Tag lege. Zum Beispiel mit zuviel Sport für meine körperliche Verfasung oder zu häufigen. Aber schon am nächsten Tag kann es vorkommen das ich einfach nur auf der Couch liege und nichts vermisse. Manchmal, aber selten mit einem schlechten Gewissen, was vielleicht auch an meinem kleinen Sohn liegt der mich abends auf Trab hält und ich auf jeden Fall immer noch einen Spaziergang mache.
Wenn ich jedoch krank bin versuche ich mich zu schonen. Oder nicht zu hart zu trainieren je nachdem was für ein Wehwechen ich denn habe. Verallgemeinern kann man grundsätzlich nichts…
Hallo Markus, das hört sich für mich aber sehr gesund an und so, als ob du auf deinen Körper hörst! Und klar, verallgemeinern ist schwierig, aber leider gibt es auch Leute, die das gesunde Mittelmaß nicht finden. Bleib gesund – sportliche Grüße, Katrin
Ich finde dies ein sehr spannendes Thema, welches viel zu selten angesprochen wird. Bei „negativen“ Verhaltensweisen (z.B. rauchen oder Alkohol trinken) spricht man viel schneller von einer Sucht, als wenn eine eigentlich positive Verhaltensweise (z.B. Sport) sich ins Gegenteil kehrt. Gerade weil man eigentlich davon ausgeht, dass Sport gesund ist, merkt man oft viel zu spät, dass man bereits süchtig ist.
Liebe Grüsse
Ariana
Hi Ariana, ich finde das Thema auch sehr spannend, deswegen musste ich mich mal damit beschäftigen. Auch weil ich schon gefragt wurde, ob ich denn nicht sportsüchtig sei. Jetzt weiß ich ganz sicher, dass ich es nicht bin.
Viele Grüße, Katrin
Bei einem von 10.000 Sportlern, die Behandlungsbedürftig seien könnten(!), kann man dieses Thema eigentlich gar nicht weit genug nach hinten stellen. Die Schäden, die „kein Sport“ anrichtet, dürften um Größenordnungen mehr sein, als die Schäden, die eine Sportsucht anrichtet.
Gesellschaftlich gesehen ist das absolut zu vernachlässigen…
Bevor man ernsthaft darüber nachdenkt, ob man Sportsüchtig ist, sollte man lieber überlegen, wie man mehr Bewegung in den Alltag bekommt, also Ausgleich zum stundenlangen Sitzen…
Ich gebe dir Recht, Robert! Nur leider gibt es auch diese Fälle.
Ich werde ab und zu darauf angesprochen, ob ich denn nicht sportsüchtig sei. Nachdem ich viel dazu gelesen habe kann ich dies nun selbstsicher verneinen.
Sportliche Grüße, Katrin
Hi Robert, nach deiner Logik dürften wir dann ja auch nicht mehr über vegane Ernährung schreiben, weil das ja nur einen winzigen Teil der deutschen Bevölkerung interessiert. Warum sollten wir nicht auch mal ein seltenes Thema wie Sportsucht aufgreifen? Es handelt sich dabei um eine real existierende Krankheit, unter der Menschen und ihre Angehörigen und Freunde leiden, und die wir auch in unserem eigenen Umfeld schon beobachten konnten. Deine Forderung, „mehr Sport“ zu propagieren, setzen wir hier ja ansonsten schon in schöner Regelmäßigkeit um 🙂
Ich finde es natürlich gut, auch die negativen bzw. problematischen Seiten von Sport (oder auch veganer Ernährung) zu behandeln. In den seltensten Fällen würde wohl ein Food-Blog über Essstörungen berichten oder Dokus verlinkten, in denen Menschen mit massivem Übergewicht in Kliniken behandelt werden. Oder gibt es Fashion-Blogs die sich mit Kaufsucht auseinander setzen?
Von daher erst mal: Top!
Mir war es nur wichtig darauf hin zu weisen, dass dieses Phänomen, obwohl vorhanden, eben sehr selten ist. Wenn man sich fragt ob man selber oder eine Person im Umfeld Sportsüchtig ist, ist es in 99,99% der Fälle eben nicht so.
Wir als Sportler sind keine besondere „Gefahrengruppe“, die einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf, doch natürlich gibt es auch hier die Möglichkeit von problematischem Verhalten, wie auch immer dieses definiert ist. In der Vorbereitungszeit vor einem Wettkampf sehe ich es überhaupt nicht als Problem, wenn man sich ärgert falls mal eine Woche Training wegen Krankheit ausfällt.
Ich kenne leider ein sehr sehr trauriges Beispiel dafür. Nicht persönlich, aber vom sehen. Ein junger Mann läuft täglich am Vormittag an meinem Fenster vorbei und kommt erst am Nachmittag, wenn nicht sogar am Abend zurück. Er läuft ganz langsam mit einem komplett entgeistertem Blick; er ist abgemagert und ich kann mir vorstellen, dass er nichts anderes in seinem Leben hat und macht.
Ich für meinen Teil werde auch gern gefragt, ob ich nicht süchtig danach wäre. Ich habe schon sehr oft darüber nachgedacht, aber gehe davon aus, dass dem nicht so ist. Ich bin froh, wenn ich meine Ruhetage habe und dass ich Sport als Ausgleich zu meinem anstrengenden Alltag nutze. Es hilft in vielerlei Hinsicht, macht mir Freunde und schenkt mir so viel Glück. Ich kann aber auch Tage oder sogar Wochen ohne, auch wenn ich gern an Sport denke. Was ich bei mir festgestellt habe, ist die Tatsache, dass ich in Stresssituationen vieles mit Sport kompensiere. Es hört sich vielleicht komisch an, aber um so mehr ich arbeite, desto mehr oder intensiver treibe ich Sport.
Ich kann das gut nachvollziehen. Als ich für meinen 1. Marathon trainiert habe hatte ich einen extrem anstrengenden Job, und manchmal saß ich noch um Mitternacht in der Agentur. Damals bin ich oft ganz früh morgens gelaufen, weil ich wusste, dass es abends zu spät wird. Heute frage ich mich wirklich, wie ich das geschafft habe, und ich denke ohne den Ausgleich „laufen“ hätte ich den Job damals gar nicht machen können. „Ungesund“ war da eher der Job, und nicht der Sport.
Also ich bin es jedenfalls nicht! :-)( also sportsüchtig). Ich finde es zwar manchmal schade wenn eine Gelegenheit verpasst wurde zu laufen, aber es ist kein Weltuntergang für mich. Gehe auch gerne mal mit meinem Mann spazieren, da er nichts mit laufen am Hut hat; im Sommer machen wir auch gelegentlich kleine Radtouren zusammen.
Habe im letzten Jahr einen Bericht von einem ehemaligen Journalisten der Rundschau gesehen, der sich auch mit Sport und Magersucht fast zugrunde gerichtet hat, irgendwann hat er aber selbst gemerkt,dass es so nicht weitergehen kann. Eigentlich ist das ja mit Magersucht eher bei sehr jungen Menschen der Fall, aber er war wohl schon über 30…
Heute nachmittag habe ich eine neue Runde ausprobiert, schön langsam und die Sonne dabei geniessend!
So ist es richtig, Gabriele! Ich bin froh, dass ein Großteil unserer Leser eine gesunde Einstellung hat!
Genieß auch heute die Sonne – wir werden es auch tun!
Vor ein paar Tagen habe ich mir meinen kleinen Zeh gebrochen und bin seit dem leider auch außer Gefecht gesetzt. Meine Motivation zu laufen steigt von Tag zu Tag. Das mag auch an meiner 80/10/10 Ernährung liegen, die ich momentan ausgiebig testen kann, so lange ich krank geschrieben bin. Doch leider kann ich nur humpeln und selbst ein Spaziergang geht da nicht ohne weiteres. Jetzt weiß ich, wie es ist, 10 Stunden am Tag zu sitzen, ich könnte das beruflich nicht machen. Da bin ich froh über meine Tätigkeit im Labor, dort ist es sehr ausgewogen.
Doch ich muss auch sagen, mich ärgert dieser kleiner Unfall nicht, es ist für mich wie eine Art Erholung, die ich soweit es mir möglich, vollstens genieße. Und sobald ich wieder fit bin, geht es hoch motivert weiter im Laufsport =)
Hi Stefan – wir wissen beide wie das ist, nicht laufen zu können. Ich garantiere dir – du wirst ab sofort jeden Lauf noch mehr genießen als sonst! Gute Besserung & sportliche Grüße, Katrin
Hallo Katrin,
du sprichst mir aus dem Herzen. Ich bin auch schon oft darauf angesprochen worden. Am Anfang habe ich oft für mich alleine trainiert, aber erst durch die Treffen mit Euch und allen anderen vom #twitterlauftreff zum Training und zu Wettkämpfen wurde ich so richtig angefixt. Gemeinsam leiden und sich freuen, das ist alles andere als Sucht. Das ist Leben!!! Trainieren, seine Grenzen suchen und finden, das ist spannender als jeder Tatort oder jedes Gesellschaftsspiel. Selber Sport treiben als beim Sport zuzusehen, das ist Qualität.
Seit ich selbst intensiv Sport treibe kenne ich meinen Körper viel besser und ich bin definitiv wesentlich seltener krank, abgesehen von der nicht mehr vorhandenen Körperfülle. Eine Verletzung ist manchmal unausweichlich, wenn man seine Grenzen testet. Aber wie überall: Man darf jeden Fehler nur ein Mal machen.
10 Stunden sitzen bei der Arbeit und abends am Rechner, das ist definitiv ungesünder als jeden Tag 1-2 Stunden Sport. Körperlich und geistig!!!
In diesem Sinne auf viele weitere gemeinsame Trainings- und Wettkampftage.
Hi Michael,
dein Kommentar freut mich besonders, und lässt mich noch mal an gestern denken. Man merkt dir die Begeisterung noch an.
Noch vor einigen Jahren sind wir häufig alleine (also nur zu zweit) zu Läufen gefahren, kannten niemand, und sind wieder alleine nach Hause gefahren. An Tagen mit einem Wettkampf und vielen bekannten Gesichtern, wie gestern, sind wir oft Stunden noch geflasht, weil es Spaß macht, das alles gemeinsam zu erleben.
Bis bald!
Katrin
Hallo Katrin und Daniel, ich bin durch meinen Sohn auf vegane Ernährung aufmerksam gemacht worden und finde es sehr spannend und interessant, mich damit zu beschäftigen. Nach längerem Suchen bin ich dann auf eure Seite gestoßen und lese gerne eure Beiträge und probiere die Rezepte. Eure Beiträge, Kommentare, Tipps und Rezeptvorschläge finde ich richtig klasse und bringen mich zum Nachdenken. Vielen Dank dafür.
Zur Zeit bereite ich mich auf den Halbmarathon für Sonntag in Hannover vor (27.4.) und habe leider seit zwei Tagen Schmerzen am rechten Hüftknochen. Sollte ich trotzdem meine zwei letzten Trainingseinheiten machen oder bis Sonntag pausieren. Über eine kurze Rückmeldung würde ich mich freuen!
Viele Grüße Heike
Hallo Heike,
auf jeden Fall Pause machen!
Das Training in dieser Woche ist eh nur für den Kopf, und um die Beine zu lockern.
Wenn du am Sonntag schmerzfrei bist, dann geh an den Start, und höre während des Laufs kritisch auf deinen Körper.
Deine Gesundheit muss vorgehen!
Ich wünsche dir für deinen ersten Halbmarathon alles Gute und freue mich zu hören, wie es gelaufen ist!
Viele Grüße, Katrin
Ich habe seit Januar Zwangspause, die noch bis August dauern wird – evtl schwimmen ab Wochenende – und habe mich dabei ertappt, wie ich drauf und dran war in meinem „Vorfußentlastungsschuh“ über die Ampel zu sprinten.
Ich bin ja sehr gespannt ob ich 5 km noch schaffe von zuletzt 14-15. Zeit ist mir egal, ich würde meinen Geburtstag gern feiern in dem ich auf meinen Füßen zur Eisdiele laufe und mir vor der Heimfahrt einen veganen Eisbecher holen.
Es ist hart, und wenn ich all die faulen Leute vor Aufzügen und auf Rolltreppen stehen sehe, werde ich richtig wütend. Heute konnte ich mal statt Krücken und Aufzug die Treppe zur Physiopraxis nehmen.
VLG Alice