Seit etwas mehr als sieben Monaten trinken wir jetzt schon keinen Alkohol mehr. Aus dem spontanen Entschluss, für eine Weile auf Bier und Wein zu verzichten, ist inzwischen ein neuer Normalzustand geworden, und wir können uns aktuell nur schwer vorstellen, dass sich daran so schnell etwas ändern wird.
Der Grund? Wir lieben unser neues Leben ohne Alkohol! Wir fühlen uns wieder ein kleines bisschen mehr im Reinen mit uns selbst und vermissen trotz anfänglicher Bedenken wirklich nichts. Auch nicht im Urlaub, wo für uns ein Glas Wein oder ein Bier fast schon zu einem entspannten Abend dazugehört haben.
Weniger Alkohol zu trinken oder ganz darauf zu verzichten ist ein Wunsch, den viele unserer Leser:innen mit uns teilen. Bei einer Umfrage, die wir im Januar im beVegt-Newsletter durchgeführt haben, sagten 25 Prozent, dass sie ihren Alkoholkonsum reduzieren möchten. Jeder dritte denkt sogar darüber nach, in Zukunft abstinent zu leben (in dieser Podcastfolge sprechen wir ausführlicher über die Ergebnisse der Umfrage).
Falls es dir auch so geht, du dich aber bislang noch schwer damit tust, deinen Vorsatz in die Tat umzusetzen, findest du in diesem Beitrag jede Menge Tipps für ein Leben ohne bzw. mit weniger Alkohol. Sie stammen aus unserer eigenen Erfahrung und von der beVegt-Community, und haben sich schon vielfach in der Praxis bewährt.
7 Tipps für einen bewussteren Umgang mit Alkohol
Triff eine Entscheidung
Der erste Schritt zu einem bewussteren Umgang mit Alkohol ist es, eine klare Entscheidung zu treffen. Überlege dir, warum du weniger oder gar keinen Alkohol mehr trinken möchtest – und sprich deinen Vorsatz aus. Ideal ist es, wenn du eine Person aus deinem näheren Umfeld in deine Entscheidung einbeziehst und sie an deinem Vorsatz teilhaben lässt. Einmal ausgesprochen oder aufgeschrieben wird es deutlich schwerer, davon wieder abzuweichen.
Ganz wichtig: Es muss nicht immer der erste Januar oder der nächste Hangover sein – der beste Zeitpunkt um anzufangen ist heute!
Reduziere deinen Alkoholkonsum schrittweise
Nicht jeder möchte von heute auf morgen komplett auf Alkohol verzichten, und das ist völlig in Ordnung. Eine schrittweise Reduktion kann ein sanfter Einstieg in einen bewussteren Umgang mit Alkohol sein.
Setze dir kleine Ziele und starte zum Beispiel mit einem alkoholfreien Monat wie dem „Dry January“ (der auch problemlos ein „Dry April“ sein kann) oder mach deine eigenen Regeln wie zum Beispiel “Ein Getränk pro Woche” oder “ein Tag im Monat mit Alkohol”. Beobachte, wie sich dein Körper und dein Wohlbefinden mit weniger Alkohol verändern. Und ganz wichtig: Sei geduldig mit dir selbst und feiere deine ganz persönlichen Fortschritte – jeder kleine Schritt zählt!
Mach dir deine Gründe bewusst
Wenn du genau weißt, warum du keinen oder weniger Alkohol trinken willst, dann wird es dir langfristig leichter fallen, dranzubleiben und hinter deiner Entscheidung zu stehen. Mir gefällt es zum Beispiel, dass ich weiß, dass mein Training, meine Regeneration und mein Schlaf definitiv nicht mehr durch Alkohol negativ beeinflusst werden – und das ist ein wirklich gutes Gefühl.
Deswegen mein Tipp: Mach dir deine eigenen Beweggründe bewusst und frag dich: Warum willst du keinen oder weniger Alkohol trinken? Welche Vorteile hat ein Verzicht für dich persönlich?
Vielleicht hilft es dir zu wissen, dass es nach dem aktuellen Wissensstand keine gesundheitlich unbedenkliche Alkoholmenge gibt. Oder du denkst daran, dass du ohne Alkohol von einer schnelleren Regeneration und einer insgesamt besseren körperlichen Verfassung profitieren kannst. Oder dass dir ab sofort im beschwipsten Zustand keine Sätze mehr rausrutschen werden, die du später bereust.
Suche nach Unterstützung und Inspirationen
Wenn du Menschen in deinem Umfeld hast, die dich und deine Entscheidung unterstützen und dir keine Steine in den Weg legen, kann das sehr wertvoll sein und dich deinem Ziel näher bringen. Vielleicht gibt es eine Person in deinem Freundes- oder Verwandtenkreis, die selbst schon länger keinen Alkohol mehr trinkt und ein Mentor für dich sein kann. Selbst der bloße Austausch mit Gleichgesinnten kann ein Erfolgsfaktor sein, der dich nachhaltig motivieren kann.
Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Daniel praktisch gleichzeitig mit mir die Entscheidung getroffen hat, erst mal keinen Alkohol mehr zu trinken. Gleichzeitig gibt es einige Personen in meinem direkten Umfeld, die schon seit vielen Jahren abstinent leben, und mit denen ich mich ausgetauscht habe, z.B. was leckere alkoholfreie Alternativen angeht (siehe unten).
Wenn du tiefer in das Thema einsteigen möchtest, habe ich ganz unten einige empfehlenswerte Bücher, Podcasts und Dokumentationen für dich verlinkt, die sich mit Alkoholverzicht und den Folgen von übermäßigem Alkoholkonsum beschäftigen. Auch das motiviert, weil du mehr über die Geschichten anderer (zum Teil alkoholabhängiger) Menschen erfährst – mit allem, was dazu gehört!
Entdecke alkoholfreie Alternativen!
Glücklicherweise musst du nicht auf Genuss verzichten, denn es gibt zahlreiche leckere Alternativen zu alkoholischen Getränken. Und das Tolle: Du kannst dich ab sofort auf eine endlose Entdeckungsreise begeben und ganz viele neue Getränke ausprobieren! Alkoholfreie Bier- und Weinsorten sind in den letzten Jahren immer besser geworden, und ich würde behaupten, dass (fast) für jeden Geschmack etwas dabei ist!
Wir haben zum Beispiel einige alkoholfreie Sektsorten getestet (gibt es sogar auch bei Rewe und Lidl), und praktisch alle für gut befunden. Auch mit alkoholfreiem Weißwein können wir uns anfreunden (hier gibt es größere Geschmacksunterschiede). Nur von alkoholfreiem Rotwein waren wir bisher enttäuscht.
Dafür haben wir uns sogar an alkoholfreiem Gin Tonic versucht und einige weitere Cocktails gemixt, wie zum Beispiel Caipirinha oder Aperol Spritz. Ich finde es großartig, dass das Angebot an alkoholfreien Alternativen überdurchschnittlich hohe Wachstumsraten zeigt (wenn auch insgesamt noch auf einem geringen Niveau).
Restaurants bekommen bei mir mittlerweile einen Pluspunkt, wenn sie mehr als nur Softgetränke und komplett überzuckerte Limonaden auf der Karte stehen haben. Da ist insgesamt in Deutschland noch viel Luft nach oben, aber wir können ja alle dazu beitragen, die Nachfrage zu steigern 🙂
Mein Tipp: Teste dich durch und finde „dein“ Getränk, das du dir in besonderen Situationen gönnst, zum Beispiel wenn du im Freundeskreis auf einen Geburtstag anstoßen willst.
Entwickle Strategien für soziale Situationen (und kenne dein Warum)!
Früher oder später wirst du in eine Situation kommen, in der die meisten oder alle Menschen um dich herum Alkohol trinken: eine Geburtstagsfeier im privaten Kreis, ein beruflicher Anlass oder etwas ganz anderes. Und ja, wenn du das obligatorische Glas Sekt ablehnst, stehen die Chancen gut, dass du nach dem Grund dafür gefragt wirst. Deswegen ist es eine gute Idee, dir eine schlagfertige Antwort oder dein persönliches Warum zurechtzulegen.
Ein ganz anderer Tipp für Einladungen und Feiern aller Art, der Veganer:innen seit Jahren in Fleisch und Blut übergegangen ist: Bring selbst etwas mit! Ja, genau, nur diesmal ist es kein veganer Kuchen, sondern eine Flasche alkoholfreier Sekt oder Wein! So kannst du direkt mit Genuss überzeugen – und dir sicher sein, dass du die Flasche nicht alleine trinken wirst. Viele werden schlichtweg neugierig sein, wie die alkoholfreie Variante denn so schmeckt.
Falls du dich in Situationen unwohl fühlst, in denen viel getrunken wird, meide solche Orte (vorerst). Das heißt nicht, dass das immer so bleiben muss, aber wenn du in den letzten Jahren ausgiebig Karneval gefeiert oder regelmäßig mit deinem Freundeskreis die Wiesn besucht hast, dann könnte es im ersten Jahr „ohne“ anstrengend oder zumindest ungewohnt werden.
Etabliere neue Routinen!
Alkohol ist oft fest mit liebgewonnenen Gewohnheiten und Routinen verbunden, sei es das Feierabendbier, das Glas Sekt zum Anstoßen oder der Wein zu einem besonderen Essen im Restaurant. Daniel und ich sind zum Beispiel an einem der ersten warmen Tage des Jahres gerne in einen bestimmten Biergarten gegangen und haben dort mit einem “Hellen” auf die anstehende wärmere Jahreszeit angestoßen.
Um nicht in alte Muster zurückzufallen, kann es hilfreich sein, bewusst neue Routinen zu entwickeln. Dieses Jahr haben wir uns im Februar am gefühlt ersten warmen Nachmittag in ein Café gesetzt und leckeren veganen Kuchen mit einem großen Cappuccino getrunken. Und vielleicht wird das ab sofort unser neues Ritual, den ersten warmen Frühlingstag zu begrüßen?
Empfehlenswerte Bücher zum Thema Alkohol (in zufälliger Reihenfolge)
- Einfach nüchtern: Freiheit, Glück und ein besseres Leben ohne Alkohol (Original: This Naked Mind) von Annie Grace – amazon* | genialokal*
- Frauen und Alkohol: Wie sie trinken, warum sie trinken und was sie gewinnen wenn sie damit aufhören von Nathalie Stüben – amazon* | genialokal*
- High Level Zero: Die faszinierende Welt der alkoholfreien Drinks von Oliver Schwarzwald – amazon* | genialokal*
- Ohne Alkohol – die beste Entscheidung meines Lebens von Nathalie Stüben – amazon* | genialokal*
- Vom unerwarteten Vergnügen, nüchtern zu sein (Original: The unexpected joy of being sober) von Catherine Grey – amazon* | genialokal*
- Trinkerbelle: Mein Leben im Rausch von Mimi Fiedler – amazon* | genialokal*
- Warum ich keinen Alkohol mehr trinke von Bas Kast – amazon* | genialokal*
Interessante Dokus rund um Alkoholkonsum und Abstinenz
- Dirty Little Secrets: Warum wir immer weiter trinken (ARD Mediathek)
- heute show spezial: Alkohol – Bier sind das Volk! (ZDF Mediathek)
- Hirschhausen und die Macht des Alkohols (ARD Mediathek)
- Alkohol: Der globale Rausch (bei ARD Plus)
- Alkohol Detox – Die Challenge (ARD Mediathek)
Hilfe für Betroffene und Angehörige (Suchtberatungsstellen)
Betroffene und Angehörige finden Rat und Hilfe bei städtischen und kirchlichen Suchtbeeratungssstellen sowie Beratungsstellen von Kliniken und Gesundheitsämtern. Eine Suche von Beratungsstellen in der Nähe ist zum Beispiel bei der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. möglich.
PS: Jetzt bin ich neugierig – welche Tipps kannst du ergänzen? Welche alkoholfreie Alternativen kannst du empfehlen? Und gibt es noch ein Buch, das wir lesen sollten? Ich freue mich über deinen Kommentar!
Liebe Katrin, danke für diesen sehr praktischen, gut recherchierten und hilfreichen Artikel!! Ich möchte gerne noch etwas ergänzen: Jede/r kann sich mit dem Wunsch einer Reduktion oder Abstinenz an eine Suchtberatungsstelle vor Ort wenden, welche euch kostenfrei beraten und hinsichtlich eures Ziels begleitend unterstützen. Lieben Gruß von der Petra
Hallo Petra, vielen Dank – und das von einer Expertin auf dem Gebiet. Danke für den wichtigen Anstoß. Ich hab noch einen Abschnitt dazu ergänzt. Wenn du eine bessere Suchmaske oder Website kennst, die ich verlinken kann – immer her damit!
Ihr habt das Thema wie immer sehr genau beleuchtet und ähnliche Erfahrungen gemacht.
Ich habe erst reduziert, kam aber recht schnell zu dem Entschluss dass es für mich besser ist ganz aufzuhören. Jedes Glas ist doch Gift. Ich tanke mein Auto ja auch nicht mit falschen Flüssigkeiten. Und mein Körper und mein Geist sind mir doch wichtiger als das Auto.
Hallo Klaus,
bei uns war es etwas anders: Wir wollten „erst mal“ keinen Alkohol trinken, haben uns aber nicht festgelegt. Aktuell kann ich mir ein Leben mit Alkohol nicht mehr vorstellen, verurteile aber nicht, wenn jemand sich ein Glas Wein, ein Bier oder einen Cocktail gönnt. Die Basis muss stimmen – und wir machen auch nicht alles perfekt 😉
Wie immer hervorragend recherchiert und geschrieben. Bin auch im Thema drin, motiviere mich mit dem Wissen, das Alkohol zum einen Zellgift ist und zum anderen schon nach dem ersten Schluck die Fettverbrennung gestoppt wird. Das reicht für mich als Motivation völlig aus. Ich persönlich habe mit meinem ersten Probierpaket mit alkoholfreiem Weißwein keine guten Erfahrungen gemacht. Enttäuschend. Was mich dagegen begeistert sind selbstgemachte Getränke auf Basis von Wasserkefir und Ginger-Bug. Beide probiotisch, köstlich und gesund. Das Netz ist voll mit Anleitungen und Rezepten.
Hallo Sabine,
ja, die Geschmäcker sind verschieden, da gebe ich dir Recht. einen Ginger-Bug habe ich vorletzte Woche auch angesetzt und hab bisher Limo gemacht. Hast du ein absolutes Lieblingsrezept, das du mir empfehlen kannst?
Mein persönlicher Tipp (da tickt vermutlich jede/r anders) ist, soziale Situationen, Feiern etc. eben NICHT zu meiden, wenn man keinen Alk trinkt. Ich hatte es vor Jahren, als ich mit dem Rauchen aufgehört hatte, genauso gehandhabt – um eben NICHT das Gefühl zu bekommen, dass man ohne diese Substanzen wie ein Mönch zu Hause sitzt und keinen Spaß mehr hat. Stimmt nämlich nicht 😉
Hallo KaLa, genau, wichtiger Punkt – jede:r tickt anders. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Rauchen und Alkohol trinken in Gesellschaft, besonders wenn es „viel“ ist einen Unterschied macht (vielleicht auch nicht). Ich hab früher in Köln gewohnt und jahrelang ausgiebig Karneval gefeiert, mit Mitte/Ende 20 auch 6 Tage am Stück, von Weiberfastnacht bis zur Nubbelverbrennung. Glaube, diese Tage komplett ohne Alkohol stelle ich mir gerade sehr schwer und anstrengend vor, aber auch da gibt es sicherlich verschiedene Erfahrung. Vielleicht finden andere das gerade besonders lustig, den Freundeskreis mal aus der nüchternen Perspektive zu erleben.
Hey, vielen Dank dafür! 🙂
Ich habe noch eine Buchtipp-Ergänzung: „Rausch und Klarheit“ von Mia Gatow. Ich lese es gerade und bin total begeistert von ihrer authentischen Art. Das Buch ist voller inspirierender Gedanken, ich kann es nur empfehlen.
Und für Leute, denen es schwer fällt, nicht mehr zu trinken und bei denen vielleicht auch das Umfeld trinkt: Ich gehe wöchentlich zur „Motivationsgruppe“ von der Suchtberatungsstelle hier in meiner Nähe. Im Grunde ist das eine moderierte Selbsthilfegruppe. Die Gruppe hilft mir unglaublich, weil es sehr guttut, mich mit Leuten auszutauschen, die ebenfalls nicht mehr trinken und die Situationen und Gefühle, die damit einhergehen, kennen.
Hallo Miriam, vielen Dank für deine Empfehlungen, die ich beim nächsten Update aufnehmen werde. Und zur Suchtberatung: das ist ein guter und wichtiger Punkt, den auch Petra (weiter oben) angebracht hat. Ich hab noch einen zusätzlichen Abschnitt dazu eingefügt, mit dem Link zu einem Suchverzeichnis.
Ah, und ergänzend habe ich noch zwei Podcasts: „Ohne Alkohol mit Nathalie Stüben“ und „SodaKlub – Podcast für Unabhängigkeit“. Beide super 🙂