Rich Roll gehört inzwischen zu den ganz großen Namen in der veganen Fitnessszene. Seinen Erfolg hat er sich hart erarbeitet: Kurz vor seinem 40. Geburtstag ist er nach einem langen Kampf gegen die Alkoholsucht an einem Tiefpunkt in seinem Leben angekommen. Als er am Ende eines späten Fernsehabends mit Junk Food und Nikotinkaugummis die Treppe zum Schlafzimmer hochsteigen will, muss er schon nach wenigen Stufen keuchend anhalten, um wieder zu Atem zu kommen.
In diesem Moment trifft Rich den Entschluss, sein Leben umzukrempeln. Und nur wenige Jahre später hat er es geschafft: Er nimmt erfolgreich an Ultraman-Wettkämpfen teil, absolviert 5 Ironman-Triathlons in nur 7 Tagen und wird vom Men’s Fitness Magazine unter die 25 fittesten Menschen der Welt gewählt.
Die Geschichte seiner Verwandlung von der Couch-Potato zum veganen Supersportler erzählt er in seinem wirklich lesenswerten Buch Finding Ultra*. Nun hat er zusammen mit seiner Frau Julie Piatt das Plantpower Kochbuch* vorgestellt (die Rezension gibt’s hier auf beVegt). Wir haben die beiden auf der Frankfurter Buchmesse getroffen und mit ihnen über die vegane Lebensweise, über Veränderungen und über Motivation gesprochen.
Wir haben das etwa 30-minütige Gespräch ins Deutsche übersetzt und an einigen Stellen etwas gekürzt. Klicke hier, um dir die gesamte Aufzeichnung anzuhören.
„Wir wollen mit dem Plantpower Kochbuch die falschen Vorstellungen über die vegane Lebensweise korrigieren.“
beVegt: Worum geht es im Plantpower Kochbuch?
Rich: Es ist so, dass „Finding Ultra“ ein Buch über meine persönliche Geschichte war. Natürlich findet man darin auch eine Menge Infos über meine Ernährung, aber eben keine Rezepte. Die Leser waren inspiriert und haben gesagt, okay, ich bin bereit, ich will loslegen – was soll ich essen?
Im Plantpower Kochbuch geben wir jetzt die Antwort auf diese Frage. Und es schlägt eine Brücke von meiner eigenen Geschichte zur Geschichte unserer Familie. Wenn du Finding Ultra gelesen hast, dann weißt du, dass meine eigene Verwandlung nicht ohne Julie möglich gewesen wäre, und Julie hat selbst eine tolle Geschichte. Das alles fügen wir mit dem Konzept des „Plantpower Way“ zu einem großen Ganzen zusammen.
beVegt: Euer neues Rezeptbuch enthält auch „dekadente Desserts“ – so steht es jedenfalls in der Kurzbeschreibung auf eurer Website. Das ist nicht gerade das erste, woran man bei einer gesunden Ernährung denkt. Wie sehen solche Desserts bei euch aus? Und würdet ihr sagen, dass Genuss zu einem gesunden Leben dazugehört?
Julie: Wir Menschen kennen ja fünf verschiedene Geschmäcker: süß, sauer, salzig, bitter und umami. Alle diese Geschmäcker sollten wir mit unserer Ernährung auch befriedigen, damit wir uns wirklich gesättigt fühlen. Und ich denke, dass wir alle etwas mehr Süßes brauchen. Nicht in Form von verarbeitetem Zucker, sondern in der Form, in der sie uns die Natur zur Verfügung stellt: Datteln, frische Früchte und so weiter.
Das Kapitel mit den Desserts ist ziemlich umfangreich geworden – daran erkennt man, dass ich sehr auf Süßes stehe. Und man kann lernen, gesunde Desserts zuzubereiten, mit natürlichen Zutaten und Süßungsmitteln. Im Kochbuch gibt es zum Beispiel einige rohköstliche Torten, die voller Nährstoffe sind. Wenn du eine kleine Portion davon isst, dann hast du anschließend kein schlechtes Gewissen, weil du eine Süßigkeit gegessen hast, sondern du bist voller Energie!
Rich: Eine wichtige Idee hinter dem Kochbuch ist es, die traditionellen Vorstellungen gegenüber der veganen Lebensweise zu korrigieren: Dass man verzichten und leiden muss, um etwas Gutes zu tun. Stattdessen zeigen wir, dass man mit dieser Lebensweise glücklich und genussvoll leben kann und diese herrlichen Gerichte genießen kann. Es geht uns darum, das Interesse der Menschen für diese Lebensweise zu wecken. Statt zu sagen: Du bist eine gute Person, wenn du so lebst, sagen wir: Es schmeckt einfach besser und du wirst dich besser fühlen, also warum probierst du es nicht einfach mal aus?
beVegt: Diese Frage ist ziemlich hypothetisch und wahrscheinlich auch schwer zu beantworten, aber wenn ihr für den Rest eures Lebens nur noch ein einziges Lebensmittel essen könntet – für welches würdet ihr euch entscheiden?
Rich: Oh Mann, es wäre furchtbar, wenn man für den Rest des Lebens nur noch ein einziges Lebensmittel essen könnte!
Julie: Das wäre wirklich schlimm, aber ich würde mich für Avocado entscheiden. Avocados sind die nährstoffreichsten Früchte, die es gibt, mit vielen gesunden Fetten. Wenn es also nur darum ginge, mich mit Energie zu versorgen, würde ich Avocados wählen.
Rich: Da schließe ich mich an.
„Der beste Sport für dich ist der, bei dem du auch wirklich dranbleibst.“
beVegt: Gehört Sport auch zum Plantpower Way mit dazu? Oder geht es nur um die Ernährung?
Rich: Ich denke, die Ernährung ist der Grundstein, auf dem alles aufbaut. Aber der Plantpower Way ist ein Lifestyle, und dazu gehört auch Sport und Bewegung. Welche Rolle dieser körperliche Aspekt dabei spielt ist natürlich ganz individuell. Julie und ich sind da sehr verschieden. Ich selbst brauche eine Menge Sport und Anstrengung, während es für Julie Dinge wie Yoga und Meditation sind. Jeder hat da seine eigenen Bedürfnisse und die können sich auch mit der Zeit verändern. Ich trainiere zum Beispiel nicht mehr so hart wie zu meiner Ultraman-Zeit, aber es ist mir immer noch sehr wichtig, mich körperlich herauszufordern. Bewegung – egal in welcher Form – ist also ein zentraler Aspekt des Plantpower Lifestyles, aber die Form bestimmst du selbst.
Wenn ich gefragt werde: „Was ist der beste Sport, wie sollte ich trainieren?“ dann antworte ich immer: „Der beste Sport für dich ist der, bei dem du auch wirklich dranbleibst!“ Es geht bei diesem Lifestyle um Nachhaltigkeit – das ist ein Thema, das sich durch das ganze Buch zieht. Es geht nicht nur um die Ernährung, sondern um einen nachhaltigen Lebensstil, in dem Sinn dass er langfristig für dich funktioniert und gleichzeitig unseren Planeten und unsere Ressourcen schont.
beVegt: Rich, du bist ziemlich viel unterwegs und hast eine Menge Termine. Wie findest du in deinem stressigen Alltag noch genügend Zeit für dein Training? Hast du Tipps für Leute mit wenig Freizeit?
Rich: Klar, es ist natürlich nicht ganz einfach. Ich liebe das Reisen, ich liebe es, Menschen kennen zu lernen und meinen Horizont zu erweitern. Aber manchmal wird es auch schwierig, vor allem wenn man nicht frei über seine Zeit und Termine bestimmen kann. Ich versuche deshalb, direkt morgens als allererstes Sport zu machen. Wenn ich mir sage, dass ich auch später noch trainieren kann, dann funktioniert das oft nicht. Gerade wenn man unterwegs ist, ist Laufen ein idealer Sport. Mehr als ein Paar Laufschuhe brauchst du dafür ja nicht.
beVegt: In deiner Autobiografie Finding Ultra* erzählst du, wie du zu einer pflanzlichen Ernährung gekommen bist – damals ging es dir in erster Linie um deine Gesundheit. Wie wichtig sind dir heute auch die ökologischen und ethischen Gründe, die für eine vegane Lebensweise sprechen? Und hat sich deine Motivation, vegan zu leben, mit der Zeit verändert?
Rich: Ja, das hat sich definitiv verändert. Heute habe ich eine ganz andere Einstellung zur veganen Lebensweise als zu der Zeit, in der ich Finding Ultra geschrieben habe. Natürlich sind die gesundheitlichen Gründe für mich immer noch sehr wichtig, aber ich würde sogar sagen, dass sie nur noch zweitrangig sind, und dass die ökologischen und ethischen Gründe jetzt für mich im Vordergrund stehen. Damit habe ich ehrlich gesagt gar nicht gerechnet! Vor allem nicht, dass ich dieses Mitgefühl für andere Lebewesen entwickeln würde – früher dachte ich, dass das nicht wirklich mein „Ding“ ist. Und heute liegt mir das sehr am Herzen und ich denke viel darüber nach.
Ich verwende gerne dieses Bild aus dem Film „Matrix“ um es zu erklären: Es ist, als würdest du die rote Pille nehmen und plötzlich öffnen sich deine Augen und du siehst, wie die Gesellschaft wirklich funktioniert. Und je mehr du lernst, desto weiter öffnen sich deine Augen, und desto mehr Dinge erkennst du, die bislang ganz normal für dich waren, und die du jetzt nicht länger gut heißen kannst.
Julie: Ich selbst komme aus einer Familie, in der viel Fleisch gegessen wurde, und ich bin erst über Yoga zur vegetarischen Ernährung gekommen. Als Yogi glaube ich daran, dass wir diese negative Energie in uns aufnehmen, wenn wir ein Lebewesen essen, das zuvor gequält und getötet wurde.
Aber es ist wirklich eine Reise, ein Prozess: Ich habe zum Beispiel noch Kleidung aus Leder, die ich auch noch trage. Aber es ist schon lange her, dass ich mir etwas aus Leder gekauft habe, und inzwischen würde ich es auch nicht mehr tun. Jetzt schaue ich auch darauf, welche Kosmetik ich verwende und dass dafür keine Tiere gequält wurden. So macht man einen Schritt nach dem anderen, und ich finde es sehr wichtig, dass wir als Veganer auch anderen Menschen zugestehen, einen Schritt nach dem anderen zu machen, und niemanden verurteilen.
„Ich bin auch nicht immer motiviert und muss mich aufraffen, wenn es draußen kalt und grau ist.“
beVegt: Rich, du hast ein paar ziemlich heftige Sachen gemacht, wie zum Beispiel 5 Ironman-Triathlons in nur 7 Tagen zu finishen. Was hast du in den letzten Jahren über Motivation gelernt, das du mit uns teilen kannst?
Rich: Motivation ist ein spannendes Thema, über das ich schon oft in meinem Podcast gesprochen habe. Ich habe festgestellt, dass Motivation ziemlich leicht zu haben ist: Du schaust dir ein Bild auf Instagram an, oder liest ein Zitat, und sagst: Hey, das hat mich total inspiriert! Aber was machst du dann? Veränderst du dein Verhalten? Oder scrollst du einfach weiter und änderst nichts?
Diese Lücke zwischen der Motivation und der Verhaltensänderung hat mich schon immer fasziniert. Wie schafft man es, dass das eine auf das andere folgt? Und es gibt da keine einfache Antwort. Wenn es eine gäbe, dann bräuchten wir ja diese ganzen Bücher über Motivation nicht (lacht).
Ich kann natürlich nur aus meiner eigenen Erfahrung sprechen – und es geht mir wie jedem anderen auch: Ich bin nicht immer motiviert und muss mich auch aufraffen, wenn es draußen kalt und grau ist und ich lieber noch länger im Bett liegen bleiben würde. Mir hilft es, wenn ich mir bewusst mache, dass ich nicht auf diese Stimme in meinem Kopf hören muss, die mich nur zurückhalten will. Dass ich sie ausschalten kann und nicht zu viel nachdenken, sondern einfach handeln muss.
Ich habe ein Mantra, das dabei sehr gut funktioniert: „mood follows action“. Das bedeutet: Statt zu warten, dass du in die richtige Stimmung kommst, um zum Beispiel zu laufen, lauf einfach los – und dann folgt die richtige Stimmung und die Motivation von ganz alleine!
beVegt: Rich, viele Menschen träumen insgeheim von einer großen Veränderung in ihrem Leben. Du hast es geschafft und dein Leben komplett umgekrempelt. Was glaubst du, was dein Erfolgsgeheimnis war?
Rich: Ich denke, das Erfolgsgeheimnis war, dass ich in mich hineingehört habe, um herauszufinden, wer ich wirklich bin. Und dann musst du auf deine innere Stimme vertrauen und daran glauben, dass sie dich dorthin führt, wo du hingehörst. Das klingt natürlich leichter als es ist. Vielleicht ist es das schwierigste, was du jemals in deinem Leben tun wirst – aber es ist unglaublich wichtig, dass du dich darauf einlässt.
beVegt: Ihr beide wirkt immer sehr positiv und optimistisch. Gilt das auch im Hinblick auf die vegane Lebensweise, oder den „Plantpower Way“ wie ihr es nennt? Oder glaubt ihr, dass das alles nur ein großer Trend ist, der wieder vorübergehen wird?
Julie: Ich sehe es so: Am Ende des Tages musst du dich nur vor dir selbst verantworten und mit dir selbst im Reinen sein. Wenn du auf eine Weise lebst, dich ernährst und dich verhältst, die mit deinen Prinzipien und deinem Herzen übereinstimmt, dann ist das alles, was du tun kannst.
Rich: Anders ausgedrückt könnte man sagen: Die beste Art und Weise, um die Welt zu verändern, ist sich selbst zu verändern. Konzentriere dich auf dich selbst und hör auf, dir zu viele Gedanken darüber zu machen, was andere tun.
Wir beide leben auch in einer Art Blase – der westliche Teil von Los Angeles ist ein Paradies für Veganer. Und wenn wir dann auf einem Flughafen irgendwo mitten in den USA sind denken wir plötzlich: Wow, es gibt ja tatsächlich noch Leute, die zu McDonald’s gehen! Man hat ein völlig verzerrtes Bild von der Realität und erkennt plötzlich, dass die meisten Menschen sich überhaupt nicht dafür interessieren, was du tust und wie du lebst. Natürlich kann man da leicht das Gefühl bekommen, dass man nichts verändert und keinen Einfluss hat.
Aber alles in allem bin ich doch optimistisch, dass die vegane Lebensweise mehr ist als nur ein Trend. Ich spüre, dass sich immer mehr Menschen dafür interessieren – vor allem junge Menschen. Ich bin wirklich gespannt, wie das alles weitergeht und freue mich einfach, dass wir einen kleinen Teil zu dieser Geschichte beitragen dürfen.
beVegt: Rich und Julie, vielen Dank für dieses Interview. Das war sehr inspirierend, aber wir haben auch nichts anderes erwartet!
Wenn du gerne mehr von den beiden lesen möchtest: Sowohl Finding Ultra* als auch das Plantpower Kochbuch* sind auf deutsch erhältlich. Finding Ultra können wir dir sehr ans Herz legen, und das Plantpower Kochbuch haben wir auch seit einigen Tagen im Einsatz. In Kürze werden wir es hier auf dem Blog nochmal ausführlicher vorstellen.
Su
Man muss diese beiden einfach mögen.
Sie sind so auf dem Boden geblieben und so einig und so sicher und ruhig in dem was sie tun.
Dabei so lebendig und an der Welt interessiert und trotz nicht ganz einfacher Phasen in ihrem Leben im Hier und Jetzt und nicht in der Vergangenheit.
Ein wahrscheinlich richtig beflügelndes Zusammentreffen…
Daniel Roth
Sehr beflügelnd liebe Su! Die beiden haben einfach etwas zu sagen, das merkt man sofort. Besonders bei Rich spürt man, dass er in den letzten Jahren seine „Lebensaufgabe“ gefunden hat. Man fragt sich, wie er jemals etwas anderes tun konnte als über Gesundheit, Fitness und ein nachhaltiges, selbstbestimmtes Leben zu sprechen 🙂
Amisajo
Ahhhhhh tolles Interview, kmmt mir grad recht 🙂 Ich lese zur Zeit „Born to run“ und bin dermassen inspiriert, dass ich glaube beinahe zu platzen vor Glück. Solche Menschen braucht die Welt, ich sags Euch! Es mag tatsächlich zu einfach klingen, aber ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es das eigentlich auch ist! Ich selber war einmal fast 100kg schwer, verfressen ohne Ende und hab täglch gekifft. Heute hab ich Grösse 36 bin glückliche Veganerin und laufe bis zu 15km im Freudnenrausch durch unsere wunderschönen schweizer Wälder. Und seid kurzen träume ich von einem Ultramaraton, jawohl. Nicht heute, nicht morgen, aber igrendwann. Ich hab im Laufe meines Lebens gelernt auf meinen Mentor Robert H.Schuller zu hören, der seiner Lebtage lang mit Innbrunst predigte: „Wenn du es träumen kannst, dann kast du es auch tun!“ Amen 😉
Daniel Roth
Born to Run und Finding Ultra sind einfach unschlagbar, wenn man Motivation braucht. Toll, dass du heute so eine Erfolgsstory erzählen kannst. Und wenn du das geschafft hast, dann schaffst du auch irgendwann einen Ultramarathon!
Liebe Grüße
Daniel
Jan
Wow! Einfach nur Wow! Richtig tolles Interview, das so viel positive Energie rüberbringt. Vielen Dank, dass ihr das mit uns teilt 🙂
Liebe Grüße
Jan
Johnny
die zwei sind einfach super, danke für das interview!
Sabine
Ganz herzlichen Dank für das Interview. Ich mag die beiden sehr, vor allem Julie hat mich dieses Jahr enorm inspierit. Richs podcast höre ich lange… Ich war letztes Jahr mit ihnen auf der vegan cruise und habe sie dieses Jahr auf dem Heldenmarkt gesehen und natürlich mit ihnen gesprochen. Ich war überspracht wie down to earth sie immer noch sind, obwohl ihr Bekanntheitsgrad inzwischen auch in Deutschland schon betrachtlich gestiegen ist. Die beiden ergänzen sich sehr gut, das ist offensichtlich.
Antje von Einfach anfangen
Ich sehe das auch so. Die Ernährung ist die Basis. Es wird zu deiner Lebenseinstellung. Wir ernähren uns in der Familie hauptsächlich roh. Unser komplette Einstellung zum Leben hat sich verändert. LG Antje
Christian
Hallo, ihr Lieben!
Vielen Dank für das interessante Interview (auch wenn das natürlich schon eine Weile zurück liegt)! Ich überlege gerade, mir Finding Ultra zuzulegen, nachdem ich sehr viel Positives darüber gelesen habe. Auch das von euch hier besprochene Kochbuch würde mich interessieren. Ich bin nur etwas darüber verwundert, wie Rich Roll behaupten kann, dass mittlerweile mehr die ökologischen und ethischen Aspekte einer veganen Ernährung für ihn im Vordergrund stehen, er aber dann wie seine Frau Avocados als das nennt, was er sozusagen über alle Maßen essen könnte. Ich würde gern eure Einschätzung wissen, wie sehr diese ökologischen Aspekte in dem neuen Kochbuch eine Rolle spielen, denn wenn wir ehrlich sind, sind viele Produkte, die man für eine wertvolle vegane Ernährung benutzt und die in nahezu allen Kochbüchern auftauchen, ökologisch nicht sonderlich vertretbar. Entweder haben sie fragwürdige Anbaukonzepte, oder sie mussten zigtausend Kilometer verschifft werden, oder die Landwirte vor Ort bekommen viel zu wenig für ihre Produkte. Das Gleiche gilt natürlich auch für Obst wie Bananen, die wir Läuferinnen und Läufer so sehr lieben. Ich würde mich freuen, wenn diese kritischen Seiten auch öfter beleuchtet würden, und da interessiert mich eben, ob sich die beiden, also Rich Roll und seine Frau, auch darüber Gedanken machen bzw. es auch ganz klar bennenen.
Vielen Dank für eure Antwort!
Liebe Grüße,
Christian
Katrin Schäfer
Hallo Christian,
ich kann jetzt nur mutmaßen, dass die beiden damals mit den ökologischen Aspekten auf den Anbau von pflanzlichen LM für die Futtermittelindustrie, Treibhausgase etc. gemeint haben – aber wie gesagt, das ist meine Vermutung und reine Interpretation. Man muss dabei natürlich auch beachten, dass für uns hier in Deutschland Avocados z.B. um die halbe Welt, oder mindestens mal von den Kanarischen Inseln hergeschifft oder geflogen werden. In Kalifornien, wo Rich und Julie wohnen, werden Avocados angebaut, der weite Weg fällt dort schon mal weg.
Es gibt im Plantpower-Kochbuch kein eigenes Kapitel, das sich den ökologischen Aspekten der Ernährung widmet.
Ich kann deine Worte gut nachvollziehen, denn auch ich mache mich immer mehr Gedanken, woher unsere Lebensmittel kommen. Wir bekommen seit einem guten Jahr eine regionale und saisonale Gemüsekiste, und so ist uns erst mal richtig bewusst geworden, dass es keine heimischen Zucchini und Paprika gibt, die das ganze Jahr verfügbar sind. Seit dem gibt es viele Gemüsesorten nur noch ein paar Wochen im Jahr – und das ist auch gut so.
Bei Obst und Gemüse ist es für uns alle recht einfach nachvollziehbar, in welchem Land sie produziert werden. Bei anderen Lebensmitteln leider nicht. Vieles kann theoretisch aus der Umgebung kommen, tut es aber nicht – oder man weiß es nicht. Das nächste Feld, auf dem Hafer wächst, ist von uns ca. 800 Meter entfernt. Ich bezweifel trotzdem, dass unsere Haferflocken, die wir kaufen, aus der Gegend kommen. Linsen können theoretisch auch aus der Gegend kommen. Die Linsen von Alnatura, die wir kaufen, kommen oft aus Russland oder China. Die Liste könnte man ewig fortsetzen, denn es sind nicht nur Avocados, Quinoa oder Bananen, die von weit weg kommen. Wenn man keinen großen Garten und viel Zeit dafür hat, ist es heute – glaube ich – sehr schwierig, sich wirklich regional zu ernähren.
Wir behalten das mal im Hinterkopf und machen dazu vielleicht mal einen Beitrag.
Viele Grüße, Katrin
Christian
Hallo Katrin,
herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort. Ich war mir nicht bewusst, dass Avocados auch in Kalifornien angebaut werden, das macht den Punkt natürlich wesentlich nachvollziehbarer, obgleich die Anbaumethoden bestimmt auch dort für manchen Unmut sorgen dürften. Dieses ganze Thema ist tatsächlich sehr komplex, und dass ihr solche Gemüsekisten nutzt, spricht für euch. Ich hatte das auch immer mal überlegt, es jedoch aufgrund unregelmäßiger Kochmöglichkeiten noch nicht in die Tat umgesetzt. Vielleicht sollte man jedoch genau da ansetzen und sehen, was zu welcher Jahreszeit überhaupt in heimischen Gefilden verfügbar ist. Und dann ist das Thema ja tatsächlich auch mehr als nur interessant für Läuferinnen und Läufer, die sich vegan/vegetarisch ernähren wollen. Ich würde gern mal etwas darüber lesen/hören, wie ambitionierte Läuferinnen und Läufer (oder Sportlerinnen und Sportler generell) mit einer regional angepassten Ernährung zurecht kommen würden. Das erfordert ganz sicher noch einmal mehr Einsatz, doch könnte das eigene Gewissen da auch sicher noch stärker befriedigt werden. Bis dahin, so bin ich der Meinung, bleibt vieles, was wir machen, ein Privileg unseres recht hohen Wohlstands (was jetzt nicht negativ gemeint ist).
Ich würde mich sehr freuen, wenn es euch die Zeit erlaubt, dazu mal was zu machen. Bis dahin macht einfach weiter mit eurer ohnehin grandiosen Sache.
Liebe Grüße
Christian