Laufen ist der tollste Sport – wenn man erst einmal die ersten Monate als Laufanfänger hinter sich gebracht hat. Bis dahin ist es oft ein steiniger Weg.
Anfänger sein – egal in welcher Sportart – ist extrem hart. Ich spüre das gerade am eigenen Leib: vor einigen Monaten habe ich mit dem Kraulen angefangen (Fortschritte nach 4 Monaten: minimal), und seit Anfang des Jahres gehen Daniel und ich regelmäßig in eine Kletterhalle, wo wir uns noch immer an den leichten Routen die Zähne ausbeißen.
Als Anfänger ist man davon überzeugt, dass man nur selbst diese Probleme hat, und die „Könner“ schon als Meister vom Himmel fallen. Das ist aber nicht so – und das muss auch ich mir immer wieder sagen, wenn ich nicht mal eine einzige 25-Meter-Bahn durchkraulen kann.
Umso mehr habe ich mich vor einigen Monaten gefreut, als sich Claudi von Claudi goes vegan als Laufanfängerin outete. Wir vereinbarten damals, dass sie im Frühjahr auf beVegt über ihre Erfahrungen berichten sollte – wenn sie so lange durchhält. Und das hat sie!
Claudi ist seit ihrem 8. Lebensjahr Vegetarierin und ernährt sich seit Januar 2011 vegan. Auf ihrem Blog berichtet sie über Veganismus allgemein, über vegane Gerichte und ihr Leben in München.
beVegt: Claudi, du hast dich vor einigen Monaten dazu entschieden, mit dem Laufen anzufangen. Gab es einen speziellen Anlass dafür?
Claudi: Oh ja, meine Freundin Miri und eine Aussage von Patrick Bolk. Miri hat mich über einen Monat hinweg gepiesackt und mir immer wieder erzählt, wie gut ihr das Laufen tut und vor allem wie wichtig es für den Stoffwechsel ist. Von Patrick hat folgende Aussage gesessen: „Du sagst, du KANNST nicht laufen? Was sagst du denn jemandem der meint er KANN nicht vegan?“
beVegt: Das war ja nicht dein erster Versuch. Warum sind deine vorherigen Versuche gescheitert?
Claudi: Ich habe Intervalllauf probiert, war super verkrampft und hab die Uhr hypnotisiert. Mein Puls schießt wahnsinnig schnell in die Höhe und ich hab mich extrem in die Pulsuhr reingesteigert. Mit meinem Exfreund und Bruder bin ich auch unterwegs gewesen. Beide waren mir immer voraus und ich hechelnd und fertig hinterher.
beVegt: Wenn man eine Sportart neu erlernt gibt es ja immer Dinge, die einem nicht einfach fallen. Was war am Anfang für dich besonders schwer und wie hast du diese ersten Hürden gemeistert?
Claudi: Bei Schnee rausgehen, was ich mit dem Gedankengang „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Klamotten!“ überwunden hab! 🙂
beVegt: Wie oft gehst du aktuell pro Woche laufen und wie lange?
Claudi: 2x/Woche. Ich bin mittlerweile bei 20 – 25 Minuten angekommen. Mein Ziel ist zuerst einmal 30 Minuten durchzuhalten und dann wird an der Geschwindigkeit gearbeitet. Ich laufe nicht nach Trainingsplan, sondern einfach nach Bauchgefühl. Auf Anraten von zwei Kolleginnen (eine Marathonläuferin und eine ehemalige Sportlehrerin) und auch dir, liebe Katrin, habe ich von Anfang an nur darauf gehört. Miri hat mir dann noch den Tipp gegeben nicht zu gehen, sondern lieber immer zu laufen, aber halt mal schneller, mal langsamer. Und so bin ich von Anfang an komplett durchgelaufen. Gestartet habe ich mit 15 Minuten und 1,5 Kilometer und bin nun bei 20 Minuten und 2,5 Kilometer angekommen. Ja – das ist für viele echt lächerlich. Aber für mich ist das ein Riesensprung, denn noch Anfang November habe ich gesagt „Laufen? Neeee – ich kann das einfach nicht!“
beVegt: Du hast ja mit den Wintermonaten wirklich einen “sportlichen” Zeitpunkt für deinen Start ins Läuferleben gewählt. Viele fangen als Neujahrsvorsatz im Januar an oder starten eben im Frühjahr durch, wenn die Temperaturen etwas milder werden. Was hat dir geholfen, deinen inneren Schweinehund zu überwinden, wenn die heimische Couch bei nasskaltem Wetter und Dunkelheit doch einmal mehr Anziehungskraft hatte als deine Laufschuhe?
Claudi: Ja kuhl, gell? Ich freue mich so sehr, denn die geniale Zeit hab ich vor mir. Anders als die meisten Laufanfänger. Das macht mich richtig glücklich. Und über Weihnachten bin ich auch hinweg. Geholfen hat mir (ganz ehrlich!) die Aussicht auf das Interview für beVegt. Wir hatten ja abgemacht, dass du mich interviewst, wenn ich bis Frühjahr durchhalte :). Außerdem Miri, die mich immer wieder aushorcht, ob ich auch brav laufen war. Desweiteren steht ein Treffen mit Mark Hofmann von Laufen gegen Leiden an. An diese drei Dinge denke ich übrigens auch immer während des Laufens. Und etwas egoistisch daran, dass ich es nur für mich tue.
beVegt: Gerade Laufanfänger stehen oft vor dem Problem, nicht zu wissen, welche Ausrüstung sie sich anschaffen müssen, um loszulegen. Welche Laufklamotten und Accessoires benötigt man deiner Meinung nach am Anfang unbedingt? Hast du dir etwas neu zugelegt, was im Nachhinein überhaupt nicht nötig war?
Claudi: Von den ersten Versuchen hatte ich noch Schuhe und Funktionsshirts. Vom Yoga eine Sporthose, einen Fleecepulli mit Kapuze und Stulpen. Fertig. Gekauft habe ich mir allerdings die FiveFingers von Vibram* (Modell Speed) bei avesu. Eigentlich wollte ich die schon längst tragen, aber das Wetter macht mir einen Strich durch die Rechnung. Nicht mehr verwende ich Pulsuhr und -gurt. Und von Runtastic reicht die kostenlose App – ich hab mir die für 6 € geholt.
beVegt: Sport und Ernährung – eine tolle Kombination – und immer ein großes Thema. Was isst du vor und nach deinen Läufen? Machst du heute als Läuferin etwas anders als früher?
Claudi: Da ich aktuell „nur“ ca. 200 kcal verbrenne habe ich mir darüber noch gar keine Gedanken gemacht muss ich gestehen. Am Wochenende gehe ich immer vormittags laufen und dann gibt es mein Lieblingsfrühstück zur Belohnung: „Rawnola“.
beVegt: Du hast dich im vergangenen Jahr einen Monat lang komplett rohvegan ernährt. Ich esse gerne Rohkost und weiß mittlerweile, dass rohvegan mehr als nur Salat und Smoothies bedeutet – aber auch, dass die rohvegane Küche zeitintensiv ist. Was ist das Besondere an rohveganer Küche? Welche Erfahrungen hast du in diesem Monat gemacht?
Claudi: Ich war 2012 zwei Monate rohvegan, bin dann aber aufgrund meines Urlaubs im Mai schnell wieder in die vegane Kochkost zurück. Leider – wie ich im Nachhinein sagen kann. Seit Mitte Januar 2013 bin ich nun wieder komplett roh und genieße es in vollen Zügen. Auch, weil ich es jetzt nicht so dogmatisch auf 100% und kompliziert handhabe. Das Besondere ist die volle Ausschöpfung an Nährstoffen. Mir tut besonders gut, dass meine zwei großen Laster (Gluten und Zucker) automatisch wegfallen. Meine Erfahrungen 2012 und auch jetzt: ich bin noch fitter als mit veganer Kochkost! Vegan für die Tiere, Menschen und Umwelt und roh für mich selbst.
beVegt: Was sind für dich die besonderen Herausforderungen einer rohveganen Ernährungsweise?
Claudi: Die Einflüsse von außen. Noch schlimmer als bei veganer Ernährung. Das war es dann aber auch schon. Ich bin mir jetzt sicher, dass es nun dauerhaft klappt, denn ich hab meinen Weg gefunden – ähnlich wie beim Laufen, braucht es manchmal mehrere Anläufe 🙂
beVegt: Du bringst in diesem Sommer sogar ein Buch zu diesem Thema heraus. Handelt das Buch von der Rohkost-Theorie oder gibt es auch Rezepte?
Claudi: Eine Mischung aus beidem. Ich beschreibe viel, aber es enthält auch ca. 50 Rezepte. Vor allem so weit möglich ohne Dörrgerät und Co.
beVegt: Vielen Dank für das Interview, Claudi! Wir freuen uns, wenn du auch zukünftig auf deinem Blog über deine Fortschritte berichtest und damit auch anderen Laufanfängern Mut machst.
Claudi: Ich danke euch!
PS: Wie hast du als Laufanfänger die größten Hürden überwunden? Und hast du schon einmal ein rohveganes Experiment gewagt? Ich freue mich über deinen Kommentar!
Lisa
Schönes Interview 🙂
In einem Punkt muss ich aber widersprechen: ich finde nicht, dass jede Sportart anfangs anstrengend ist. Ich habe z.B. im Oktober mit Kung Fu begonnen und klar hab ich viel zu lernen, aber gerade anfangs gingen die Fortschritte unheimlich schnell. Ich finde viel eher die Stagnation der Leistung anstrengend, wenn man die ersten Hürden überwunden hat und sich dann richtig motivieren muss, um voran zu kommen.
Meine ersten Laufanfänge liegen bereits 8 Jahre zurück. Da war ich gerade 16 und frisch mit meinem Freund zusammen (mit dem ich auch jetzt noch zusammen bin). Er war beim Bund und im Sportfieber. Ich war das unsportlichste Mädchen überhaupt. Eines Sonntags hat er mich zum Laufen mitgeschleppt. DAS WAR DIE HÖLLE! Er joggte beschwingt 20m vor mir mit 20kg auf dem Rücken und rief mir blöde Bundeswehrsprüche zu, ich habe ihn gehasst. Die Tage danach konnte ich kaum laufen! Trotzdem hatte mich der Ehrgeiz gepackt. Den Coopertest habe ich dann mit 10 Punkten abgeschlossen und ich bin bis Anfang 2012 immer mal wieder laufen gewesen. Anfang 2012 hat mich das Fieber richtig gepackt und ich kann mir ein Leben ohne Laufen nicht mehr vorstellen, auch wenn ich derzeit keine langen Läufe mache, sondern nur knapp 10km. Aber letztes Jahr habe ich es übertrieben und nun muss ich mich langsam herantasten. Klappt gut! Und mein HM ist auch erst Ende Juni.
Rohvegan war ich noch nie und irgendwie habe ich auch kein Verlangen danach. Ich esse ohnehin viel Rohkost, ein Tag ohne Gemüse ist ein schlechter Tag.
Eine Frage hab ich aber, die mich brennend interessiert und die mir noch keiner beantworten konnte: Woher kommt diese Glutenpanik und was soll an Gluten so schlimm sein? (Wenn man allergisch ist, ist es klar, aber derzeit geht diese Welle durch Blogs, die Gluten quasi verteufelt.)
Katrin
Hallo Lisa, du hast natürlich recht! Dann habe ich mir einfach die Sportarten für mich ausgesucht, die ihre Anlaufschwierigkeiten beherbergen. Hut ab dass du „trotzdem“ beim Laufen geblieben bist, ich weiß nicht, ob es mich nicht schon ein wenig demotiviert hätte.
Zum Gluten gibts sicherlich vielfältige Ansätze, und ich hab diese Panik auch nicht verstanden. Letzten Sommer habe ich selbst mal das Experiment gewagt und für 14 Tage gar kein Gluten zu mir genommen. Mit Müsli morgens und Hafermilch, Pasta, Couscous & Brot kommt da bei mir doch einiges zusammen. Ich habe mich nicht fitter gefühlt, aber magenmäßig besser. Nach den zwei Wochen habe ich zwar wieder ganz normal gegessen, aber konsumiere jetzt häufiger Maisnudeln und anderes Pseudogetreide, Milchreis anstatt Müsli zum Frühstück. Das sind nur meine Erfahrungen, die mir aber gezeigt haben, dass mein Körper anscheinend auf Gluten reagiert, auch wenn ich definitiv keine Intoleranz habe. Viele Grüße, Katrin
Lisa
Danke für deine Erläuterung!
Ramona
Ich habe letzten Herbst mit dem Laufen begonnen. Zur Motivation nutze ich eine App, die meinen Lauf per GPS aufzeichnet. Die lade ich dann bei Strava.com hoch. Dort kann ich mich mit anderen Läufern austauschen, Lob und Motivation bekommen. Ausserdem laufe ich gemeinsam (im Wechsel) mit meinem Mann. Das macht Spaß und wir können uns gegenseitig anspornen.
Roh-vegane Experimente mache ich auch. Ich habe allerdings noch nie länger als 14 Tage roh geschafft, sehe es insgesamt jedoch als Prozess und nicht als Dogma.
Liebe Claudi, ich bin gespannt auf dein neues Buch und hoffe, daß wir uns mal wieder treffen.
Claudi
Liebe Ramona,
klappt bestimmt hoffentlich im Sommer wieder, oder vielleicht schon früher (siehe Email) 🙂
Liebe Lisa,
WOW! Meinen Respekt und toitoitoi für den HM – auch wenn noch etwas Zeit hin ist.
In meinen Worten kurz und knackig ein paar Punkte oder besser gesagt Gedankengänge zu Gluten, dem „Getreidekleber“.
Es gibt zum einen Glutenunverträglichkeit/Zöliakie, die durch medizinische Tests diagnostiziert wird.
Davon abgesehen aber auch Menschen, die es einfach nicht gut vertragen. Zu denen gehöre ich.
Hab das getestet mit vier Wochen glutenfrei, im Herbst 2011, aufgrund des Buches „Crazy Sexy Diet“.
Kaum weg gelassen, ging es mir wesentlich besser. Das war auch noch vor der Rohkost.
Gluten verklebt im wahrsten Sinne des Wortes den Verdauungstrakt und hintert so beispielsweise Nährstoffe daran,
in den Blutkreislauf zu gelangen. Sehr interessant dazu ist Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Glutenunvertr%C3%A4glichkeit
Ich hoffe das hilft ein bisserl weiter 🙂
Viele liebe Grüße,
die Claudi
Lisa
Danke Claudi, das hilft auf jeden Fall 🙂
Muss mich mal reinlesen – würde zumindest einige Kalorien sparen, Gluten wegzulassen.
Lea
„Gluten verklebt im wahrsten Sinne des Wortes den Verdauungstrakt und hintert so beispielsweise Nährstoffe daran“
Bei Menschen die es nicht vertragen, bei den meisten ist das NICHT der Fall.
Beamay
Hi, bin soeben über Claudi’s Blog – auf Deiner Homepage gelandet. Wirklich sehr schön und informativ gemacht. Eigentlich bin ich Pferdebesitzerin & Reiterin, aber ganz ehrlich überleg ich mir, ob ich nicht mal zur Abwechslung mit meinen Hottis (hab 2) zusammen mit dem Lauftraining anfangen soll. Bin vor Jahren mal gelaufen, ist aber ääächt schon seeehr lange her 😉 – da diese Tiere ja eben Lauftiere sind ….. na ja mal sehn. Beste Grüsse Bx.
Katrin
Hallo Beamay, das freut uns sehr zu hören, dass dir unser Blog gefällt. Und mit dem Laufen anzufangen können wir dich nur bestärken. Fürs Reiten ist es bestimmt ja auch ein super Ausgleich, das Ziel muss ja nicht gleich Marathon heißen. Außerdem haben sowohl Daniel als auch in den letzten Monaten zu spüren bekommen, was es bedeuten kann „nur“ in einer Sporart intensiv zu trainieren. Und wenn du Tipps für deinen Laufstart benötigst weißt du ja jetzt, wo du dich umschauen kannst! Viele Grüße – und schön, dass du uns gefunden hast! Katrin
Nicole Hacker
auch für diesen motivierenden beitrag lieben dank!!!!
ich habe mir auch eine vorerst kleine laufausrüstung zugelegt und nutze die runtastic-app!