Im Oktober bin ich an jedem Tag mindestens 8 Kilometer weit gelaufen.
Es war das zehnte von zwölf Selbstexperimenten, die ich mir für dieses Jahr vorgenommen hatte. Das einzige mit sportlichem Hintergrund, und gleichzeitig das, auf das ich mich am meisten gefreut habe.
Insgesamt brachte ich es sogar auf 33 Lauftage in Folge, weil ich auch an den letzten beiden Tagen im September unterwegs war. Am 29. September war Scott Jurek beim Lauftreff des Frankfurter Laufshops zu Gast – das konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Und am 30. September hat mich wohl der Motivationskick aus dieser Begegnung nochmal in die Laufschuhe getrieben.
Meine Bilanz aus diesem Selbstexperiment: 33 Lauftage, 36 Laufstunden und 427 Laufkilometer, darunter der Pfalztrail mit knapp 33 hügeligen Kilometern, der Frankfurt Marathon und einige Läufe in strömendem Regen.
Das Täglichlaufen oder auch “Streakrunning” ist eine Übung im Dranbleiben. Ich habe dabei vieles gelernt, was mir (und dir) auch in anderen Lebensbereichen nützlich sein kann.
5 Dinge, die ich beim Täglichlaufen über das Dranbleiben gelernt habe
1. Wir Menschen sind zu gewaltigen Leistungen fähig
Und damit meine ich jetzt nicht mich selbst. Natürlich sind 427 Laufkilometer in 33 Tagen kein Pappenstiel, aber angesichts der Leistung anderer Täglichläufer sind sie kaum der Rede wert.
Kurz nachdem ich mein Selbstexperiment auf unserer Facebook-Seite angekündigt hatte meldeten sich schon die ersten “Streakrunner” unter den beVegt-Lesern zu Wort – teilweise waren sie schon seit mehreren JAHREN täglich in ihren Laufschuhen unterwegs.
Welches andere Lebewesen wäre dazu in der Lage, jahrelang jeden Tag etwas zu tun, das für sein Überleben nicht notwendig ist? Trotz schlechtem Wetter, Stress, Krankheit und der Unlust, die sicher auch den motiviertesten Täglichläufer hin und wieder befällt?
Wir alle tragen mit unserem Willen ein fast grenzenloses Potenzial in uns. Wir müssen bloß lernen, es für unsere Zwecke zu nutzen.
2. Gewohnheiten sind mächtig
Es ist ja immer wieder von der “Macht der Gewohnheit” die Rede. Meistens spüren wir diese Macht nicht, weil viele Gewohnheiten ganz unbewusst ablaufen (ich denke zum Beispiel an den Griff zur Zigarette oder zur Fernbedienung).
Ich habe die Macht der Gewohnheit beim Täglichlaufen ganz deutlich gespürt, weil sie mir bei diesem Selbstexperiment in die Karten gespielt hat. Das Laufen ist inzwischen ein fester Bestandteil meines Lebens. Es macht mir (meistens) Spaß und ich muss mich nur selten dazu aufraffen, es zu tun.
33 Tage in Folge zu laufen klingt für einen Nicht-Läufer vermutlich wie eine unlösbare Aufgabe. Für mich hat es sich eigentlich angefühlt wie immer und ich hatte nur selten das Gefühl, dass etwas anders ist als sonst.
Das ist die Macht der Gewohnheit – sie kann uns schaden, aber sie kann uns auch helfen.
3. Es ist wichtig, von einer Sache überzeugt zu sein
Das Täglichlaufen im Oktober ist mir wie gesagt sehr leicht gefallen. Im November stand dann ein ganz anderes Selbstexperiment auf dem Plan: Einen Monat lang glutenfrei essen und trinken (auch Bier enthält zum Beispiel Gluten).
Auch wenn ich in den letzten Wochen deutlich weniger Gluten zu mir genommen habe als sonst, habe ich mir doch auch einige (größere) Ausnahmen erlaubt. Es gab Gelegenheiten, bei denen mir dieser selbst auferlegte Verzicht einfach egal war.
Meine Erklärung dafür: Ich bin nicht zu 100 Prozent überzeugt davon, dass dieses Experiment Sinn für mich macht. Ich spüre keinen Unterschied wenn ich mich glutenfrei ernähre und stehe dem glutenfrei-Hype skeptisch gegenüber. Entsprechend schwach war meine Willenskraft, wenn ich dann einmal “in Versuchung” geraten bin.
Es ist also wichtig, dass du gute Beweggründe für etwas hast, das du regelmäßig tun willst, und dass du dir diese Beweggründe auch bewusst vor Augen führst (zum Beispiel, indem du sie dir aufschreibst).
4. Wenn dir etwas schwer fällt, dann tu es jeden Tag
Das klingt erst einmal wie ein Widerspruch. Aber irgendetwas in uns sorgt dafür, dass wir eine Serie nur ungern reißen lassen. Und das kannst du dir zunutze machen!
Ich wäre im Oktober an einigen verregneten Tagen ganz sicher nicht laufen gegangen, wenn ich mir nicht vorgenommen hätte, es täglich zu tun. Meine Trainingssoftware hat jeden Lauf in einen Kalender eingetragen, und diese ununterbrochene Kette von Lauftagen sah schon nach kurzer Zeit so hübsch und beeindruckend aus, dass ich sie einfach nicht abreißen lassen wollte.
Wenn du Schwierigkeiten hast, an einer Sache dranzubleiben, dann versuche, sie wenigstens eine Zeit lang täglich zu machen. Besorg dir einen Kalender und male für jeden Tag ein rotes Kreuz hinein, an dem du dein Vorhaben umgesetzt hast.
5. Dranbleiben ist nicht immer die richtige Entscheidung
Warum habe ich nach 33 Tagen wieder mit dem Täglichlaufen aufgehört, wenn es doch so gut geklappt hat? Weil ich nicht glaube, dass es mir auf Dauer gut getan hätte.
Ehrlich gesagt habe ich mich gefragt, was ich nach 100 oder 200 oder 300 Lauftagen am Stück tun würde, wenn mich eine Erkältung erwischt oder ich plötzlich einen stechenden Schmerz im Knie spüre. Hätte ich dann einfach so wieder aufhören können? Oder hätte ich meine Gesundheit aufs Spiel gesetzt, um die Serie nicht reißen zu lassen?
Aber eigentlich stand das nie zur Frage – ich wollte mir das Täglichlaufen nicht zur Gewohnheit machen, sondern sehen, wie es sich anfühlt, und ein paar Erfahrungen dabei sammeln.
Dranbleiben ist nicht immer die richtige oder beste Entscheidung. Wenn du einen Widerstand in dir spürst, der auch nach einiger Zeit nicht verschwindet, dann ist es vielleicht einfach nicht “dein Ding”.
Markus
Ich finde jede(n) Läufer(in) bewunderswert, die / die solch eine Serie durchhält. Die Willenskraft und das Zeitmanagement ist einfach gigantisch.
Ich selbst habe es Anfang letzten Jahres mal probiert soetwas durchzuziehen. Mitte Februar war dann Schluss. Nicht aus irgendeinem erkennbaren Grund sondern einfach so. War, wie du es beschrieben hast, durchaus interessant, aber vor allem mal ein super Training für die kommende Saison!
Daniel Roth
Hi Markus, absolut – mich hat das regelrecht umgehauen, als ich von Läufern und Läuferinnen gehört habe, die schon zwischen einem und acht! Jahren täglich die Laufschuhe schnüren. Unglaublich! Für mich persönlich sehe ich allerdings keinen Sinn im Streakrunning. Ich brauche meine Laufpausen, und außerdem schätze ich mich tatsächlich so ein, dass ich nur ganz schwer wieder aufhören könnte, wenn der Streak erst einmal beeindruckend lang geworden ist. Dann würde das Laufen zum Zwang, und das will ich auf keinen Fall.
adrian
Ich fahre mit dem Rad zur Arbeit und würde sagen, jeder Tag ist ein Gewinn. Ich sehe es nicht so verbissen, falls ich an einem Tag mal nicht fahre. Sei es aus Krankheit oder beruflichen Terminen oder oder… es gibt viele Gründe. Am Jahresende bin ich immer wieder erstaunt, wie viele Tausende Kilometer dadurch zu Stande kommen. Manchmal kann ich mir nicht vorstellen, dass ich heute Fahrrad fahre, aber wenn ich dann mal unterwegs bin, habe ich es noch nie bereut und dies übertrage ich auch in den Alltag. Es hat sich immer gelohnt und wird sich immer lohnen sich auf den Weg zu machen.
Daniel Roth
Hallo Adrian, ich hab den größten Respekt vor Fahrradpendlern – ich hab mich früher schon richtig schwer getan, im Winter morgens im Dunklen zur S-Bahn zu laufen 🙂 Danke für die Erinnerung, dass ich auch mal wieder häufiger aufs Fahrrad steigen sollte.
Gabi
Hallo Daniel!
Ich bin 31 Tage hintereinander gelaufen, und es hat mir Spass gemacht und auch gut getan. Kurze Streaks ab und zu finde ich ja ganz interessant, aber für längere Zeit ist das nichts für mich.
Aber so ein bewusster Monat, der ganz im Zeichen des Laufens steht, ist schon toll!
Liebe Grüße
Gabi
Daniel Roth
Hi Gabi, das seh ich ganz genauso!
Liebe Grüße
MagicMike2311
Hier mal zum Thema glutenfrei:
Ich denke, da muss man sehr aufpassen, vor allem, wenn man KEINE Intoleranz hat.
http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=46404
Katrin Schäfer
Hi Michael,
ich hab dazu schon ganz lange einen Beitrag geplant. Das Thema ist nicht einfach, und deswegen hat es jetzt schon so lange gedauert. Aber demnächst sollte es soweit sein.
Viele Grüße
Katrin
LaufNerd
Hab ja schon an anderer Stelle geschrieben, dass ich ein Laufanfänger bin. Hab versucht, auch jeden Tag zu laufen (letzte Woche Montag – Freitag, täglich zwischen 5 und 6 km). Am Ftreitag hat´s mich jedoch wieder mal erwischt: nach ca. 3 km machte die rechte Wade zu und ich hab auf meinen Körper gehört und aufgehört. Am Wochenende dann zur Regeneration dann „nur“ Walking über 10 km (Sa.) bzw. 14 km (So.). Trotzdem machte am Sonntag auf dem letzten Kilometer die rechte Wade wieder zu. Bin zu dem Schluss gekommen, mindestens heute erst mal die Beine hochzulegen und nix zu machen. Wie machst Du/ Ihr es mit der doch notwendigen Regeneration?