Würdest du gerne meditieren, weißt aber nicht, wie du am besten anfangen solltest? Dann geht es dir wie mir vor einigen Jahren.
Ich war damals fasziniert von der Vorstellung, wenigstens für ein paar Minuten am Tag das ständige „Rauschen“ der Außenwelt ausblenden zu können und mich auf das zu Fokussieren, was gerade in meinem Inneren passiert.
Und natürlich fand ich die Versprechungen verlockend, die im Zusammenhang mit dem Thema Meditation immer wieder zu hören und lesen sind: Mehr Gelassenheit, weniger Anspannung, mehr Klarheit und besseres Konzentrationsvermögen … alles Dinge, die mir sicher nützlich sein und mein Leben besser machen würden.
Ich tat also, was man im 21. Jahrhundert tut, wenn man etwas lernen möchte: Ich lud mir eine Meditationsapp auf mein Smartphone, folgte den Anweisungen – und verlor nach ein paar Tagen wieder das Interesse.
Das Buch, das mich (endgültig) zur Meditation brachte
Zurück im Hier und Jetzt: Ich habe heute Morgen zum 76. Mal in Folge meditiert, und inzwischen den Punkt erreicht, an dem ich sagen würde, dass die Meditation zu einem festen Ritual für mich geworden ist.
Was ist also in der Zwischenzeit passiert? Du ahnst es vielleicht schon: Ich habe ein Buch gelesen, das meinen Blick auf die Meditation so grundlegend verändert hat, dass ich mich seitdem regelrecht auf meine tägliche Meditation freue.
In Erwachen – Spiritualität jenseits von Glaube und Religion* geht der amerikanische Philosoph und Neurowissenschaftler Sam Harris spirituellen Erfahrungen auf den Grund, wie sie zum Beispiel durch tiefe Meditation oder den Konsum psychedelischer Substanzen entstehen können – und stellt einen Bezug zu aktuellen (neuro-)wissenschaftlichen Erkenntnissen her.
Abgesehen davon, dass mich Harris‘ wissenschaftlicher Ansatz angesprochen hat, hat das Buch noch für ein ganz anderes Aha-Erlebnis bei mir gesorgt. Mir ist beim Lesen nämlich zum ersten Mal klar geworden, dass die Meditation in erster Linie keine Entspannungstechnik ist, sondern eine Methode, mit der wir tiefere Erkenntnisse über unsere Psyche, unser Bewusstsein und die menschliche Natur erhalten können.
Dieser Perspektivwechsel hat mir einen riesigen Motivationsschub gegeben, weil mich die großen philosophischen Fragen schon immer fasziniert haben und ich mich jetzt nicht mehr auf mein Kissen setzte, um mich zu entspannen, sondern um etwas über mich selbst zu lernen!
Zwei Bücher für den schnellen Einstieg in die Meditationspraxis
Erwachen* von Sam Harris war also das Buch, das mich endgültig zur Meditation gebracht hat. Gerade wenn du – so wie ich – eher skeptisch und rational veranlagt bist, könnte es dir gut gefallen. Zum Einstieg in die Meditationspraxis selbst ist es aber weniger geeignet, da es nur eine kurze Anleitung für die grundlegende Atem-Meditation (Anapanasati) enthält.
Hier möchte ich dir stattdessen zwei andere Bücher ans Herz legen, und zwar Vipassana: Der Weg in ein erwachtes Leben* von Michael Kewley sowie Die Kunst des Lebens: Vipassana-Meditation nach S.N. Goenka* von William Hart.
Vipassana wird meist mit „Einsicht“ übersetzt und meint im Buddhismus vor allem die intuitive Einsicht in die Drei Daseinsmerkmale: Vergänglichkeit (anicca), Leiden (dukkha) und Nicht-Selbst (anatta). Die Vipassana-Meditation ist somit eine Methode, um diese Einsicht zu erlangen.
Mir haben beide Bücher sehr gut gefallen, aber wenn du nur eines lesen möchtest, dann würde ich dir das Buch von Michael Kewley empfehlen, das ohne große Umschweife sehr schnell zur Praxis kommt.
Das Buch von William Hart fasst die bekannten 10-tägigen Meditationskurse nach Satya Narayan Goenka zusammen und enthält viele kürzere Gleichnisse und Anekdoten rund um die Lehre des Buddha, die mir geholfen haben, vieles besser zu verstehen.
Zwei Bücher über die Wurzeln des Buddhismus
Wenn du dich eingehender mit der buddhistischen Meditationspraxis auseinandersetzt und selbst regelmäßig meditierst, dann willst du wahrscheinlich irgendwann auch etwas mehr über den Begründer dieser Tradition und Philosophie erfahren. Und auch hier habe ich gleich zwei Buchempfehlungen für dich.
Nummer eins ist ein Klassiker der Weltliteratur, und zwar Siddharta* von Hermann Hesse. In Form eines Romans erzählt Hesse die Geschichte des jungen Brahmanen Siddharta, der im 6. Jahrhundert v.u.Z. auf eine spirituelle Pilgerreise geht und dabei unter anderem dem historischen Buddha Siddharta Gautama begegnet.
Und die zweite Empfehlung ist Wie Siddharta zum Buddha wurde: Eine Einführung in den Buddhismus* von Thich Nhat Hanh, der in einfacher, aber sehr schöner Sprache die Geschichte des Buddha erzählt und dabei „ganz nebenbei“ die zentralen Lehren des Buddhismus vermittelt.
Die Meditations-Bibel und ein Erfahrungsbericht
Mit diesen fünf Büchern bist du bestens ausgestattet für deinen Einstieg in die Meditation. Wenn du anschließend noch mehr willst, dann habe ich jetzt noch zwei weitere Empfehlungen für dich.
Zum einen das Handbuch Meditation* von Culadasa John Yates, das man auch als die Meditations-Bibel bezeichnen könnte: Mein (englischsprachiges) Exemplar hat knapp 500 recht klein beschriebene Seiten und wiegt stolze 987 Gramm!
Lass dich davon aber bitte nicht abschrecken – dieses Buch hat unzählige Fragen geklärt, die ich mir zu meiner Meditation gestellt habe, und ist für mich wie eine Art Wegweiser geworden, den ich immer wieder zur Hand nehme.
Meine letzte Empfehlung ist Triffst du Buddha, töte ihn!* von Andreas Altmann – ein (wie ich finde) sehr unterhaltsamer Erfahrungsbericht eines Skeptikers, der sich während einer Reise durch Indien plötzlich in einem zehntägigen Meditationskurs nach S.N. Goenka wiederfindet.
Das merkwürdigste Buch, das ich je gelesen habe
Und jetzt möchte ich dir noch von dem merkwürdigsten Buch erzählen, das ich jemals (zu Ende) gelesen habe.
In Die Entdeckung der Kopflosigkeit* berichtet Douglas Harding von einer lebensverändernden Erkenntnis, die ihn während einer Wanderung im Himalaya ereilte: In einem Moment der völligen Klarheit erkannte er, dass er im Gegensatz zu allen anderen Menschen um ihn herum offensichtlich kopflos war. Wo bei den anderen Menschen der Kopf saß, nahm er bei sich eine „kopflose Leere“ wahr, die alles Existierende beinhaltete. Auf der Suche nach einer Erklärung für seine Erfahrung wird er schließlich beim Zen-Buddhismus fündig.
Wahrscheinlich kannst du dir denken, warum ich nicht so weit gehen will, dir dieses Buch zu empfehlen – es ist einfach zu schräg, und es ist sehr gut möglich, dass du es nach den ersten paar Seiten entnervt in den nächsten offenen Bücherschrank stellst.
Ich habe es jedenfalls – sagen wir mit „Interesse“ – gelesen, auch wenn ich die meiste Zeit nicht wirklich eine Ahnung hatte, wovon Harding spricht. In ein paar Jahren werde ich es noch einmal hervorholen … vielleicht verstehe ich dann ein bisschen mehr 🙂
PS: Ich hoffe dass dich die ein oder andere meiner Buchempfehlungen anspricht, und würde mich sehr freuen, wenn dir mein Beitrag Lust aufs Meditieren gemacht hat. Wie immer freue ich mich, wenn du deine eigenen Erfahrungen oder Buchtipps in den Kommentaren mit mir und den anderen Leser:innen teilst!
Klaus
Hallo Daniel!
Würdest du eher die deutsche oder die englische Version von Sam Harris‘ Buch empfehlen? Ich habe in einigen Kommentaren gelesen, dass die deutsche Version eher „hölzern“ übersetzt wurde.
LG
Daniel Roth
Hallo Klaus, ich habe das Buch in der englischen Originalfassung gelesen und kann zur deutschen Übersetzung nichts sagen. Wenn Englisch für dich kein Problem ist würde ich dir auf jeden Fall zum Original raten.
Klaus
Danke, habs so geordert 😉
Manfred Sirch
Hallo Daniel,
der Buddhismus ist sehr kompetent, wenn es um Meditation geht.
Aber auch andere Traditionen, z.B. aus dem Yoga haben etwas zu bieten:
Meine Buchempfehlungen:
Meditation für Skeptiker von Ulrich Ott
und
Mantra Meditation
Ein 8-Wochen-Kurs von dem Yoga Vidya Gründer Sukadev Bretz
und last but not least:
Zen and the Art of Running by Larry Shapiro, PhD
Liebe Grüße
Manfred
Daniel Roth
Danke für die Tipps in diesem und deinem anderen Kommentar Manfred – das schaue ich mir auf jeden Fall einmal an 🙂
Oliver
Ein wichtiger Hinweis zum Handbuch Meditation: die deutsche Übersetzung hat leider nicht die vielen hilfreichen Abbildungen des englischsprachigen Originals ‚the mind illuminated‘. Falls Englisch kein Problem darstellt, würde ich daher das Original empfehlen.
Wenn es um die Origin Story und buddhistische Kernthemen geht, würde ich noch What the Buddha Taught von Walpola Rahula empfehlen.
Daniel Roth
Hallo Oliver, danke für den Hinweis! Ich würde auch immer empfehlen, wenn es keine Sprachbarriere gibt, die Originalausgabe zu lesen. Dass die Illustrationen in der Übersetzung fehlen ist wirklich sehr bedauerlich, die sind nämlich nicht nur anschaulich, sondern lockern auch die Textwüste etwas auf 🙂 Ich werde in Kürze noch die Links zu den jeweiligen Originalausgaben zum Beitrag hinzufügen.
Gabriele Voelkel
Hallo Daniel
danke für die Infos. . Ich denke es wäre aber auch gut, mal einen solchen 10 -Tages-Vipassana-Kurs z.B. nach Goenka in Triebel- das ist in der Nähe von Hof/Bayern-zu besuchen. Da erhält man auch noch ein paar praktische Tipps.
Ein Buch könnte ich auch noch empfehlen von Bhante Sujiva(das ist ein Mönch aus der Theravada Tradition) : “ Baum der Weisheit . Fluss ohne Wiederkehr. Praxis und Entwicklung der Einsichtmeditation.“
Aber davon abgesehen besteht die Lehre des Buddha nicht nur aus Vipassana Meditation sondern aus vielen anderen Faktoren, wie Sila(Tugend) Samadhi ( Vertiefung) Panna( Weisheit)
Daniel Roth
Hallo Gabi, ich liebäugele schon länger mit dem Gedanken, diesen Kurs zu besuchen … ich hab aber noch keine Lösung dafür gefunden, dass ich Katrin dann 10 Tage lang mit den technischen Aspekten unseres Blogs und Podcasts alleine lassen müsste. Schon der Gedanke, es könnte in dieser Zeit ein technisches Problem geben, mit dem Katrin sich dann irgendwie auseinandersetzen müsste, stresst mich total 😉
Danke auch für deinen Buchtipp, das schau ich mir mal an! Und ich weiß natürlich, dass die Meditation nur ein Teil des buddhistischen Weges ist (Stichwort edler achtfacher Pfad). Aber ich wollte in diesem Beitrag in erster Linie zeigen, wie ich einen Zugang zur Meditation erhalten habe – und ich denke, dass sich aus der Meditationspraxis dann für viele ganz automatisch auch ein Interesse an den anderen Aspekten der buddhistischen Lehre entwickeln kann.
Gabriele Voelkel
Hallo Daniel
ja das kann ich verstehen. Ich hatte es auch eher allgemein so geschrieben. Aber wie macht Ihr das eigentlich, wenn Ihr in Urlaub seid, seid Ihr da auch immer online. Es gibt auch eine Art Vipassana Kurs von Matthias Dhammavaro Jordan in Hünfeld im Kloster, der ist für Einsteiger und dauert nur von Freitag bis Sonntag. der nächste wäre vom 3.-5.8.2023
https://www.achtsamkeits-training.com/
Manfred Sirch
Hallo Daniel,
falls es bei dir doch irgendwann einmal klappen sollte mit einer 15-tägigen Auszeit für einen Vipassana Grundkurs, dann würde ich die Tradition nach Ajahn Tong empfehlen. Es gibt in Deutschland nur ein Zentrum in Bayern und eins in Brandenburg:
https://www.vipassana-dhammanikhom.de/deutsch/kontakt/
https://vipassana-dhammacari.com/meditationszentrum/
Wir kennen die Vipassana Lehrerinnen schon seit 15 Jahren und können sie nur empfehlen.